Romanzen vom Rosenkranz 10 страница
Den Antinous umkreisend, Hoch des Adlers Fittig klingt, Der, sie von der Erde reiß end, Gö tterknaben aufwä rts schwingt.
Eine Schlange tragend weilen Seh den Polyides ich, Minos lehrte sie ihn heilen, Dich zu heilen lehrt sie mich.
In der Nordkron goldne Reife Eine Myrte sü ß sich schlingt, Und der Drach mit brü nstgem Schweife Heiß den kalten Pol umringt.
Zu geheimer Liebe Feier Hell des Altars Glut entglimmt; Die Sü dkrone schimmert freier, Und in Lust der Sü dfisch schwimmt.
Ihre Scheren brü nstig breiten Krebs und Skorpion zum Licht, Und der Wolf in Himmelsweiden Trü bt der Lä mmer Quelle nicht.
Also glü hend sind die Zeiten, Also brü nstig ist das Licht, Wie die Rose, die den Brä uten Venus durch die Locken flicht.
Die Granate senkt gereifet Ihrer Kerne Goldgewicht, Trunken durch die Blä tter schweifet Amor, der sie taumelnd bricht.
Selig ist wohl der zu heiß en, Der in Liebe selig ist; Sprich, kann ich dich selig preisen, Der du also liebend bist?
Meliore, sei der meine; Sage ohne Hinterlist, Ob Biondette je die deine Ganz und gar gewesen ist?
Ob dein selger Mund alleine Ihres Leibes Rosen bricht, In der Augen Sonnescheine, In des Busens Mondenlicht?
Ob du in die Wollustkreise Ihrer Mitternä chte blickst, Daß dich jauchzend an sich reiß e, Die entzü cket du entzü ckst? "
Doch entsetzet hier den Meister Meliore unterbricht; " Bei dem Gott der selgen Geister Schwö re ich: das tat ich nicht!
Und will einer des sich preisen, Ich nenn einen Teufel ihn; Will mit Hä nden den zerreiß en, Der sie solcher Schmach geziehn!
Gott und Vater! wü ß t ich einen Solches denkend, sein Gehirn Schlü g ich ihm mit kotgen Steinen Aus der unverschä mten Stirn!
Denn die Sterne sind nicht reiner, Als der Leib Biondettens ist, Und der Schoß, er war nicht reiner, Der empfangen Jesum Christ!
Doch du machst aus Weltenkreisen, Wo der Engel Palmen schwingt, Und, den Ewigen zu preisen, Gloria die Sphä re singt,
Einen Tummelplatz der Heiden, Wo die Sü nde Lanzen bricht, Und ein ekles Wolluststreiten, Dem die Geilheit Krä nze flicht!
Kö nntest du mir auch beweisen, So sei meiner Liebe Ziel, Mö ge mich der Stern zereiß en, Der jetzt dort vom Himmel fiel! "
Also sprach er, und es breitet Apo seinen Mantel hin, Fing den Stern, der niedergleitet: " Sieh, was dir ein Stern erschien!
In dem trü ben, kalten Schleime Hier, erkennest du das Licht? Stü rzend durch des Himmels Rä ume Wahrlich, dies erschlä gt dich nicht!
Alles ist nicht Gold, was gleiß et, Und was glü hend dir erschien, Sich als faules Holz erweiset, Nahest du dem Wunder kü hn.
Und das eben macht den Weisen, Daß er in dem Sonnenlicht Kann die Mitternacht beweisen, In dem Leichten das Gewicht.
Daß selbst in des Lichtes Leichte Er die Wucht, die niederzieht, In dem Abgrund auch das Seichte, In dem Seichten Abgrund sieht.
Sollt ich dich nicht selig preisen, Wä re solch ein Weib dein Spiel? Um die Erde mö cht ich reisen Nach so wunderbarem Ziel!
Doch die Jugend mö chte steigen, Um den Himmel zu erfliehn, Und das Alter muß sich neigen, Sieht ihn an der Erde blü hn.
