Romanzen vom Rosenkranz 7 страница
Dem Theophilo wohl neben Dorotheo zugeordnet Wä r er, Triboniano helfend Bei den Institutionen.
Er wä r recht der Mann gewesen |Repetitae praelectionis Codicem| ins Licht zu stellen, Und |nearai diataxeis|.
Aber spä trer Zeit zur Ehre War er recht ein Schmuck geboren Auf Bononischem Katheder |Magnae matris studiorum|
Wo Irnerius gelehret Seine Justinianischen Glossen, Bulgar, Gosias gelebet, Hugo und Glossatoren.
Weil er ganz besonders ehrte Jakob vom Ravenner Tore, Hat er sich nach ihm genennet Gar bescheiden Jacopone.
Und Accursius war sein Lehrer, Otofredus diesem folgte; So hat er das Recht erlernet Nach der Summa des Azzonis.
Und kaum dreiß ig Jahre zä hlt er; Um die hohe Stirne Locken Wallen braun aus dem Barette, Und sein Bart ist schö n geordnet.
Wenn er im Ornate stehet Und kreieret die Doktoren, Fließ et ihm die stolze Rede Gleich dem zweiten Cicerone.
Wü ß ten das, was er vergessen, Manche andre Professoren, Wä re ziehenden Studenten Ö fters aus der Not geholfen.
Und so ganz in Ehren schwebend, Lebte er in seinem Stolze; Seinem Ruhm sind nah und ferne Tausend Schü ler nachgezogen.
Dunkler Herkunft zu entstreben, Hat ihn so sein Fleiß erhoben, Denn nicht seinen Vater kennt er, Seine Mutter starb verborgen.
Er begann sein Jugendleben Mit zwei Brü dern in dem Kloster; Pietro ward ein Blumengä rtner, Noch studieret Meliore.
Da er stieg zu dem Katheder, Nahm zum Weib er Rosarosen, Eine Jungfrau auserlesen, Eines Arztes Pflegetochter.
Als er ging zur Doktorehre Durch der Aula hohe Pforte, War die Zü chtge ihm begegnet, Und er sprach zu ihr die Worte:
" Schö ne Jungfrau! Ihr begegnet Mir an sehr gefä hrlchem Orte, Jetzo ich zu streiten gehe |De bonorum possessione|.
Und die Schä tze aller Welten Habe ich bei Euch verloren, Nichts besitz ich auf der Erde, Da Ihr mich mir selbst genommen.
Was ich kü nftig nun erwerbe, Habt Ihr schon von mir gewonnen. Geht und betet, daß die Ehre Mir nicht gehe heut verloren! "
Rosarose sah beschä met An den glatten Marmorboden: " Ich erfleh Euch, Herr, die Ehre", Sprach Sie, " und halt Euch beim Worte:
Daß Ihr mir sodann die Ehre Teilet, die ich Euch erworben, Und nie nehmet mir die Ehre, Die um jene Gott ich opfre! "
Ach, zu spä t verstand die Rede Rosarosas Jacopone, Und es hat ihn sehr beschweret, Was er damals ihr versprochen.
Und sie schieden; sie zum Tempel, Er zu dem Juristenhofe; Sie erfleht ihm Gottes Segen, Er den Doktorhut erobert.
Als er austritt hochgeehret Unter der Schalmeien Chore, Wird bei Pauken und Trompeten Ihm drei " Vivat hoch! " erhoben.
Doch er blicket allerwegen Nach der Jungfrau dieses Morgens, Ihm will auch der Wein nicht schmecken Bei dem Doktorschmause oben.
Ach, wenn sie den Trank kredenzte, Sä h er in des Bechers Golde Spiegelnd ihre Augen brennen; Ach, wie er dann trinken wollte!
Ach, und wo ihr Mund den Becher Selbst entsauget einen Tropfen, Durstig hä tte er die Stelle Ausgebissen aus dem Golde.
Und in dem Tumult des Festes Schleicht er aus dem lauten Chore, Irret auf verschiednen Wegen, Denn er wuß t nicht, wo sie wohnet.
Wo vor Stunden sie sich trennten, Geht er, ihren Weg verfolgend, In den Garten, nah gelegen, Von Sankt Clarens stillem Kloster.
