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Kapitel 10. Der Berg ruft (Teil 2)



Kapitel 10

Der Berg ruft (Teil 2)

Da, wo der Wald aufhö rte, saß Katharina auf einer steilen Alm zwischen kleinen Felsen und kurzhalsigen Blü mchen. Der Wind wehte ihr Haarbü schel ins Gesicht. Sie schaute so zufrieden um sich, als ob sie das, was sie sah, alles selbst gemalt hä tte.

" Na? "

Bastian warf sich neben sie auf den Abhang und keuchte.

" Jetzt haben wir schon die obere Baumgrenze er­reicht", sagte Katharina.

Die Bä ume haben's gut, dachte er, die haben wenigs­tens eine Grenze und mü ssen nicht noch hö her.

" Wollen wir eine Pause machen? "

" Ja. " Er lag flach da, mit ausgebreiteten Armen, im Blick nichts als Wolken und schwarze, kreisende Vö gel.

Das wä ren Dohlen, sagte Katharina.

Auch so was wusste sie.

Und packte den Rucksack aus. Thermoskanne mit heiß em, sü ß em Tee. Schinkenbrote mit Schleppe. Harte Eier — also immer noch kein Ausflug ohne harte Eier.

Bastian zog den Salznapf aus der Hosentasche. Das war sein Beitrag zu diesem Picknick.

Dann saß en sie nebeneinander und kauten und guckten das Panorama an. Die hö chsten Zacken alpiner Laubsä gearbeit lagen in den Wolken.

" Nun sagen Sie schon was. "

Bastian sagte: " So steil hab1 ich noch nie gefrü h­stü ckt. "

" Eher wü rden Sie sich die Zunge abbeiß en, als dass Sie zugä ben, dass es wunderschö n hier oben ist. "

" Es ist wunderschö n, aber ist es noch weit bis zum

Gipfel? "

" Hö chstens eine halbe Stunde. "

" Gibt's da oben was anderes als Blick? "

" Eine Hü tte. "

" Mit Bier? "

" Ich denke schon. "

Bastian trank einen Schluck Tee und stellte sich vor: " Eine nicht zu steile, einsame Hü tte mit Bier, wir beide ganz allein — und in der Ferne jodelt einer. "

An sich wä re er gern noch liegen geblieben. Er musste nicht auf einen Gipfel. Zumindest trieb ihn kein Ehrgeiz dazu, hö chstens der Gedanke an ein kü hles Bier.

Die letzten hundert Meter waren gerö llig, sehr steil — vor allem der Blick in den Abgrund —, nichts Vertrauens­erweckendes, woran man sich festhalten konnte, wenn man so schwindlig war wie Bastian Guthmann, das Kind aus der Ebene.

Kam denn nicht endlich die Hü tte mit dem ver­sprochenen Bier?

Katharina bemerkte sein Dilemma und nahm ihn an die Hand. Und das fand er nun wieder ganz schö n.

" Gleich sind wir das", versprach sie, wä hrend sie ihn um einen Felsvorsprung herumfü hrte.

Bastian glaubte zu trä umen, als er danach sah, was er sah. Vor ihnen breitete sich ein weich geschwungenes Plateau aus, schö n grü n und saftig, und darin die Hü tte.

Die Hü tte war ein Bau mit mehreren Sonnenterrassen Und lä rmendem Ausflugsbetrieb auf diesen Terrassen. Kin­der kreischten, Hü ndchen tollten, und die Bedienung muss­te so viele Bierkrü ge stemmen wie auf dem Oktoberfest. Und das bereits um neun Uhr dreiß ig. Bastian war erschü ttert. „Wo kommen denn die vielen Menschen her? Sind die etwa alle zu Fuß? Die Kinder auch? "

" Nein", sagte Katharina, " mit der Seilbahn. "

" Man kann also ganz einfach und ohne Strapazen mit der Seilbahn hier herauf? "

" Ja. Aber das ist doch langweilig. "

Er sah sie an und konnte plö tzlich nicht mehr ihre Unschuldsmiene ertragen. Ihre fabelhafte Sportlichkeit. Ihren sanften Zynismus.

