Romanzen vom Rosenkranz 11 страница
Doch nun lischt der Kerzen Schimmer Und Biondette singet: " Wehe, Wehe, Wehe, Lebensschimmer, Holdes Leben, nicht vergehe!
Sterbet nicht, ihr sü ß en Lieder, Wollt, o wollt nicht von mir schweben! Sterbet nicht, ihr raschen Glieder, Laß t euch froh zum Tanze heben! "
Eh die Lampe auch verglimme, Will sie freudig nochmals schweben; Doch sie hö rt nicht ihre Stimme, Fü hlt nicht ihrer Fü ß e Schweben.
Weh! es walten bö se Kü nste, Laut die frü hen Hä hne krä hen; Kehrt, ihr Geister, aus dem Dienste, Denn der Tag will auferstehen!
Und Meliore kö mmt zu Sinnen. Licht und Lied und Lieb entschweben, Mä chtig fü hlt er sich von hinnen Auf die ö de Straß e heben.
Kü hl umwehn ihn Morgenwinde, Wunderbar ist ihm geschehen, Denn er kann noch ihre Binde Auf der frischen Wunde sehen.
Und die nahe Glocke klinget, Und er hö rt die ersten Messen: Bete, bete, nie gelinget, Die Geliebte zu vergessen!
** Romanze XVI: Kosme krank — Pietros Garten brennt
Wenn du gleich den Vö geln schwebest, Ü ber dir der blaue Bogen, Unter dir die grü ne Erde Und des Wassers Silberwoge;
Und du wolltest niedersehen, Wo du ruhig mö chtest wohnen, Wo du deinem kleinen Neste Eine Stelle suchen solltest;
Flö hest du der Stä dte Elend Und die Armut eines Dorfes, Und zö gst ü ber Land und Felder Zu dem stillen Tale Kosmes,
Wo die stillen Bä chlein gehen Durch den Schatten, durch die Sonne, Durch die Bü sche, durch die Felsen, Bis zum Garten voller Rosen,
Und du bautest dir dein Nestchen, Wo die klare Jungfrau wohnet, Und sie ging dir aus dem Wege, Wenn du ruhig brü ten wolltest,
Und du sä ngst ihr an dem Fenster In des Lorbeerbaumes Krone; Futter wü rde hin sie legen Alle Abend, alle Morgen,
Und dir schiens ein selig Leben, Ging zu beten frü h die Fromme, Flö gst du mit ihr zur Kapelle, Die am Felsen hö her oben;
Und wenn sie aus vollem Herzen Unter Trä nen sprä ch die Worte: Herr, ach schau zu meinem Herzen, Es ist ganz von Schmerz umdornet!
Herr, um deines Sohnes Schmerzen Richte auf den Vater Kosme, Laß ihn nicht verzweifelnd sterben, Ö ffne ihm die Gnadenspforte:
Dann wä r deine Lust zu Ende, Deine Seligkeit zerronnen, Denn nicht ferne von den Menschen Ü berall das Elend wohnet.
Und es ist kein ö der Felsen Und kein Bä chlein oder Bronnen, Keine waldumschlossne Stelle Unterm Monde und der Sonne,
Wo ein Mensch das Licht gesehen, Wo nicht wä r gesü ndigt worden, Wo nicht wä ren bittre Trä nen Vor dem Herrn vergossen worden.
Und du wü rdest Abschied nehmen Vor der nä chsten Morgensonne, Sä ngst noch einmal ihr am Fenster, Flö gst dann weiter unbesorget. —
Wä rst du einer von den Sternen, Die am hohen Himmelsbogen Ewig auf und unter gehen, Wie der Herr es hat geboten,
Und du wolltest dich bedenken, Wo du deine Strahlen solltest Rein und freudig niedersenken, Daß sie widerspiegeln sollten
In dem Spiegel weiter Meere; Sä hest du das Schiff hinwogen, Das die Sü nde aus der Fremde Bringet zu entfernten Zonen;
Auf der stadtbesä ten Erde Sä hest du die Menschen morden; In den Tä lern, auf den Bergen Sä hest du die Sü nde wohnen;
In des Klosters enger Zelle, In dem gleichen Tun des Dorfes, In des Marktes regem Leben, Im erstarrten Tun des Schlosses:
Wo du deine Strahlen senkest, Findest du ein Herz gebrochen, Findest du ein Werk des Bö sen, Findest du ein Kind des Todes.