Willst du nun die Lust erreichen, Die dir durch die Adern rinnt, Einen Trank will ich dir reichen, Der dir ihre Gunst gewinnt.
Lä ß t du dir das Recht entreiß en, Das dir Lust und Jugend gibt, Wird dich schwer der Neid zerreiß en, Wenn sie andern sich ergibt.
Daß zum Falle sie gereifet, Seh in ihren Sternen ich, Wenn kein andrer sie ergreifet, Nenne einen Lü gner mich! " —
" Den mö cht ich jetzt gleich dich heiß en, " Zü rnend nun Meliore spricht, " Solche Unschuld kann nicht gleiß en, Gottes ist ihr Angesicht!
Kö rner streust du; ich soll gleiten, Aber Gott erhalte mich! Sü ndflut aller Eitelkeiten, Hier vor Gott verfluch ich dich!
Ja, gleich leicht magst du beweisen, Diesen Himmel ernst und still Sehest du vom Blitz zerreiß en Und von donnerndem Gebrü ll;
Und die Stadt im Mondenscheine Fü lle jetzt der wilde Krieg, Und daß jetzt, wo wir alleine, Weit ein Feld voll Leichen lieg;
Daß Bologna ihre weite, Hochgetü rmte, feste Stirn Niederbeuge jetzt im Streite Vor dem himmlischen Gestirn!
Daß du doppelt kannst erscheinen, Weil ichs sah, bewiest du mir; Doch Biondettens Schuld verneinen, Selbst sie sehend, wü rd ich dir! " —
" Malst du an die Wand den Teufel, " Apo zu dem Jü ngling spricht, " Hä lt er dir auch ohne Zweifel Zu der Malerei das Licht! "
Sprachs. Und plö tzlich donnernd steiget Um den Mond die Finsternis, Und so weit der Himmel reichet, Hell ein Blitz die Nacht zerriß.
Und rings durch die Stadt verbreitet Sich ein tosend Stahlgeklirr; Nä her, immer nä her streitet Her der Stimmen Kampfgewirr.
Meliore bebt. Es schreiten Tausend Bü rger in den Ring, Und mit Wut von allen Seiten Hebet sich das Schwertgekling.
Und es sinket Reih auf Reihe Auf dem blutgen Mordgefild, Daß von Wut- und Wehgeschreie Laut ertost das Wolkenschild.
Weh! da stü rzen auf die Streiter Rings Bolognas Tü rme hin, Doch sie kä mpfen immer weiter, Nichts erschrecket ihren Grimm!
Zu den Fü ß en seinem Meister Sinnlos hin Meliore sinkt, Bis das Spiel der bö sen Geister Dieser in den Abgrund winkt.
Und von Schrecken ganz gebleichet Richtet auf der Jü ngling sich: " Du hast Bö ses mir gezeiget, Meister, nun entlasse mich! "
Apo spricht: " Du prophezeitest Dieser Stadt dies Ungeschick, Weil du sie so toll vereidest Fü r Biondettens Tugendglü ck.
In der Wage liegen beide, Leg dich zu der Tä nzerin; Daß dein Vaterland nicht leide, Gebe dich der Freude hin!
Grö ß re Wunder kö nnt ich zeigen — Eines Wortes leicht Gewicht, Eines nichtgen Blickes Steigen Fü hrt oft her ein schwer Gericht.
Und so stehn die Himmelszeichen: Es erfü llt sich dies Gesicht, Brichst du von Biondettens Zweigen Heut die reifen Frü chte nicht! " —
" Lä ß t so leicht vom Himmel reiß en Dieses Landes Schicksal sich, " Spricht Meliore, " will verheiß en Eine schö nre Zukunft ich!
Hohe Nacht, ihr Sternenreiche, Mond, du keusches Angesicht, Euch Biondetten ich vergleiche, Sie weicht euch an Friede nicht.
Und so fest und ungebeuget Stehet ihrer Tugend Zier, Als einst fromm ein Tempel steiget Aus des Brands Ruinen hier!