" Sie haben mir eine einsame Hü tte versprochen", schrie er. " Eine einsame! Das hier ist ein Rummelplatz. Sie haben mich so richtig hochnehmen wollen. " Er demonstrierte mit den Armen, wie hoch. " Aber auch meine Dä mlichkeit hat Grenzen, Frä ulein Freude, kom­men Sie! "

Er packte ihr Handgelenk und stü rmte, mehr rutschend als laufend, Steinlawinchen auslö send, ohne Rü cksicht auf seine Schwindligkeit, denselben Weg zurü ck, den siegekommen waren.

Katharina stolperte hinter ihm her. " Was ist denn? Was ist denn los? Ich denke, Sie wollten ein Bier? "

" Ein einsames Bier", wü tete er. " Mit einem einsamen Jodler. "

" Lassen Sie mich los! Ich kann nicht so schnell! "

Er gab ihr Handgelenk frei und fü hlte sich im selben Augenblick seines Halts beraubt. Obgleich er es gewesen war, der sie hinter sich hergezogen hatte.

Aber schwindligen Leuten ist es ja gar nicht so sehr um einen Halt zu tun als um die Illusion eines Halts. Den Blick in die Tiefe vermeidend, meisterte er ein besonders steiles Stü ck auf dem Hosenboden.

Nach Katharina Freude sah er sich nicht um.

Er war fertig mit ihr. Er hatte es satt, stä ndig ihre Ü berlegenheit spü ren zu dü rfen. Sie nahm ihn nicht ernst. Sie hielt ihn wie einen jungen Hund. Sie wollte ihn nicht, ' er lief ihr nach. Seine unbeirrbare Anhä nglichkeit rü hrte sie schließ lich. Na komm schon, rief sie ihm zu. Er durfte ihr folgen. Wohin durfte er ihr folgen? Auf einen Berg...

Was hatte er sich eigentlich dabei gedacht, als er sich in sie verliebte? Hatte er ü berhaupt etwas gedacht? Auf alle Fä lle nicht darü ber nachgedacht, was das Leben mit {Katharina bedeutete.

Achtzig Prozent ihres Daseins verbrachte sie im Krankenhaus, zehn bis fü nfzehn Prozent damit, sich vom harten Dienst im Krankenhaus auszuschlafen, der kü m­merliche Rest war Privatleben.

Das entsprach alles so gar nicht seinen Vorstellun­gen von einer jungen Liebe.

Er wollte ein Mä dchen nicht nur zweimal in der Woche sehen, er wollte mö glichst viel mit ihr zusammen sein. Schlafen, reden, blö deln, Zeit haben, in der Sonne liegen, segeln gehen, und wenn sie nicht da war, etliche Male am Tag mit ihr telefonieren...

Bastian rannte den Berg hinunter, sehr leicht, sehr froh, wie einer, der noch mal davongekommen ist.

Einmal blieb er stehen und sah sich um.

Sah niemand. Keine Katharina weit und breit.

Er rief ihren Namen und hö rte als Antwort nur das Rauschen der Bä ume und einen Vogel in groß er Erregung.

Entweder war sie umgekehrt und zum Lift zurü ckge­gangen, oder sie lag irgendwo mit etwas Verknaxtem.

Auf alle Fä lle war es seine Pflicht, nach ihr zu suchen. Das bedeutete, dass er ein noch ungewisses Stü ck Berg wieder hinaufsteigen musste, und das gefiel ihm gar nicht.

Er fand sie nach einer steilen Viertelstunde in einer Mulde hockend, die Beine von sich gestreckt.

Sie lä chelte sanft. " Die neuen Stiefel, vor allem der rechte... "

Bastian kniete vor Katharina nieder und schnü rte ihren rechten Stiefel auf.