Lä ngs den still beblumten Feldern Wiegen sich die vollen Rosen, Von den Tö nen tief beweget Einer sü ß gerü hrten Orgel.
Und im stillen Garten stehet Tief erschü ttert Jacopone; Lang hat ihn nicht angewehet Der unschuldge Odem Gottes.
Lange hat er nicht gesehen In das offne Herz der Rosen, Und so frommer Tö ne Wehen War entfremdet seinen Ohren.
Er war in der Bü cher Menge Ganz verriegelt und verschlossen, Und hier, wo die Blumen scherzten, Ist ihm auf das Herz gebrochen.
Brach ihm auf in Liebesschmerzen, Recht wie eine Blumenknospe Ihn Geschmeide keusch ausleget In dem Kuß der jungen Sonne.
Wie verschloß ne Felsenquellen Traurig in dem Dunkel wohnen, Jauchzend dann zutage brechen Zu den Sternen, zu der Sonne,
Und mit bunten Steinen scherzend Und mit Fischen spielend wogen, Wo die Blumen spiegelnd stehen, Von Libellen leicht umflogen.
Wie, dem Kinde gleich, die Welle Gern um Tand die Kö rner Goldes Hingibt, die im Schoß der Berge Sie mit Angst vom Geiz erworben,
Und den sü ß en Blü tenregen Freudig zu dem Fluß hinwoget, Freudiger dann Fischersegel Trä gt, und durch die Mü hle toset,
Hohe Masten dann bewegend In den breiten starken Flossen, Und dann kü hne, volle Segel Fü hret, recht in hohem Stolze,
Dann dem ganzen Elemente Sich hingebend, abwä rts tosend In die hohen, vollen Meere, Stirbt in Wiedersehens Wonne;
So fand er sich tief beweget Und, dem Bü cherstaub entronnen, Neue Liebe in dem Herzen, Zwischen Blumen in der Sonne.
Doch da eine Stimme schwellend Sich ergieß t zum Orgelstrome, Schreitet er zu der Kapelle, Die in Bü schen steht verborgen.
Und er wurzelt auf der Schwelle; Rosarosa schlä gt die Orgel Singend, ohne ihn zu sehen, Zwischen Engelbildern golden.
Auf dem kleinen Orgelwerke Steht das Bild der Mutter Gottes, Frische Rosen reicht ein Engel Unserm Herrn in ihrem Schoß e.
Und das Bild des andren Engels Hebt empor in goldnem Korbe, Singend auf und niederschwebend, Einen sü ß en, bunten Vogel.
Und die leichten Bä lge tretend, Sieht er einen goldumlockten, Schö nen Knaben freudig schweben. Ach! er glich dem Liebesgotte,
Wä re nicht so fromm sein Wesen; Doch ihm fehlen Pfeil und Bogen, Und ein Kreuz im Arm ihm lehnet Aus zwei jungen Weidensprossen.
Einen Rosenstrauß am Herzen, Schlummert still sein Lamm am Boden; Niedersinket auch zur Stelle Auf die Kniee Jacopone.
Ihr Gesang sich so erhebet: " Heilge Jungfrau! Mutter Gottes, Denke, wie sandst im Tempel Jesum, den du glaubst verloren,
Streitend mit den Schriftgelehrten, Mit den Ä rzten, Philosophen, Wie er als ein Kindlein redet Wunderbare, hohe Worte.
Als er fragt: `Ihr Mä nner, wessen Sohn Messias wird geboren? ' Alle kecklich zu ihm sprachen: `Davids Sohn wird er geboren! ' —
`Warum dann, ' dein Kind versetzte, `Nennt ihn David seinen Obern? Sprach der Herr zu meinem Herren: Du sollst mir zur Rechten thronen,
Daß ich dir zu Fü ß en werfe Deine Feinde an den Boden! ' — `Hast die Bü cher du gelesen? ' Fragte Jesum dann ein Doktor.
Und dein Kind sprach: `Ja, gelesen Und auch das, was drin verborgen. ' Dann erklä rt er dem Propheten Satzungen und dunkle Worte.
Allen war er ein Entsetzen; Ä rzte und die Philosophen, Pharisä er, Schriftgelehrte Muß ten Kinderweisheit loben.