Und, wer seine Blicke lenkte Zu dir flehend hin nach oben, Wä re trunken ganz von Trä nen, Wä re dü rstend nach dem Troste.
Doch du wü rdest dich nicht wenden, Strahltest ruhig Gott zum Lobe, Wollte untergehn die Erde, Wollten auferstehn die Toten.
Was hier klaget, muß vergehen, Schmerz und Sü nde sind des Todes, Und die Leiden tun nur wehe, Weil sie sterblich sind geboren.
Aber was da ewig stehet Sü ndenlos im Schaffen Gottes, Kann sich nur in ihm bewegen, Ist ein Freud- und Leidenloses.
Sieh, der gö ttliche Geselle, Phosphoros, der Held des Morgens, Funkelt von des Himmels Schwelle Ruhig in den Garten Kosmes.
Und im Morgenwind beweget Trä umen still des Gartens Rosen; Doch die Hü tte ist voll Elend, Und sie ist ein Haus der Sorgen.
Rosablanka sitzt in Trä nen An dem Bett des kranken Kosme, Den ein leiser Schlummer decket, Nur vom Seufzern unterbrochen. # von?
Und sein mü des Haupt erhebet Nun der Alte zu der Tochter, Spricht: " Mein Kind, jetzt muß t du gehen Zu der Messe in das Kloster! " —
" Vater, lasset hier mich beten Zum allgegenwä rtgen Gotte, Daß ich eurer Krankheit pflege; # eure? Fern bin ich um euch in Sorgen! " —
" Armes Kind, ich kann genesen Nur in einem selgen Tode, Nur vom Schmerz kann mich erlö sen Blut des eingebornen Sohnes! " —
" Vater, schrecklich ist gewesen Euer finstrer Arzt Apone, Und ich muß noch Krä uter lesen, Die er alle hat verordnet! " —
" Kind, hast alle du gehö ret, Die er zu mir sprach, die Worte? Sie zerschnitten mir die Seele Wie viel hundert giftge Dolche! " —
" Das, was ich davon gehö ret, Ich doch nicht verstehen konnte: `Kosme, was dein Herz verzehret', Sprach er, `ist die Hä rte Gottes!
Krä ftig hast du einst dem Leben, Was des Todes ist, geopfert, Und nun opferst du das Leben, Das dir ü brig bleibt, dem Tode!
Du treibst hier ein tö richt Wesen, Machst zur Nä rrin deine Tochter, Und die Lö cher deiner Seele Willst du mit der ihren stopfen!
Hö re auf, sie zu bestehlen, Tritt ihr nicht in ihre Sonne, Laß sie lesen die Poeten, Gehe in der Stadt zu wohnen!
Du magst ewig dich bekehren, Was verloren, ist verloren; Besser solltest du noch scheren, Die dir ü brig bleibt, die Wolle! ' —
Dann hat er mich angesehen, Wie der grimmige Herodes, Als die Kindlein er zu tö ten Seinen Knechten hat befohlen.
Und ich war recht in dem Herzen Von dem giftgen Blick durchbohret, Bin, Marien anzuflehen, Zur Kapelle dann geflohen.
Und am Wege sah ich stehen, Den am Morgen bei den Rosen Ich ein Grab hatt graben sehen, Da die Schlang emporgeschossen.
Aber er hat nicht geredet, Winkte mit dem Finger drohend, Griff mir nach der Hand behende, Nach Biondettens Ringlein golden.
Doch ich wollt es ihm nicht geben; Da versank er in den Boden, Und ich eilte zur Kapelle, Sank ohnmä chtig an den Boden.
Und ich sah auch einen Engel Jubelschreiend in den Wolken, Er schwang sich wie eine Lerche Jubilierend hin gen Morgen.