" Vorsicht — bitte —"

Er zog'lhn vorsichtig aus. Auch den Strumpf. Er behielt ihren Fuß in der Hand, den sie nun gemeinsam betrachteten. Einen schmalen, kleinen Fuß mit rosa lackierten Zehen und mindestens fü nf groß en Blasen. Am Hacken blutete er.

Bastian fragte, ob er mal pusten solle.

" Ja, bitte", sagte Katharina.

Bastian pustete rundherum. " Besser? "

" Nicht sehr. "

" Das war' alles nicht passiert, - wenn wir die Seilbahn genommen hä tten. "

" Seilbahn war' schö n! "

" Haben Sie Heftpflaster mit? "

" Ja. "

" Im Rucksack? "

" Im Auto. "

" Das ist gut. " Er ü berlegte.

" Haben Sie wenigstens Alkohol da? "

" Ja. "

" Im Auto? "

" Auf Ihrem Rü cken. "

Bastian fand Marillenschnaps im Rucksack. So was Schö nes hatte er nun stundenlang mit sich herumge­schleppt, ohne von seiner Existenz zu ahnen.

Er hielt Katharina die Flasche hin. Sie hatte keinen schlechten Zug. Dann trank er selbst.

" Und das soll gut sein gegen Blasen? "

" Moment —" Nicht ohne Bedauern goss er vom Schnaps in ihren Wanderstiefel und schaukelte die Flü s­sigkeit darin herum, bis sie das ganze Innenleder ange­feuchtet hatte. Dann begann er den Schuh zu beulen und zu kneten. Katharina sah ihm dabei zu.

Das Kleinlaute stand ihr. Sie war lieb, sanft, gefü gig-Bastian durfte endlich mal Kerl sein. Er zeigte, was er konnte. Er machte den Stiefel ziemlich fertig.

" Mein Groß vater pinkelte frü her in seine neuen Schuhe, wenn sie drü ckten. Alkohol mü sste dieselbe Wirkung haben — ich hoffe wenigstens, dass er das Leder geschmeidiger macht. "

. Katharina schaute Bastian an. Seinen mä nnlichen Eifer. Seine Zunge half mit. Er musste immer wieder Haarsträ hnen aus seinem Gesicht schü tteln. Sein gebeugter, langer, eckiger Rü cken in einem verwaschenen Jeanshemd, das wie bei kleinen Jungen aus der  Hose gerutscht war und ein Stü ck nackte Haut freigab.

" Bastian", sagte sie.

Die unverhoffte Zä rtlichkeit in ihrer Stimme machte ihn verlegen. Es war ein rü hrender Irrtum gewesen, zu glauben, er hä tte Katharina Freude ü berstanden.

Er hielt ihr den Stiefel hin und grinste: " Jetzt ist Ihr Schuh besoffen. "

Katharina stellte den Schuh neben sich.

" Komm mal her", sagte sie und nahm seinen Kopf zwischen ihre Hä nde und gab ihm einen Kuss.

Bastian hielt mit geschlossenen Augen still und wartete, dass noch mehr kommen wü rde, aber es kam nichts. Da machte er die Augen wieder auf und nahm Katharina in die Arme.

Der Rucksack stö rte, Gestrü pp ritzte ihn, wä hrend er sich mit ihr zurü cklehnte.

Er sah ein verregnetes Bonbonpapier auf dem Waldboden, darauf  stand Maoam-----

Katharina sah zwischen hohen, schwankenden Tannenspitzen eine dunkle Regenwolke aufziehen und legte die Arme um Bastians Nacken-----

Und beider Atem duftete nach Marillenschnaps.

*Der Schnaps hatte ü berhaupt keine Wirkung auf den Stiefel gehabt, er blieb so unnachgiebig wie er zuvor gewe­sen war. Somit kam Katharina auf Socken zu Tal und auf Bastian gestü tzt — was beim Abstieg fü r beide recht umstä ndlich war, aber schö n.

