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Kapitel 16 Balzen



Die Gemü tlichkeit desWohnraumes wurde von einem riesigen schwarzen, ausgestopften Vogel mit erho­benen Schwingen und aufgerissenem Schnabel bedroht. Bastian musste immer wieder zu ihm hinschauen. Er faszinierte ihn so sehr wie etwa die Warze auf der Nase eines Gegenü bers in der Trambahn.

" Das ist ein Auerhahn? " " Ja. " Herr Freude entkorkte eine Flasche Franken­wein. Er hatte es offenbar eilig, mit seinem Gast zum Trinken zu kommen.

Bastian las auf dem Etikett " 1959er Thü ngersheimer Neuberg Mü ller Thurgau aus Veitshö chsheim". Das war viel Name und Anschrift fü r einen Wein und vor allem fü r einen Konsumenten wie Bastian, der seinen Weinver­stand an billigen Sonderangeboten geschult hatte.

Leider waren die Glä ser ziemlich klein.

" Ja, das ist ein Auerhahn. "

Bastian und der Vogel wechselten einen Blick.

" Der balzt, nicht wahr? "

Freude nickte.

" Und so haben Sie ihn geschossen? "

" Ja. In der Steiermark. "

" Schö ner Tod", sagte Bastian neidisch.

" Sie sind kein Jä ger? "

" Nein. Als Kind hab' ich mal Wü hlmä use erlegt, danach nichts mehr. "

Er zeigte auf den Hahn. " Wie jagt man denn so ein Vö gelchen? "

Das hä tte er lieber nicht fragen sollen, denn nun stand Herr Freude auf, zog seine Jacke aus, hä ngte sie ü ber die Stuhllehne und ging in Positur.

" Jetzt passen Sie mal auf, Herr Guthmann! "

Die Frauen waren in der Kü che. Frau Freude wusch ab, und Kathinka trocknete ab.

Wegen Bastians spä ter Anreise hatten sie erst zu Abend ihren Sonntagsbraten gegessen: Bambi aus der Tiefkü hltruhe.

" Deinem Freund hat es aber geschmeckt. Ein netter Mensch. Wirklich. So natü rlich. " Wenn Frau Freude beim Lä cheln viel Zahn sehen ließ, wusste ihre Tochter, was sie von diesem Lä cheln nicht zu halten hatte. " Er sagt, was er denkt. Wie alt ist er eigentlich? "

" Siebenundzwanzig. "

" Siebenundzwanzig! Vier Jahre jü nger als du! Stö rt dich das nicht? "

" Zumindest stö rt es Bastian nicht", sagte Katharina und hob die abgetrockneten Teller in den Kü chenschrank.

" Bestimmt hat er einen wertvollen Charakter. " Frau Freude zog den Stö psel aus dem Abwaschbecken. " Bloß ob das ausreicht? "

" Ausreicht? Wofü r? "

" Na ja − ich meine... " Sie war verlegen. " Fü r eine Ehe ist doch noch was Anderes entscheidend. "

" Zum Beispiel? "

" Beruf. Einkommen. Sicherheit. Hat er wenigstens Vermö gen? "

Kathinka lachte. " Bastian? Eine Kiste voll Bü cher hat er. "

" Das ist natü rlich nicht viel. "

" Nein. Viel ist das nicht. Aber vielleicht kauft er noch ein paar dazu. "

Sie rä umte die Bestecke ein. Frau Freude wischte den Spü ltisch.

" Und sein Bruder? Du kennst ihn doch, nicht wahr? "

" Ja. "

" Und? "

" Was und? " Dabei wusste Kathinka genau, worauf dieses Gesprä ch hinauslaufen sollte.

" Ist er sympathisch? "

" O ja! "

" Und er? " Vorsichtiges Anfragen. " Interessiert er sich fü r dich? "

" Er ist ganz verrü ckt nach mir. "

Frau Freude warf den Lappen hinter sich ins Becken und jubelte: " Na, das ist doch fabelhaft! Uns hat er ja auch so gut gefallen. Frag deinen Vater. Wir hatten gehofft, er war's, den du heute abholst. "

" Und nun hab' ich euch enttä uscht. "

" Das will ich nicht sagen. Ich meine nur — im Grunde passt er viel besser zu dir und zu unserem Ganzen hier —" Sie erfasste ihre Umgebung mit einer Geste.