Vater, was ich da gesehen Klar, wie bei dem Licht der Sonne, Hat mir ganz verwirrt die Seele; Jetzt kann ichs nicht wiederholen.
Als ich zu dir kam, da brennte Ü ber mir der Himmelsbogen, Es ist Feuer wohl gewesen In der Gegend, in Bologne.
Vor Marien bin in Trä nen Betend ganz und gar zerflossen, Gnä dig ist sie mir gewesen, Und ich bin gestä rket worden. "
Kosme sprach: " Des Arztes Wesen Ist stets schecklicher geworden: In der Seele mir zu lesen, Hat er mir das Herz zerbrochen.
Ach, er kennt mein ganzes Leben, Und mit jedem harten Worte Hat er, ihn auf mich zu werfen, Von mir einen Berg gehoben.
Und so lieg ich ganz zerschmettert, Als sei ich gesteinigt worden; Er hat mich mit einer Kette, Die ich schmiedete, umzogen.
Aus dem Leibe nah dem Herzen Meine Eingeweide zog er, Hat, mein Ü bel draus zu lesen, Frech sie in die Luft geworfen.
Und ich sah es ohne Schmerzen. Seit sie wieder eingeschlossen, Wars, als seien tausend Zentner In der Seele Haus gezogen.
Boshaft sprach er: `Du genesest, Wenn auf Erden die drei Rosen In der Hand der Venus sterben, Die jetzt stehn im Garten Gottes.
Wenn dein Kind ins Kloster gehet Und bekrä nzt mit Liebesrosen Als Modell dem Maler stehet, Ist dir, ihr und mir geholfen. ' —
Und nun rief ich: `Wehe, wehe! Wehe ü ber diese Worte! ' Und als ich ihn angesehen, Ist er deutlich mir geworden.
`Jener Bube bist du, Frecher, Der die Farben mir im Kloster Rieb, als ich in Gottes Tempel Bin ein bö ser Sü nder worden.
In dem Namen Jesus hebe Dich von mir! ' — Da floh Apone. Ach, er ist es nicht gewesen, War der Widersacher Gottes! " —
" Vater, nicht so traurig redet! Ja, es war der Arzt Apone, Den ich gestern noch gesehen Zu Bologna bei dem Bronnen.
O, beschwert nicht eure Seele, Die in Trä umen ist verworren; Wendet ruhig im Gebete Euch zum allbarmherzgen Gotte! " —
" Gutes Kind, lies mir den Zettel, Der vom Arzt geschrieben worden, Daß ich dir die Orte nenne, Wo die Krä uter sind zu holen.
Denn der Arzt sprach: `In der Nä he, Ja, in deines Gartens Boden, Werden diese Krä uter stehen, Deren Trank ich dir verordne'. "
Rosablanka liest den Zettel: " Aus Sankt Clarens Garten Rosen Um die Mitternacht zu brechen Und mit Keuschlamm einzukochen.
Unser Liebfrau Bettstroh nehme, Mische es mit Venusrosen, Zu Marienschü hlein menge Teufelsklau und Hahnensporen.
Und Mariensiegel breche In dem Schein des vollen Mondes, Mit Marienmantel leg es In den dir bekannten Bronnen.
Liebfraumilch und Liebfrauträ nen Mit unschuldger Kindlein Rosen, Findelkraut und Venusnelken Destilliere durch neun Monde.
Alle Stunden einzunehmen Und so lang zu wiederholen, Und dem Arzte schnell zu melden, Wenns nicht helfen will. Apone! "
Als sie dies Rezept gelesen, Sprach der Kranke: " Meine Tochter, Jetzo eile nach der Messe, Kehre wieder mit Benone!
Also heiß t, der sie wird lesen; Er ist recht ein Heilger Gottes; Beichte will ich ihm ablegen, Meiner armen Seel zum Troste! " —
" Soll ich nicht zum Wald erst gehen, Vater, und die Krä uter holen, Weil ich sie wohl alle kenne, Auß er Teufelsfuß und Krone? "
" Nein, ich muß sie selber brechen Unter Trä nen, fromme Tochter; Wo ich gehe, liege, stehe, Blü hen sie ja allerorten!