Es war ein einziges Gestolpere, mit einer Stimmung dabei, so leicht wie das Elfengehü pfe auf Jugendstilbildern.

Katharina gefiel es in Bastians Arm.

Bevor sie ins Auto stiegen, schaute er noch einmal  am  Berg hoch.

" Da oben war ich. Da war ich richtig oben. Th —, Staubt mir in Mü nchen kein Aas. "

In einem Wirtsgarten in der Jachenau fanden sie

schattigen Tisch, an dem noch niemand saj3. , Bastian stü rzte sich in ein Bier. Ein zischendes, kü h-es Labsal — da, trink mal, Kathinka...

Dann las er ihr die Speisekarte vor wie ein Gedicht.

" Rostbraten, Wiener Art — mit gemischtem Salat. "

" Wiener Art", wiederholte sie versonnen.

" Mö chtest du? "

" Nein. Aber sag mir noch was Liebes. "

" Rahmgulasch. "

Wollte sie auch nicht.

" Kaiserschmarrn. "

Das war's.

Bastian legte die Karte fort und holte sich ihre Hand ü ber den Tisch und kü sste jede Fingerkuppe einzeln.

Katharina sah ihm dabei zu.

Es war vor allem Zä rtlichkeit, was sie fü r ihn emp­fand. Ein bisschen war er auch der Bruder, den sie sich immer gewü nscht hatte, aber nur ein bisschen.

Sie wollte ihn haben und behalten, solange es eben ging. Sehr lange wü rde es bestimmt nicht gehen, dazu waren sie zu verschieden.

Der Gedanke an ein absehbares Ende gleich zu Anfang einer Liebe ist derselben sehr zuträ glich. Er lä sst die Liebe bewusster genieß en. Intensiviert die Gefü hle...

Vielleicht lag Katharinas gehaltvolles Nachdenken mit entfernt aufklingenden Schicksalsmotiven am Maril­lenschnaps, vor dem sie bergab immer wieder einen Schluck getrunken hatten.

Es gab aber auch eine ganze einfache Erklä rung dafü r: die Angst, ein plö tzliches, ungewohntes Glü ck wieder zu verlieren.

Und dann musste sie an Susi Schulz denken.

Katharina sagte: " Ich denke gerade an Susi Schulz. "

Bastian gab darauf ernü chtert ihre Hand frei und suchte nach seinen Zigaretten. Ihm fiel ein, dass er heute Abend nach Haus kommen wü rde wie zu Weib und Kind.

" Ja, das ist ein Problem", sagte er. " Sie denkt manch­mal wie ein Kind. Vö llig naiv und emotionell. Sie wü nscht sich im Augenblick einen Vater fü r Kathrinchen. Sie hat zufä llig mich wiedergetroffen. Sie mag mich. Schon sieht sie Kathrinchens Vater in mir und findet es ganz selbst­verstä ndlich, bei mir zu wohnen. "

" Wenn sie's noch lange tut... " *

"... hat sie mich paralysiert", gestand er, ehrlich besorgt. " Ich bin ihrer Unlogik einfach nicht gewachsen. Ich kann ihr nicht mit Realitä ten kommen. Ich kann mir den Mund fusslig reden - - sie hö rt nur das, was sie mö chte. Und wenn ich dann grob werde, kriegt sie diesen Rehblick. Schon hab' ich Angst, sie tut sich was an. "

" Weiß sie, dass du mit mir heute unterwegs bist? "

" Nein. "

" Und warum nicht? "

" Sie liegt wie ein Klotz auf meinem Gewissen", vertei­digt er sich.

" Nur auf deinem Gewissen? " fragte Katharina.

" Ja doch. Wo denn sonst? — Und in meinem Bett", fiel ihm noch ein.