Sieh! beweget sind die Steine, Ordnen auf zu Mauern sich; Diese Geister sind die meinen, Und ihr Meister bin auch ich!
Freudig auf die Pfeiler steigen; Hö rst du, wie Biondette singt? Wie nach ihrer Harfe Reigen Stein auf Stein zum Himmel dringt?
Wie nach ihren Melodeien Kuppel sich an Kuppel ringt, Und die Sä ule ihre Reihen Mit dem Palmenknauf verschlingt?
Der Kapellen Einsamkeiten Ordnen sich in Harmonie; Wo die Tö ne sich durchschneiden, Wö lbt des Chores Halle sie.
Wo die Tö ne hö her steigen, Heben sich die Tü rme spitz, Die zum Firmamente reichen Mit der Kreuze goldnem Blitz.
Wo sie sich zur Tiefe neigen, Zu der Grü fte Labyrinth, Seh ich trauernd niederschleichen Still der Treppen Steingewind.
Heilig scherzt in tausend Weisen Blum um Blume, Bild um Bild, Und, die Meisterin zu preisen, Widerhall dem Stein entquillt.
In der Kerzen selgem Scheine Bebt der Altar feierlich, Und gleich einem Frü hlingshaine Fü llt das Haus mit Jubel sich.
Silbernem Gefä ß entkreisend Sü ß der Weihrauch aufwä rts dringt, Und des Himmels Tor aufreiß end Hochgesang in Wonne ringt.
Sieh, wie zu des Tempels Weihe Rings die frommen Bü rger ziehn; Meister! Gott uns Trost verleihe, Laß uns betend niederknien! "
Spricht Meliore, und den Meister Will er an dem Mantel ziehn; Helfet! alle guten Geister! Er sieht vor sich doppelt ihn!
Einer trä gt ein Feuerzeichen Auf der hohen, dunkeln Stirn, Kalt sie sich die Hä nde reichen, Und es bebet das Gestirn.
Lachend sie von dannen schleichen, Sieh, da kehrt das Mondenlicht; Durch das nä chtlich tiefe Schweigen Meliors Stimme bricht:
" Weh! Bologna, weh! Sich neigen Sah ich deiner Tü rme Zier, Sah ein blutig Feld der Leichen Ü ber deinem Herzen hier!
Weh! in deinen Eingeweiden Reget sich ein Drachenkind, Und es streun die dunklen Zeiten Deine Asche in den Wind!
O, wie muß ich den beneiden, Der den Stamm, des Sohn er ist, Kennt, daß er den Fluch der Leiden Nicht in seinem Schuldbuch liest!
Einen Schuldgen suchend, reiß en Um das Schiff die Stü rme sich; Weh! ich kann mich des nicht preisen, Daß den Fluch nicht trage ich!
O Allmä chtiger, o zeige, Ob der Sü nde ich entspring, Daß ich zu der Flut mich neige Und ein sü hnend Opfer bring! "
Also fleht er um ein Zeichen, Und sein Flehen ihm gelingt: Durch das tiefe nä chtge Schweigen Hell die Totenglocke klingt.
Und der Glocke Schall geleitet Zu Biondettens Wohnung ihn; Wo der Baum die Schatten breitet, Kniet er bei dem Altar hin.
" Herr! die Seele, die jetzt streitet, Richt in deinem Zorne nicht; Herr! die Seele, die jetzt scheidet, Sehe bald dein Angesicht! "
Und er hö ret an dem Zeichen, Daß ein Weib gestorben ist, Weil die Zahl der Glockenstreiche Zweimal unterbrochen ist.
" Jacopones frommem Weibe Wohl das dunkle Auge bricht. Ob ich gehe, ob ich bleibe? " Bang der Jü ngling zu sich spricht.
" Denn nicht lang mehr kann verweilen Die geliebte Tä nzerin; Sah ich sie, dann will ich eilen Trö stend zu dem Bruder hin.