Gehe nun, mein Kind, und flehe Fü r mich um die Gnade Gottes! Mein Bekenntnis abzulegen, Will indes mein Herz ich ordnen.
Nimm die Fackel, die ich gestern Einer Schlange gleich geformet, Am Altare laß sie brennen, Bei der Mutter Totenopfer! "
Und sie nimmt die Fackel betend; Ihre Trä nen niederflossen Auf den Alten, der sie segnet, Und sie wandelt aus der Pforte.
Wie sie durch den Garten gehet, Weinen morgenlich die Rosen, Und in tiefen Trä umen wehen Ü ber ihr des Waldes Kronen.
Und es wirft schon durch die Stä mme Ihre Strahlen hin Aurore. Aber sieh! zur Link und Rechten Glü ht am Himmel heut der Morgen.
Doch jetzt sieht bei der Kapelle Sie ins Tal herab von oben; Weh! die Rö te ihr zur Rechten Ist des Pietro Hü tte lodernd.
Nieder durch die Felsenwegen Eilt sie, achtend nicht der Dornen. Da sie zu dem Garten gehet, Fü hlt ihr Fuß den glü hen Boden.
Und der Hü tte Asche hebet Wild emport der Sturm des Morgens, Der sich sonst zu wiegen pflegte In dem Busen tausend Rosen.
Als sie durch den Garten gehet, Lief um sie die wilde Lohe, Schlangen, Drachen, sengend, brennend Blum und Baum und Laubenbogen.
" Pietro, Pietro! " ruft sie bebend, " Ob er in der Glut gestorben? " Sieh, bei jener weiß en Rose Steht er, die sie ihm geschenket.
Alle Bä ume rings gefä llet Hat er zu dem Schutz der Rose, Und ihr immer Wasser gebend Geht und kehrt er zu dem Bronnen.
Als die Jungfrau er gesehen, Spricht er: " Du hast lang verzogen, Dich zum Opfer einzustellen, Das zu deiner Ehre lodert!
Alles, was du hast verschmä het, Hat die Flamme angenommen, Und sie will mich drum vermä hlen Mit der Asche, ihrer Tochter.
Sieh, schon kommen Hochzeitsgä ste, Die Gesellen ohne Sorgen, Morgenwinde, lustig heben Sie der grauen Braut die Locken!
Ach, ich lieb sie ohne Ende! Gö ttlich ist sie, hochgeboren, Denn der herrlichste der Helden Stahl das Feuer von der Sonne.
Meine Braut ist deine Schwester, Du auch bist des Helden Tochter, Dem der Geier nagt am Herzen, Weil das Feuer er gestohlen.
Von den Gö ttern hoch gesegnet War die Mutter dir Pandore, Alle Freuden, alle Wehen Sind aus ihr nä chst dir geboren.
So ist aller Lust des Lebens Buß e zugeordnet worden; Meine Braut, die Asche, schwebet, Spielt die Flamme mit den Rosen.
Ach, ich liebe sie ohn Ende, Denn ich bin aus ihr geboren, Und will wieder Asche werden, Weil ich dich nicht hab erworben.
Wahrlich, sie ist deine Schwester, Denn die schö ne, weiß e Rose Hat sie brennend nicht verzehret, Weil sie hat fü r mich geworben.
Sei willkomm beim Hochzeitsfeste! Sieh die rosige Aurore Ihre gelben Locken mengen Mit der Asche meiner Rosen!
Hoch ist dies Fest geehret: Gestern hab ich dich verloren, Heute Nacht starb Rosarose, Meine Rosen diesen Morgen! "
Und nun weint er bittre Trä nen Seinen sinnverwirrten Worten. Rosablanka tief beweget Spricht: " O Pietro, denke Gottes!
Pietro, du stehst ganz in Frevel, Seine Hand von dir gezogen Hat der Herr! O Pietro, bete, Daß er dein nicht denk im Zorne!