" Und wo liegst du? "

" Auf einer Gartenliege in der Rumpelkammer. Zwei­mal bin ich mit dem Ding schon zusammengebrochen. " Er sah sie an. " Kathinka, hilf mir! "

Sie nahm eine Zigarette aus seinem auf dem Tisch liegenden zerknautschten Pä ckchen.

" Zuerst einmal machst du einen groß en Fehler. Du lä sst sie in dem Glauben, es gä be keine andere Frau in deinem Leben. Damit bestä rkst du sie in ihrem Vorhaben, sich bei dir einzunisten. "

" Was soll ich denn machen? Sie heult ja gleich los. "

Die Kellnerin kam an ihren Tisch und fragte, ob sie schon gewä hlt hä tten.

" Schmarrn", sagte Bastian unwirsch.

'Kaiserschmarrn", erlä utete Katharina freundlich. " Zweimal. "

" Keine Suppe? "

Bastian hö rte nicht.

" Ob du eine Suppe mö chtest", fragte Katharina sanft.

" Leberknö del-, Gulasch-, Frittatensuppe, Hü hner­bouillon", zä hlte die Kellnerin auf.

" So geht's nicht weiter", sagte er vor sich hin. 'Wir mü ssen eine Lö sung finden. Eine, die keinem wehtut. "

" Leberknö delsuppe", sagte Katharina zur Bedienung, die bei allem Betrieb, der sonntags anfiel, diese heitere, vollbusige, oberbayrische Geduld bewahrte.

" Weiß t du eine Lö sung? " fragte Bastian, als sie gegan­gen war.

" Zu meinen Eltern wollte sie nicht. Bleibt deine Groß mutter. Sie hat sich doch sehr um die beiden bemü ht. "

" Sie ist aber verreist", sagte Bastian. " Zu Verwandten. "

" Und was macht sie da? "

" Schickt Ansichtskarten, wo draufsteht, mit wem sie schon alles verzankt ist. "

" Hat sie eine Wohnung? "

" Drei Zimmer. Altbau. Alles unverä ndert seit Groß vaters Tod. Damit er sich zurechtfindet, wenn er nachts spuken kommt. " Bastian fasste sich plö tzlich an die Ohren.

" Kathinka! Dass ich da noch nicht draufgekommen bin! Du bist ein Engel, Kathinka —" und sprang auf.

" Wo willst du hin? "

" Telegrafieren. . Ob's Groß mutter recht ist, wenn ich Susi und Kathrinchen bei ihr unterbringe. Den Schlü ssel zu ihrer Wohnung hab' ich ja... "

Um ein Haar hä tte er die schwer tragende Bedienung umgerannt. Katharina sah ihm nach und lachte.

Und rä kelte sich zufrieden — bemerkte beim Rakeln zufä llig ihre rot bestrumpften Fü ß e. Hatte noch immer nicht die Blasen an ihnen verarztet.

In genau drei Stunden und siebenundzwanzig Minu­ten musste sie ihren Dienst im Krankenhaus antreten. Sie hatte es Bastian noch nicht gesagt. Sie selbst hatte es ganz vergessen gehabt. Warum bloß heute!?

Warum konnte sie nicht anrufen und sagen, sie hä tte im Ganzen neun Blasen und einen durchgescheuerten Hacken und kö nne nicht auftreten, leider... Warum hatte sie keinen Beruf, in dem man mal schwä nzen konnte, wenn einem danach zu Mute war!?

Katharina hatte Dienst. Nach Hause mochte er nicht-Also wä lzte Bastian auf offener Straß e sein Notizbuch nach einem Menschen, den er am Sonntagnachmittag heimsuchen konnte.

Er wechselte eine Mark in Groschen um und trat mit fü nf Adressen in eine Telefonzelle. Er konnte dieselben  Groschen immer wieder benü tzen, weil sich von fü nf Angerufenen keiner meldete.

Wer war schon am Sonntag in Mü nchen?