Ach, schon hö r ich aus der Weite Leichter Fü ß e Flü gelschritt! " Von der monderhellten Seite Bang er in den Schatten tritt.
" Soll ich singen, soll ich schweigen, Wenn sie mir vorü berzieht? Gerne gä b ich ihr ein Zeichen, Daß ein Liebender sie sieht! "
Doch ein dunkler Fechter schreitet In dem Schatten vor ihn hin, Und zum Kampfe schnell bereitet Meliore sich gen ihn.
Aber in des Degen Kreisen Seine Klinge ihm zerspringt, Ihn durchbohrt des Feindes Eisen, Und er spricht, indem er sinkt:
" Herr! die Seele, die jetzt streitet, Richt in deinem Zorne nicht; Herr! die Seele, die jetzt scheidet, Sehe bald dein Angesicht! "
** Romanze XV: Meliore und Biondetta — Biondettens hohes Lied
Gieß e, Mond, dein Silber milder Durch die blauen Himmelsmeere; Blicket fromm, ihr Heldenbilder, Nieder aus dem Sternenheere.
Einsam kü hle Nachtluft, stille Grü ß e aus dem Himmel sende; Blü ten, Blumen, eure Fü lle Duftend sich der Nacht verschwende.
Philomela, sü ß er stimme Deines Traumes Wonn und Wehe, Daß es zu den Sternen glimme Und um Gottes Liebe flehe.
Klang der sü ß berauschten Zither Unter Liebchens Fenster bebe; Still erö ffne sie das Gitter, Daß sie Liebesworte gebe.
Jü nglingen, die schlummernd liegen, Komm ein Liebestraum entgegen; Auf die Kindlein in den Wiegen Senke sich ein Engelsegen.
Und die Wü nschelrute sinke Jedem auf des Schatzes Schwelle, Und dem Durstgen, daß er trinke, Sei der Schatz die kü hle Quelle.
All ihr Bronnen, selig zielet In die mondberauschten Becken; Leis im West, ihr Blä tter, spielet, Um die Vö glein nicht zu wecken.
Nacht, in deines Zaubers Schlingen Soll sich Liebesscham verketten, Unter lustbetrauten Schwingen Brä utliches Entzü cken betten.
Was die Seele, was die Sinne Hoch begeistert, tief erreget, Deines Glü cksrads Lustgewinne Seien alle ausgeleget.
Spinnet bei dem Mondenlichte Eure feinsten Netze, Elfen, Und die schlauen Zauberwichte, Alle Zwerge sollen helfen.
Felsbewohnende Sibyllen, Leichte Nymphen flü chtger Quellen, Einet alle euren Willen, Diese Netze aufzustellen.
Locket, locket, sü ß er singend, In die Netze, ihr Sirenen, Und den Tö nen nicht gelingend, Laß t gelingen es den Trä nen.
Denn es will uns heut entfliehen Der melodischste der Schwä ne, Will zu heilgerm Himmel ziehen, Daß sein Herz sich nicht mehr sehne.
Kö nigin der Sternenzinne, Priesterin verklä rter Herzen, Lehrerin geheimer Minne, Heldin, Trö sterin der Schmerzen,
Nacht! durch deines Tempels Mitte Sehe ich Biondetten gehen, Scheu verhü llt in zü chtger Sitte; Du wirst sie nicht wiedersehen.
Auf dem Platze mondbeschienen Bleibt sie ruhig schauend stehen, In die dü steren Ruinen Noch einmal zurü ck zu sehen.
Sie beginnet leis zu singen; In der Nachtluft einsam Wehen Ihre Tö ne sich verschlingen Wie der Andacht schwankend Flehen.
" Herr, ich steh in deinem Frieden, Ob ich lebe, ob ich sterbe; Starb mein Heiland doch hienieden, Daß ich sein Verdienst erwerbe.
Will der Schmetterling zum Lichte, Muß die Larve er zerbrechen, So hast du dies Haus vernichtet, Meine Freiheit auszusprechen.