Hohe Mutter, o gedenke, Wie dein Herz in Freuden wogte, Da du dort in solchen Ehren Wiederfandest den Verlornen.
Zu ihm sprachst du: `Warum setztest Mich und Joseph du in Sorgen, Die dich suchten allerwegen, Glaubten, du seist uns verloren? '
Und dein Kind sprach, zu dir redend: `Warum sucht ihr nach dem Sohne, Dem ihr selbst als Zucht gelehret, In des Vaters Haus zu wohnen? ' —
O Maria! denk der Ehren, Die die Meister dir da boten, Preisend deines Leibes Segen, Der so weis ein Kind geboren!
O, verleihe deinen Segen Jenem Jü ngling, der heut morgen Mir so huldvoll ist begegnet An des Rechtshofs hoher Pforte!
Fü r ihn bring ich meine Ehre Deinem Gottessohn zum Opfer, Lasse ihn das Recht vermehren Zur Vermehrung des Lob Gottes!
Laß geehrt nach Haus ihn kehren, Recht zu seiner Mutter Wonne, Denk der Freude, denk der Ehre, Die du sahst an deinem Sohne! "
Als sie so das Lied geendet, Gab der Knabe gute Worte: " Ich will singen, ich will beten; Schlag auch meinem Lied die Orgel! "
Und die Jungfrau ohn Bedenken Seiner frommen Bitte folget, Und er singt, die Bä lge tretend, Wie ein Engel klar aus Wolken:
" O, mein Jesulein, gedenke Deiner hohen, weisen Worte, Als Zachä us dich belehren In dem Aleph Beta wollte!
`Sage Aleph! ' sprach der Lehrer; `Aleph, hast du fromm gesprochen; Nun sprich Beth! ' der Mann begehrte; Da sprachst du zu ihm die Worte:
`Nein, ich sprech Beth nicht eher, Bis mir Aleph deutlich worden; Du sollst erstlich mich belehren, Warum Aleph so geformet. '
Und da sahst du deinen Lehrer In Unwissenheit betroffen; Sprachst: `Ich will dich nun belehren, Wie das Aleph ist geformet.
Aus drei Strichen es bestehet, Weil auch steht die Einheit Gottes, Dieses Aleph alles Lebens, In drei gö ttlichen Personen! ' —
Als dein Lehrer ob der Rede Dich, o Jesu, schlagen wollte, Muß te er zur Stunde sterben, Der gen Gott die Hand erhoben!
O du Anfang, o du Ende Aller Weisheit ausgeboren, Allbarmherziger, o spende Weisheit zu der Frommen Troste! "
" Amen! " sang die Jungfrau bebend, " Amen! " sang da Jacopone, Und da sie ihn sah, sich wendend, Blü hen ihrer Wangen Rosen.
Und sie geht aus der Kapelle; Auch der Knabe hin ihr folget, Wo in einem Rosenzelte Freudig tanzt ein frischer Bronnen.
Und zu Rosarosen redet Zä rtlich dankend Jacopone: " Gott erhö rte gern dein Beten, Durch dich bin geehrt ich worden.
Was ich heut von dir erflehet, Ist mit Ruhm an mir erfolget, Um dich ward mein Haupt bedecket Mit dem Doktorhut der Rechte.
Und nun mö chte ich die Ehre Mit dir teilen, Fromme, Holde; Ach, wie auf so selge Wege Hast du, Jungfrau, mich gelocket!
Aus dem dunklen Bü cherkerker In den Blumensaal der Sonne, Zu der heimlichen Kapelle, In den selgen Klang der Orgel!
Sieh, es tanzet meine Seele Auf dem frohen Strahl des Bronnens, Und sie faltet ihre Hä nde, Dir ihr Herz in Liebe opfernd! "
Rosarosa ihm entgegnet: " Freund, ich bin dir wohlgewogen, Doch ich kenne keine Eltern; Kannst du lieben eine solche?
Mich gefunden und gefleget Hat des Arztes Weib Dolores; Sie erbaute die Kapelle, Stiftete die kleine Orgel.
Dort fand sie des Grabes Stelle, Und ich lebe von vier Soldi, Die sie tä glich ausgesetzet, Daß ich sing und spiel die Orgel.