Als Bastian sein Vorhaben aufgeben wollte, sah er durch das verschmierte Glas der Telefonzelle seinen Kom­militonen Kaspar Hauswurz mit einem Siphon aus einer Wirtschaft kommen.

Kaspar war ein Netter. Ein ganz Ruhiger. Einer mit Nerven wie ein Widerkä uer. Die brauchte er auch, wenn er mit dem Namen Hauswurz Lehrer werden wollte. Auf der PH hatten sie ihn Kaspar Hauser-Wurz genannt. Er war groß, dü nn, dunkel, unscheinbar und kurzsichtig.

Wenn man ihn nicht sehr gut kannte, erkannte man ihn nicht wieder. Aber er erinnerte jeden dritten Beschauer an jemand anderen, den er kannte.

Bastian lief auf ihn zu. Kaspar ahnte nicht, was er sich mit ihm auflud, als er sagte: " Komm doch aufn Sprung mit hinauf. "

Er wohnte mit einem Chemiestudenten, einer Grafikerin und einem Maler in einer Altbauwohnung nahe dem Hauptbahnhof. Frü her war sie ein Etagenpuff gewe­sen, der wegen Ü beralterung der weiblichen Angestellten geschlossen werden musste. Eine dunkelrote Tapete und nikotinbraune Wolkenstores erinnerten in Kaspars Erkerzimmer noch immer an damals, sonst nichts. Er besaß ein mageres Bett, einen Tisch, einen Schreibtisch, fü nf verschiedene Stü hle, ein Vertiko und ein Klavier. Und viele Bü cher, die sich an der Zimmerwand hochstapelten.

Bastian war zum ersten Mal bei Kaspar. Er bekam ein Glas Siphon mit Himbeersirup vorgesetzt. " Sie ist Ä rztin, weiß t du", begann er. " Im Krankenhaus. Sie hat jetzt Nachtdienst. Heut' frü h war ich mit ihr aufm Berg. "

Kaspar war ein guter Zuhö rer. Der beste, den man sich wü nschen konnte.

Aber nach einer Dreiviertelstunde ging ihm das Thema Katharina — Krankenhaus — Liebe merkbar auf die Geduld. Er begann, auf seinem Stuhl herumzurutschen. Bastian war so langatmig. Er wiederholte sich stä ndig. Und es war gar nicht spannend, was er erzä hlte. Er wollte auch nicht auf ein anderes Thema ü bergehen. Er hatte nur Katharina im Sinn und Katharina und Katharina.

" Kann ich sie mal anrufen? "

Kaspar ging inzwischen aus dem Zimmer und traf den Chemiestudenten im Gang, der mit seiner Freundin vom Baden kam.

" Bei mir hockt einer, der Guthmann Bastian. Er liebt einen steilen Berg mit roten Strü mpfen und Blasen auf der Frauenstation von dem Krankenhaus, wo seine Oma einen Vorfall hatte. Er telefoniert gerade. Habt ihr was gegen Zahnschmerzen? "

Bastian ö ffnete die Zimmertü r und sagte: " Sie ist auf Station, ich krieg' sie nicht. "

Er wollte zwei Zehnerl neben das Telefon legen, aber Kaspar sagte: " Ach, lass doch. "

Als Bastian zum vierten Mal das Krankenhaus anrief, holte Kaspar von sich aus eine Untertasse aus der Gemeinschaftskü che und stellte sie neben das Telefon.. Bastian legte ein Markstü ck darauf und drehte noch ein­mal die Nummer vom Krankenhaus.

Diesmal erwischte er Katharina. Sie hatte es eilig.

Ihm fiel nichts ein, was er sagen sollte, auß er: " Ach. Mensch, du — warum bist du da? Warum bist du nicht hier? — Ich? Ich bin bei einem Freund — Kathinka — war schö n heut'. "

" Ja, war schö n —" kam ihre Stimme zurü ck.   