Nie bin ich dir lieb gewesen, Du hast gestern mich betrogen, Denn ich sehe deine Seele Tief in irdscher Not verworren.
Laß dem Feuer seine Rechte, Das du gen dich aufgefordert; Deine Seele zu erretten, Folge mir zur Kirche Gottes!
Und erzä hl mir auf dem Wege, Was dir so den Sinn verworren! Ich will liebreich mit dir reden, Folge mir von diesem Orte! "
Pietro spricht: " O Gottes Engel, Wie du mild bist in dem Zorne! " Eine Handvoll Asche nehmend Beugt er sich dann zu dem Boden.
Und sie unter Trä nen mengend In die taubereiften Locken, Spricht er, nochmals um sich sehend, Schmerzdurchdrungen diese Worte:
" O, du liebes, armes Leben! Bunter Thron des ewgen Todes! Blutig Schlachtfeld des Verderbens! O ihr aschevollen Rosen!
Meiner Hü tte klare Fenster, Von Jasmin so still umzogen, Und du schattig Dach der Reben Ü ber meiner kleinen Pforte!
Weh, es grinset wie Gespenster An im glü hen Blick der Kohlen, Und der Rasen, den ich pflegte, Knirschet unter meinen Sohlen.
O ihr tausend frommen Engel, In den Lilien, in den Rosen, Morgens mit dem Gä rtner betend, Sterne, Sonnen, Kelche, Kronen,
Zeihet mich mit dü rrem Stengel, Daß ich alle euch gemordet, Daß ich, folgend dem Verderber, Hab gestö rt den Tempel Gottes!
Fromme Priester fleiß ger Zellen, Goldne Bienen, euer Kloster, Eures Gottesdiensts Kapellen, Eurer Andacht Stationen,
Alle liegen sie versenget, Und die Glut des bö sen Opfers Und der Rauch des Feuerfrevels War fü r euch des Todes Odem.
Kü hler Labung Marmorbecken, Glatter Rand des treuen Bronnens, Du bist in dem durstgen Lecken Dieser wilden Brunst zerborsten.
Stiller Mahner des Gescä ftes, Stundenzeiger, Freund der Sonne, Du bist, Feuerschatten werfend, In der bö sen Glut zerschmolzen.
Hü tte, Garten, Blumen, Reben, Fromme Bienen, sü ß e Rosen, O, du unschuldvolles Leben, Ich hab dich von mir gestoß en!
Einsam nur im Garten stehet Dort die hohe, weiß e Rose; Paradies muß t untergehen, Ewig steht der Baum des Todes! "
Und nun mit der Jungfrau gehet Zu der Stadt der Trauervolle, Und sie wechseln stille Reden, Niedersehend an den Boden.
" Wann ist, Pietro, Rosarose, Deine Schwester, dir gestorben? " — " Des Theaters Glut entgehend Fiel sie in den Arm Meliores.
Niedersprang sie von dem Fenster, Und der Sturz fü hrt sie zum Tode. Jetzt zu ihrem Leichenfeste Gehe ich zu Jacopone. " —
" So war dies die Glut, die gestern Ich sah an dem Himmel lodern! Ach, die herrliche Biondette, Ward sie heil dem Brand entzogen? " —
" An der Schwester Sterbebette War sie noch mit Jacopone! " — " Ist dein Bruder unverletzet, Der getreue Meliore? " —
" Ich hab ihn nicht mehr gesehen, Ich hab ihn nicht sehen wollen, Und ich will ihn nicht mehr sehen, Er hat mein Geschick verdorben!
Er, der Buhler von Biondetten, Er hat mir dein Herz entzogen, Und durch ihn starb Rosarose, Sank mein Haus und meine Rosen!
Ich bin nicht zur Stadt gewesen; Als die wilde Glut da tobte, Saß ich still in meiner Zelle, In verschmä hter Lieb verloren.
Und zu deinem Vater gehend, Fü hrt Meliore den Apone, Und der falsche Bruder kehrte Zu der Stadt von meiner Pforte.