Laß die Flü gel mich erquicken, In der Andacht sie erstrecken, Und zum Himmelsgarten zü cken Durch der Buß e dornge Hecken!
O, wie hast du hoch gezieret Diese Weltnacht, mir die letzte; Eine Seele triumphieret, Deren Tod mich hoch ergö tzte.
Solchen Tod laß mich gewinnen, Herr, nach einem solchen Leben, Laß mich mit so klaren Sinnen Dir die Seele wiedergeben!
Denn in deinen Hä nden liegen Alle demutvollen Herzen, Wie die Kindlein in den Wiegen, Still entschlummert, ohne Schmerzen. "
Also sang sie, und geschwinde Eilt sie auf verschlungnen Wegen, Und schon hö ret sie die Linde Nä chtlich grü ß end sich bewegen.
Rascher flü gelt sie die Schritte Ihres Hauses Tor entgegen, Da begegnet ihrem Tritte Klirrend ein entblö ß ter Degen.
Ach, und weiter noch zwei Schritte Liegt, vom Mantel leicht bedecket, Der den bö sen Mord erlitten, Stumm ein Jü ngling ausgestrecket!
Da sie zu ihm niederblicket, Will er noch die Blicke heben; Den der Tod schon fest umstricket, Kann die Schö nheit noch beleben.
Gleich dem frommen Samariter Hebt die mutige Biondette Mü hsam nun den toten Ritter, Trä gt ihn hin nach ihrem Bette.
Lebend konnts ihm nie gelingen, In ihr Kä mmerlein zu sehen, Und er muß te, einzudringen, Durch des Todes Pforte gehen.
Schnell die Lampe angezü ndet Unter bangen Herzensschlä gen! Ach, das Herz, das sie verbindet, Schlä gt noch liebend ihr entgegen!
Balsam macht sie aus den Giften, Die sie sonst im Tanz umgeben, Mit der Ö le sü ß en Dü ften Ruft sie wieder ihn zum Leben.
Und sie lö set ihm geschwinde Seinen Koller ü berm Herzen, Sauget ihm sein Blut gelinde Aus der Wunde mit den Schmerzen.
Ach! und ihren frommen Lippen Strö mt die Torheit frech entgegen; Quelle bö ser Zauberklippen, Liebesgift war an dem Degen!
Auf der Brust ihm eingeschnitten Ihren Namen liest Biondette, Und ihr Bild, nach Liebessitte, Hä ngt darauf an goldner Kette.
Doppelt ihren Schleier windet Sie, mit Trä nen ihn benetzend, Und die Wunde sie verbindet, Sich der Blö ß e nicht entsetzend.
Und sie eilt und schmü ckt das Zimmer, Zü ndet an wohl hundert Kerzen, In der Spiegel Widerschimmer Gold und Silber freudig scherzen.
Ihres Putzschranks Flü geltü ren Ö ffnet sie mit leichten Hä nden, Daß ein eitles Triumphieren Rings entstrahle allen Wä nden.
Und die falschen Gö tterbilder Schmü cket sie mit Flitterkrä nzen, Aus dem Schoß e goldner Schilder Lä ß t sie seidne Rö slein glä nzen.
Reiherbü sche pflanzt sie flitternd Auf des Boden Purpurdecken, Diamantne Nadeln zitternd Zä umt sie ein mit Federhecken.
In der Torheit Garten glimmend Rü stet sie ein Weihrauchbecken, Daß die Weihrauchwolken schwimmend, Lü stern halb den Glanz bedecken.
Weh! wer hat sie so verrü cket? Alle Blumen muß sie brechen; Wie des Wahnsinns Braut geschmü cket, Muß ihr keusches Herz erfrechen.
Schamlos tritt sie vor den Spiegel, Ihre Brust zu Tag zu legen, Weh! da blicket Gottes Siegel, Die Goldrose ihr entgegen.
Doch sie ist so tief verstricket, Nichts kann ihre Glut erschrecken, Ihre Blö ß e sie entzü cket, Und sie mag sich nicht bedecken.