" Nur viel zu kurz. "

" Ja, Bastian, viel zu kurz... "

'Weiß t du, sie ist wundervoll", sagte er, nachdem er eingehä ngt hatte, und saß mit einem Gesicht da wie aufgegangen.

" Ja", sagte Kaspar.

" Sie ist klein — bis hier geht sie mir bloß. Aber das ist einerseits das Schö ne, und andererseits merkst du es gar nicht. Das macht ihre Persö nlichkeit... Du musst sie« mal mit ihren Patienten erleben... Nicht diese blö de Jovialitä t, die Ä rzte manchmal mit Kranken haben. Sie nicht. Sie ist so ruhig und menschlich, einfach... "

„Wundervoll", gä hnte Kaspar.

Es war inzwischen halb zehn.

" Ja", nickte Bastian und griff zum Telefonhö rer.

" Ich ruf sie noch mal an. Ich muss sie fragen, was ihre Blasen machen. Sie war so tapfer... "

Kaspar bot ihm keinen Saft mehr an, er hatte auch schon den Aschenbecher fortgerä umt.

Bastian sagte hö flichkeitshalber: 'Tja, dann werde ich mal gehen... "

Kaspar stand sofort auf, damit er es sich nicht noch anders ü berlegte.

Bastian spü rte einen starken, ziehenden Schmerz in den Beinen, er konnte kaum auftreten — aua — was war ihm denn bloß geschehen?

" Sagtest du nicht mehrmals, du warst auf einem Berg? " erinnerte sich Kaspar.

" Meinst du, das kommt davon? "

Bastian quä lte sich am Treppengelä nder hinunter. Er teilte jede Stufe, die er bewä ltigt hatte, durch ein Stö hnen seinem Kommilitonen mit, der oben auf dem Treppenabsatz stand und ihm interessiert nachsah.

Aufgaben zum 10. Kapitel (Teil 2):

1. Vorlesen, ü bersetzen von „Der Schnaps …“ bis „… lange tut …“.

2. Fragen. (Корсакова М. )

3. Wortschatz:

· kreischen                                         визжать

· tollen                                     беситься, буйствовать    

· ohne Strapazen                          без напряжения

· stolpern ü ber Akk.                     спотыкаться

· wü ten                                      неистовствовать, буйствовать

· mit j-m fertig sein                   не желать иметь с кем-либо дела

· j-m, etw. ernst nehmen          не воспринимать всерьез

· blö deln                               дурачиться      

· die Blase –n                         пузырь

· pusten                                  дуть

· die Hacke                               пятка

· verlegen sein                        быть смущенным

· besoffen sein                       быть пьяным

· kleinlaut werden                  присмиреть, притихнуть

· die Fingerkuppe                    кончики пальцев (подушечки)

· etw. Dat. nicht gewachsen sein       быть не по плечу

· sich Dat. den Mund fusslig reden  натереть себе мозоль на языке

· wie ein Klotz auf j-s Gewissen liegen лежать камнем на совести

· sich einnisten                                   приютиться

· bestä rken                                      подкреплять

· sich zurechtfinden                         ориентироваться

· sich rä keln (sich rekeln)                 потягиваться

· verarzten                                        подлечивать

· schwä nzen                                      прогуливать

· kurzsichtig                                      близорукий

 

4. Sie sind Bastian. Erzä hlen Sie, wie Sie den schö nen Tag mit Katharina in den Bergen verbracht haben.

5. Wie sieht diesen Tag Katharina Freude? Erzä hlen Sie davon von ihrer Standpunkt!

6. Welche Vorstellung von der Liebe hatte Bastian? Was meinen Sie dazu. Diskutieren Sie in der Gruppe.

7. Bastian war kein angenehmer Gast fü r Kaspar. Warum? Gegen welche Verhaltensregeln, die ü blicherweise gelten, wenn man zu Besuch ist, hat er verstoß en?  

8. Erzä hlen Sie von Bastians Besuch im Namen von Kaspar.

9. Kreuzworträ tsel.  

 



  

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