Und der weise Arzt erzä hlte, Krä uter in dem Garten holend, Mir den Tod der Rosarose Und die Buhlerei Meliores.
Und er warf mir in die Seele Einen Brand, der ewig lodert, Der den Garten mir verzehrte, Der mich selbst noch treibt zum Tode! "
Rosablanka rief nun: " Wehe, Wehe dir, du Hö llenbote! Apo ist es nicht gewesen, Wahrhaft sprach der Vater Kosme.
Deinen Schritt zurü ck noch wende, Du erweckende Aurore, Lasse, was der Bö se sä te, Nicht erblü hn in deiner Sonne!
Schauertrunkne Nacht, o kehre! Decke, die du tot geboren, All die Lü gen und Gespenster Unterm Dunkel deines Zornes! "
Also spricht sie. Doch es stehen Glü hnd des Morgens goldne Kronen, Zeugen ihres Angstgebetes, Auf Bolognas hohen Domen.
Und da sie beisammen stehen Bei der Linde, bei dem Bronnen, Sich schon Tagesstrahlen senken In den Schein der Mutter Gottes.
" Pietro, " spricht sie, " Gottes Segen Leuchte dir in deinem Zorne! " Scheidend sah er da die Trä nen, Die ihr aus den Augen quollen.
Und sie sah verwirrt umwehen Finstre Stirn die dunkeln Locken; Denn schon auf die Gipfel leget Niederschauend sich die Sonne.
Die da ewig sinkt und kehret Sü ndenlos im Schaffen Gottes, Kann sich nur in ihm bewegen, Ist ein Freud- und Leidenloses.
** Romanze XVII: Totenmesse — Meliore und Rosablanka beichten
Stille herrscht in den Straß en, Und es rauscht ein Morgenwehn Durch der Gä rten Lustterassen, Wo die Blumen trä umend stehn.
Eine Perle, eine Trä ne Legt es jeder in das Herz, Und sie wenden also schö ne Ihre Kelche sonnenwä rts.
Und es wehen ihre Dü fte Durch die schlummerstille Stadt, Durch die kü hlen, regen Lü fte Weht ein einsam Blü tenblatt.
Und ein Vö glein aus der Linde Flieget und das Blä ttlein fing, Glaubt es spielend in dem Winde Einen bunten Schmetterling.
Lä ß t betrogen dann es fallen In des Springbrunns Marmorrand, Und er spielt mit sü ß em Lallen Mit dem sü ß en Frü hlingstand.
Und der Vogel ohne Sorgen Stü rzet aus dem Bann der Nacht, In den goldnen, lieben Morgen, Der auf Turmesspitzen lacht.
Sonn und Vogel golden lachet Auf dem Kreuz, das himmlisch thront, Und es sinket ü berwachet In das Licht der blasse Mond.
Durch den grauen Morgen dringet Der prophetsche Hahnenschrei, Und die Schwalbe dichtend singet Ihres Traumes Phantasei.
Sieh, in einem frommen Blitze Fä ngt das Kreuz den Sonnenschein, Senkt ihn von des Turmes Spitze In die stillen Straß en ein.
Und der Bettler, der geschlafen Vor des Palasts Sä ulenkranz, Hebt sich, da ihn Strahlen trafen, Still und dreht den Rosenkranz.
Und es gehet Rosablanke Durch das rö msche Tor herein, Eine Kerze trä gt die Schlanke Und ein Kä nnlein Opferwein.
Als sie an des Altars Stufen Vor Biondettens Wohnung steht, Will die Tä nzerin sie rufen, Daß sie mit zur Kirche geht.
Aber wie ward sie betroffen! An dem kleinen, stillen Haus Steht die Tü re nä chtlich offen: Ging so frü h die Jungfrau aus?
Nein, dann hä tte sie geschlossen Ehrbar hinter sich das Tor. Und nun steigt sie unverdrossen Zu der Kammer leis empor.
Und sie findet ganz zerrü cket Dieser Stube Ebenmaß, An der Erde lag zerstü cket Manche Urne, manches Glas.