Und mit sü ß vertrauten Blicken Sitzt sie auf des Jü nglings Bette; Weltlicher nicht konnt sie blicken, Wenn sie nie gebetet hä tte.
Und sie fü hlt in allen Sinnen Ein unheiliges Ergö tzen Wild durch ihre Adern rinnen, Und sie muß die Zucht verletzen.
Seine Lippen, seine Stirne, Ihren Namen ihm am Herzen, Kü sset heiß die arme Dirne Unter suß berauschten Schmerzen.
Und in seinen Locken spielen Ihre zarten Hä nde bebend, Doch umsonst die Kü sse zielen, Seine Lippen nicht belebend.
An den Busen ihn zu drü cken, Seinen Namen laut zu nennen, Fü hlet sie ein wild Entzü cken, Doch er will sie nicht erkennen.
" Meliore, " spricht sie liebend, " Deine Augen zu mir wende, Sü ß en Dank der Huld ausü bend, Die ich zä rtlich dir verschwende!
Sieh, es will der gü tge Himmel So dich an das Herz mir legen, Wie ich in des Brands Getü mmel An dem deinen bin gelegen!
Wenn du auch nicht wiederkü ssest, Winkend nur ein Zeichen gebe, Mir zum Troste, daß du wissest, Wie ich dich nicht ü berlebe! "
Und die Harfe nimmt die Sü ß e, Lä ß t die Saiten wild erbeben; Ach, die heiß en Liebesgrü ß e Kö nnen nicht sein Aug erheben.
Keuscher Tod, du drü ckst sie nieder, Solche Raserei zu sehen, In dem Klang der giftgen Lieder Soll er sie nicht wiedersehen.
" Ihn, den meine Seele liebet, " Singt sie, " sucht ich in dem Bette, Sucht ihn durch die Straß en ziehend, Fand ihn doch an keiner Stä tte.
Und ich fragt die Wä chter bittend, Die da durch die Straß e gehen: Ihn, den meine Seele liebet, Habet ihr ihn nicht gesehen?
Und vorü bergehend finde Ich den Liebsten meiner Seele, Ihn mit Rosenketten binde, Ihn auf ewig mir vermä hle!
Und ich halt ihn, laß ihn nimmer, Den ich fand auf meiner Schwelle, Fü hr ihn in der Mutter Zimmer, Fü hre ihn in meine Zelle.
Sieh, ich bin ein Rauch von Myrrhen, Auf sich aus der Wü ste hebend, Und, wie Bienenschwä rme irren, Kü sse meinem Mund entschweben.
Weiß und rot ist, den ich minne, Golden sich sein Haupt erhebet; Wenn ich seinen Locken spinne, Schwarz die Nacht den Mantel webet.
Seine Augen mich erquicken Und die Seele mir erhellen, Wie die Taubenaugen blicken Zu den klaren Wasserquellen.
Wie Gewü rze duftend, grü ß en Seiner Wangen Blumenzellen, Sü ß e Myrtenö le gieß en Seiner Lippen Rosenquellen.
Goldne Tü rkisringe zieren Seine klaren Silberhä nde, Elfenbeinern und saphieren Trä gt der Goldfuß seine Lende.
Und er stehet aufgerichtet, Wie die Zedern auserwä hlet, Wie der Libanon umlichtet, Der dem Himmel sich vermä hlet.
Wie mein Saitenspiel, erklinget Sü ß und lieblich seine Kehle, Und zu seinen Lippen dringet Lustberauschet meine Seele.
O, du Bü schel sü ß er Myrrhen, Zwischen meinen Brü sten hä ngend, Sag, wo deine Schafe irren, Sich im Mittagsstrahle drä ngend.
Tö chter Zions, meine Bitte Hö ret und den Freund mir wecket, Schlummernd vor der Zedernhü tte Unter Rosen ausgestrecket.
Daß er blü hend aufgerichtet: Sü ß e Freundin, zu mir spreche, Komme her, die Gott gedichtet, All die Rosen mit mir breche!