" Ja, das findet Bastian auch", sagte Katharina.

" Was? "

" Dass sein Bruder im Grunde viel besser zu mir passen wü rde als er. " Sie stellte die " guten" Glä ser, die ihren stä ndigen Wohnsitz nicht im Kü chen-, sondern im Bauernschrank im groß en Zimmer hatten, auf ein Tablett. " Aber ich kann ja nicht beide lieben. " Und nahm das Tablett auf, um ins Zimmer zu gehen, als ihre Mutter besorgt fragte: " Kathi? "

" Ja? "

" Ist es was Ernstes? "

Kathinka ü berlegte einen Augenblick. " Mit Bastian? " Sie lä chelte. " Sehr ernst nicht, aber wunderschö n. "

Sie trug das Tablett ü ber die knarrenden, goldbraun gebohnerten Flurdielen, auf denen Fleckerlteppiche zum Stolpern einluden, bis zum Wohnraum, drü ckte mit der Schulter die Tü r auf und blieb entgeistert stehen.

Sie dachte, es ä fft sie ein Spuk.

*Die beiden Mä nner bemerkten sie nicht. Bastian, sein Glas in der Hand, schaute hingerissen und so, als ob er es nicht fassen kö nnte, zu, wie Dr. Freude ihm die Auerhahnjagd erklä rte.

Gerade in diesem Augenblick war er der Hahn per­sö nlich.

" Ein imponierender Auerhahn, der in Hemdsä rmeln, prü fend nach links und rechts ä ugend, mit kleinen, schnellen Schritten durch den Raum trippelte. Dabei stieß er ein hohles " klock — klock — klock — klock! " aus. Erklä rendes Flü stern in Bastians Richtung: " Jetzt keine

Bewegung. Kein Gerä usch, sonst wird der Hahn miss­trauisch und verschweigt. "

Bastian, der gerade aufstehen und sein Glas fü llen wollte, verharrte bewegungslos und total verkrampft auf halber Hö he.

Nun machte Herr Freude einen langen Hals, flatterte mit den Armen, schloss die Augen und stieß ein zischen­des " Tschü ü ihhhhhschü ieh" aus. Leise zu Bastian: " Jetzt dü rfen Sie sich bewegen. Springen Sie ihn an! Schnell! "

" Wen? " Bastian hielt die Spannung kaum noch aus.

" Den Hahn. Er hö rt nichts, wenn er schleift. "

Bastian entschloss sich, die fast geleerte Weinflasche anzuspringen, goss ihren Rest mit solcher Hast in sein Glas, dass es ü berschwappte, da — Harregott! — ließ ihn ein heftiges " Pschscht! " erstarren.

" Nicht bewegen! "

Und alles fing " klock — klockklock — klock" von vorne an.

Bastian stand, mit Glas und Flasche, auf einem Bein vornü bergeneigt wie ein Eislä ufer, bemü ht, die Balance zu halten, und dachte verzweifelt: " Junge junge. Ist das ein Scheiß spiel. "

Katharina winkte ihre Mutter heran. " Hast du Papa schon mal balzen sehen? "

Frau Freude dachte nach. " Ja. Aber das ist lange her. Das war in unserer Brautzeit. "

" Komm mal mit. " Katharina fü hrte sie auf Zehenspitzen an die halb geö ffnete Wohnzimmertü r.

Frau Freude, die alles sehr ernst nahm, war ü ber das, was sich ihr bot, entsetzt.

Im Vordergrund der verrenkt schwankende junge Mann aus Mü nchen und mitten im Zimmer flatterte ihr Gatte zu seltsamen Lauten.

" Dietmar! " schrie sie auf. " Dietmar, was. machst du

denn? "

Die Jagd war aus.

Bastian lockerte seine Glieder und trank.

Herr Freude zog seine Jacke wieder an und wusste nicht, ob er verlegen sein sollte.

" Ich fü hre Herrn Guthmann gerade in die Grü nde Auerhahnjagd ein. "

" Ja aber — interessiert ihn denn das ü berhaupt? "

Herr Freude hob die Flasche gegen das Licht und stellte fest, dass sie leer war. Er ging zur Tü r, um eine neue zu holen.

" Er hat es jedenfalls gesagt. "

" Jawohl, hab' ich", bestä tigte Bastian. " Ich hab's mir nur nicht so umstä ndlich vorgestellt. " *



  

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