Blumen, Federn bunt zerstreuet Und Gewä nder hie und da, Das, was gestern sie erfreuet, Heute sie mit Schrecken sah.
Die zerrissnen Perlenschnü re Sä ten eine Trä nensaat Zu des Schlafgemaches Tü re, Der sich Rosablanka naht.
Und sie pochet: doch die Kammer Schweiget, und sie geht hinein. Ach! Da tritt in tiefern Jammer Noch die bange Jungfrau ein.
Weh, das Bettlein blutbeflecket, Und zerstö rt das Saitenspiel! Rosablanka tief erschrecket Auf die Kniee niederfiel.
Zu dem kleinen Nonnenbilde Rief sie unter Trä nen aus: " O, du Antlitz, ernst und milde, Blut und Tod befleckt dies Haus! "
Und mit Angst und mit Entzü cken Fü hlte sie, wie wundervoll Aus des Bildes stillen Blicken Eine helle Trä ne quoll.
Und so ganz von Angst durchdrungen Weilt sie in dem bö sen Haus, Streckt die Hä nde schmerzgerungen Zu dem Morgenlichte aus.
Wie verspä tete Gespenster Gaben hundert Kerzen Schein, Tiefgebrannt, und durch die Fenster Sah erschreckt der Tag herein,
Den die Nachtigallen grü ß en Auf des Fensters Gartenbeet, Wo ihr Bauer unter sü ß en Blumen eingezä unet steht.
Rosablanka geht zum Bauer, Lä ß t die Sä ngerinnen frei: " Flieht und sucht, wo eurer Trauer, Meiner Trauer Heldin sei!
Schwinget euch zu ihrer Leiche, Rufet ihren Mö rder aus, Daß die Rache den erreiche, Der befleckt dies heilge Haus! "
Und die kleinen Vö gel lenken Zu dem Lichte erst den Flug, Werden aber bald sich schwenken Nach des Herzens innrem Zug,
Wie das Schiff vom Lande rauschet Freudig erst ins Element Und die freie Lust dann tauschet Mit des Schiffers Ziel und End.
Doch nun kö mmt der kleine Knabe, Dem sie gestern am Altar Teilte ihre Honigwabe, Sprach mit seiner Stimme klar:
" Rosablanka, nicht vergesse Ü ber dieses Hauses Schmerz Deiner Mutter Totenmesse, Trage ins Gebet dein Herz!
Grö ß re Trauer zu bestehen Stehet deiner Seele vor, Durch die Dornen muß t du gehen Zu des Himmels Rosenflor!
Es verließ die kleine Zelle Schon der treue Gottesmann, Kerzenhell ist die Kapelle Und der Glockenruf getan.
Zü nde deine Schlangenfackel An der ewgen Lampe Licht, Sie sei vor dem Tabernakel Des Erlö sers aufgericht! "
Rosablanka spricht: " O sage Mir, du blondes Wunderkind, Ob ich die, um die ich klage, Je im Leben wiederfind? "
Und er sprach: " Die Seele stehet Wieder licht in Gottes Hand, Nur der Leib, der irdisch gehet, Ist dem Dunkel zugewandt! "
Und nun wendet er sich stille, Und die Jungfrau folget nach. " Es geschehe Gottes Wille! " Sie ergeben vor sich sprach.
Und er fü hrt sie zu Sankt Claren Durch den Klostergarten ein, Wo sich tausend Blumen paaren In des neuen Tages Schein.
Vor des Kirchleins Marmorschwelle Sproß t der schö nste Rosenstrauch Und erfü llet die Kapelle Mit der sü ß en Dü fte Hauch.
Wunderbar ist er gewunden Und geranket tausendfach, Einer Schlange gleicht er unten Und umzieht das ganze Dach.
Wo er aus der Erde dringet, Ist er dü rr und ungestalt, Wo er hö her an sich schwinget, Grü nt und sproß t er mit Gewalt.