Sieh, verschwunden ist der Winter, Und dahin ist Sturm und Regen, Und die Blumen, Frü hlingskinder, Spielen schon auf grü nen Wegen.
Meine Wangen lieblich flimmern, In den Spangen, in der Kette Sehe meinen Hals erschimmern, Und es grü net unser Bette!
Wie die Traube Copher schwillet Zu Engeddi in den Gä rten, Und der Lippen Kelch erfü llet, Kü ß ich meinen Lustgefä hrten!
Zedern fest das Haus uns stü tzen, Unsre Latten sind Zypressen, In dem Schatten will ich sitzen Und der Schmerzen all vergessen.
Unterm Schatten will ich sitzen; Des die Seele mir begehret, Wie der Apfelbaum bei wilden Bä umen, ist mein Freund verehret.
Deiner Lieb Paniere schwinge Ü ber mir, du Hoch und Heller, Und du Freundlicher, mich bringe In des sü ß en Weines Keller!
Und mit Blumen mich erquicke, Mich zu laben Ä pfel gebe; Krank bin ich vor Liebe; blicke, Blicke auf, mich zu beleben!
Unter deinem Haupt die Linke Muß dich meine Rechte herzen, Wenn ich deinen Kuß nicht trinke, Muß verdü rsten ich in Schmerzen!
Sieh, die Honigbienen irren In dem honigsü ß en Lenze, Und die Turteltauben girren; Komme, mein Freund, daß ich dich krä nze!
Sieh, dem Feigenbaum entspringen Knospen; aus dem Aug der Reben Sü ß e Wollustträ nen dringen; Also weint mein junges Leben!
Wie in dunklen Felsenritzen Turteltauben auf dem Neste, Also will ich bei dir sitzen In dem Glanz der Blü tenä ste.
Und es tö net meine Stimme Sü ß, o sü ß ist meine Kehle, Bis wetteifernd sü ß ergrimme und verglimme Philomele.
Und ich singe zu dir nieder: Mein bist du und mir gegeben, Und es sehn dich meine Lieder Unter Rosen weidend schweben! "
Wie sie also tö richt singet, Spricht Meliore: " Meine Schwester, Fromme Taube, ach, es schlinget Sich des Todes Band nur fester!
Nachttau mir vom Haupte fließ et, Und es wecket mir im Herzen, Wenn sich gleich mein Auge schließ et, Deine Liebe bittre Schmerzen!
Mein Gewand, ich legt es nieder, Soll ich wieder an es legen? Nach dem Bad die Fü ß e wieder Mir besudeln auf den Wegen?
Deine Augen gleichen Blitzen, Deine Augen von mir wende! Meinem Herzen Degenspitzen Scheinen deine zarten Hä nde! "
Aber wehe! nicht vernimmet Sie den schweren Namen Schwester, Glü hender ihr Wahn entglimmet, Sie umklammert ihn noch fester.
Und sie spricht: " Der Kelch der Lilien Unserm Bett das Rauchfaß schwenket, Unser Dursten zu vertilgen Sich der Traube Becher senket.
Unsre Tü r umgeben Frü chte, Ich bewahrte dir, mein Leben, Heurige und fernge Frü chte, Beide kann ich dir nun geben!
O, du Liebe in Wollü sten! O, du schö n und lieblich Schweben! Trauben gleichen meine Brü ste, Trauben wundersü ß er Reben!
Einer Palme aufwä rts dringend Gleichet meines Leibes Lä nge, Wie der Wein hinan sich schlinget: O, wer sich hinan so schwä nge!
Laß uns durch die Felder ziehen, Ob uns sieht das Aug der Reben, Ich will, wenn Granaten blü hen, Dort dir meine Brü ste geben.
Dich, der meiner Mutter Brü ste Saugte, Bruder, dich den Schö nen, Wenn ich dort dich brü nstig kü ß te, Ach, wer wollte mich verhö hnen! "
Als sie diesen Frevel singet, Springt sein Blut ihr neu entgegen; Der Verband, der Hilfe bringet, Kann die Raserei nicht legen.
Und von ihrem Nonnenbilde Reiß t sie in der Angst die Decke, Daß damit das Blut sich stillte, Und es dienet ihrem Zwecke.
Als sie zu dem Bilde blicket, Fü hlet sie ein tief Erschrecken, Scham sie wie ein Schwert durchzü cket, Und sie eilt, sich zu bedecken.
Von des Bildes Augen fließ en, Wunder Gottes! bittre Trä nen, In die Arme muß sies schließ en, Ach, sie mö chte es versö hnen!
Und dem Bilde gegenü ber Sitzt zur Harfe sie am Bette, Und die Augen strö men ü ber Der verlorenen Biondette.
" Wo ist die, die aus der Wü ste Aufgeht, auf den Freund gelehnet? " Spricht Meliore nun, und grü ß te Sie, nach der sein Herz sich sehnet.
" Auf dein Herz gleich einem Siegel War sie wahrlich doch gesetzet. Goldne Rose, deinen Spiegel Hat die Schlange bö s verletzet.
Um den Apfelbaum sich schlingend, Der die Mutter dir bedeckte, Als sie rang, zur Welt dich bringend, Bö s die Schlange mich erweckte! "
Aber traurend sitzt die Sü ß e, Lä ß t die Harfe leis erbeben, Daß ihn schö n das Leben grü ß e, Das die Liebe ihm gegeben.
Wie die Tö ne sich ergieß en, Fü hlt die Jungfrau in dem Herzen Wunderbaren Zauber fließ en Und so sü ß e, wilde Schmerzen.
Hö her sie die Saiten schwinget, Denket nicht mehr des Gesellen; Wie der Schwan im Tode singet, Glü hend ihre Tö ne schwellen.
Tausend Tö ne, die sonst schliefen, Aus der Harfe lebend brechen, Und in allen Herzenstiefen Hö rt sie laut das Echo sprechen.
In dem Tode hallt es wider; Schü chtern zu des Lebens Schwelle Rufen ihn die Zauberlieder, Seine Blicke werden helle.
Wer erklä rt ihm die Gesichte, Wer ergieß t des Himmels Segen? Ist so mild das Weltgerichte, Kommt die Gottheit ihm entgegen?
" Sü ß er Tod, den ich erlitten! Goldne Tö ne zu mir gehen, Selig in des Himmels Mitten Soll ich wieder auferstehen! "
Aus Biondettens frommen Mienen Strö met ihm das selge Wä hnen, Gottes Mutter sei erschienen, Und er betet unter Trä nen.
Doch die arme Jungfrau singet Unter bittren, bittren Trä nen, Wä hrend sie die Hä nde ringet: " O, welch schmerzlich glü hes Sehnen!
Schwarz bin ich, doch voller Liebe, Wie die Hü tten Kedars stehen, Wie die bunten Teppche schimmernd Salomons im Tempel wehen.
Die Weingä rten zu behü ten, Setzten sie mich ein zum Wä chter, Meinen konnt ich nicht behü ten, Von Jerusalem ihr Tö chter!
Wie der Tod so stark ist Liebe, Fest der Eifer wie die Hö lle, Glut und Feuer meine Triebe, Wie des Herren Blitz so schnelle.
Und wenn alle Wasser stiegen, Und wenn alle Strö me rä nnen, Wü rden sie sie nicht besiegen, Nimmer sie erlö schen kö nnen!
Was in meinem Haus sich findet, Alles Gut, wenn ichs wollt geben Um die Liebe, die mich bindet, Ach, ich hä tte nichts gegeben!
Schö n und lieblich meine Fü ß e In den goldnen Schuhen stehen, Und mein Haupt, wenn ich ihn grü ß e, Ist wie eines Helmbuschs Wehen!
Wie zwo Spangen schö n sich schwingend, Von des grö ß ten Meisters Hä nden Eben aneinander dringend, Stehen freudig meine Lenden! "
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