Links wohl alle Rosen trauern, Rechts sie freundlich lachend glü hn, Und es stehn des Kirchleins Mauern Wie in Mond- und Sonnenschein.
Doch drei Sprossen sendet oben Frisch der recht und linke Zweig; Alle sechse dicht verwoben Blü hen freudig alle gleich.
Durch das Kuppelfenster schauen Still sechs Rosen zum Altar, Ihre Trä nen nieder tauen Auf Mariens Schleier klar.
Aber von den sechsen schimmert Eine rot und eine weiß, Und die dritte golden flimmert Aus dem wunderbaren Gleiß.
|Rosa mystica Maria| Heiß t der heilge Rosenbund; |Virgo dulcis, clemens, pia| Grü ß et sie des Volkes Mund.
Als die Jungfrau fromm sich neiget Und zum Weihbrunn fü hrt die Hand, Wunderbar ein Anblick steiget Auf an seinem Marmorrand.
Vor ihr steht zwei geistge Nonnen, Blicken zu ihr ernst und mild, Reichen ihr den heilgen Bronnen; Eine glich wohl jenem Bild.
Jene, die da stand zur Linken, Wo die Rosen traurig sind, Ließ voll Schmerz die Augen sinken, Wie die Mutter auf das Kind.
Als die Magd von ihren Hä nden Das geweihte Naß empfing, Suchte sie ihr zu entwenden Von der Hand Biondettens Ring.
Als die Jungfrau dies empfindet, Schloß sie schreckhaft ihre Hand Und das Nonnenpaar verschwindet Seufzend an des Brunnens Rand.
Aber in der Seele stehet Ewig nun dies Antlitz fest, Wo sie ruhet, wo sie gehet, Dieses Bild sie nie verlä ß t.
Doch nun steckt sie Kosmes Kerze An der ewgen Lampe Glut, Will sie dann mit frommen Schmerze Pflanzen, wo die Mutter ruht.
Doch sie findet aufgedecket Der geliebten Toten Gruft, Und: " O Jungfrau, nicht erschrecke! " Eine Stimme zu ihr ruft.
Und es tritt der blonde Knabe, Der sie bis hierher gefü hrt, Lä chelnd aus dem offnen Grabe Zu ihr, die sein Anblick rü hrt.
Denn es war, als stieg das Leben Aus dem schweren, tiefen Tod; Also wird ein Engel schweben In dem letzten Abendrot.
Und er wird der Sonne winken Die dann sinket nimmermehr, Und die Erde wird ertrinken In des ewgen Lichtes Meer.
Alle Schatten werden leuchten, Alles Dunkel wird erglü hn, Und die Welten werden beichten Vor dem Lichte auf den Knien.
Und der Knabe sprach: " Geschauet Hab ich Rosarosens Gruft, Wo sie heut wird Gott vertrauet, Bis der Herr uns alle ruft.
Rosatristis, die begraben Hier mit Rosalä ta steht, Sie wird heut Gesellschaft haben, Blumen, die sie ausgesä t.
Schö n ist diese Gruft geweitet, Fü r sechs Sä rge ist noch Raum, Daß die Wurzel sicher breitet, Wie den Zweig, der Rosenbaum.
Vor der offnen Gruft nicht bange, Stell vor deines Stammes Haus Hell die Fackel; eine Schlange, Spricht sie wohl die Sü nde aus.
Bete! Ich muß von dir scheiden, Denn ich fü hr das Kinderchor, Um die Leiche zu begleiten, Hier zu ihres Tempels Tor! "
Nun verließ er die Kapelle. Zum Altar Benone zieht, Ihm zu dienen auf der Schwelle Meliore betend kniet.
Als die Jungfrau ihn erblicket, Von der Wunde siech und bleich, Fü hlet sie das Herz erquicket Und zerdrü cket allzugleich.
Denn er gleicht in allen Mienen Jenem, dem sie Rosen gab, Als die Schlange ist erschienen In dem Garten bei dem Grab.
Mit dem bei des Altars Schwelle Morgens sie die Krä nze wand, Der den Ring bei der Kapelle Reiß en wollte von der Hand,
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