Mir zum Vormund ist gesetzet Fromm ein Priester, der Benone, Bis ich in den Ehstand gehe Oder trete in ein Kloster.
Sonst kann ich auch schreiben, lesen, Schnü re wirken und auch Borten, Spinnen und Tapeten weben, Sticken Silbernes und Goldnes.
Und daß ich nicht mü ß ig gehe, Habe ich im Klosterhofe Eine Schule angeleget In des Kreuzgangs hohen Bogen.
Oft auch hier bei dieser Quelle Zu mir meine Kinder kommen, Mannigfaltge Schulgesellen Sich aus allen Winkeln holend.
Hier der Knabe war der erste, Der sich selbst mir angeboten, Und mit seines Lammes Schelle Andre Kinder angelocket.
Wie sich meine Schü ler nennen, Weiß ich nur durch ihre Worte, Kenne keines einzgen Eltern, Meine Schul ist frei und offen.
Und die Mü tter stehn oft ferne, Lauschend an der Gartenpforte; Tä glich mehret sich die Herde, Und ich lehr um Gottes Lohne.
Und die gute Hirtin nennen Mich die Kinder, und ich wollte, Hä tt ich nimmer dich gesehen, Keinen andern Namen borgen. " —
" Hä ttst du nimmer mich gesehen! " Jacopone wiederholet; " Hä tt ich nimmer dich gesehen! O, wie sind dies goldne Worte!
Wä ren nimmer sie geredet Mit so liebem, sü ß em Tone, Mö chte ich in diesem Leben Nimmer sehen diese Sonne!
Unser Los ist gleich gestellet, Unser Wü rfel gleich geworfen; Auch ich kenne keine Eltern, Ward im Kloster auferzogen.
Willst du deine Hand mir schenken, So will ich dir angeloben: Du magst deine Kinder lehren, Du magst spielen hier die Orgel.
Wenn mein Reichtum sich vermehret Durch den Ruhm, den ich erworben, Will ich in das Haus noch nehmen Meinen Bruder Meliore.
Einen Garten auch erwerben Pietro, dem Zuletztgebornen Meiner Mutter, der jetzt lernet Blumen pflegen in dem Kloster. "
Und dann hat er ihr gegeben Einer Rose Doppelknospe, Und mit scheuen Fingern trennen, teilen sie die Zwillingsrose.
Tief sich in die Augen sehend Waren sie vor Gott verlobet, Wuß ten nicht, wie es geschehen, Waren still und voller Wonne.
Aber Rosarosa redet, Da sie hö rt des Lammes Glocke: " Lebe wohl, auf Wiedersehen! Meine Schü ler hö r ich kommen! "
Jacopone spricht: " Ich gehe Hin zum alten Mö nch Benone, Unsern Bund ihm vorzulegen. " Und dann eilt er von dem Bronnen.
Einsam Rosarosa stehet, Blicket in den Strahl des Bronnens; Wie er sinket, wie er schwebet, Fü hlt sie in dem Herzen pochen.
In den Hä nden die getrennte, Sonst gepaarte Zwillingsrose, Und es fließ en ihre Trä nen Auf die stille Rosenknospe.
Eilet dann zu der Kapelle, Findt an der belaubten Pforte Ihre kleine Schü lerherde Feierlich im Kreis geordnet.
Und der Knabe trä gt in Hä nden Einen Kranz von weiß en Rosen, Einen Schä ferstab, weiß blendend, Sprach zu ihr die sü ß en Worte:
" Du hast dich in der Kapelle, Hirtin, heut dem Herrn verlobet, Der ein treuer Hirt, die Herde Weidet an dem Himmelsbogen.
Und darum soll ich dich krä nzen Mit dem Brautkranz weiß er Rosen Und den Schä ferstab dir geben, Daß du denkest deiner Worte! "
Rosarosa kniet zur Erde, Und er krä nzt die dunklen Locken Mit den weiß en Rosen blendend, Gibt den weiß en Stab der Holden.
Und die Kinder sie umgeben, Freuen sich der Rosenkrone; Jacopones und des Herren Denket weinend Rosarose. —
Wenig Sonnen untergehen, Und herauf ziehn wenig Monde, Wenig volle Rosen sterben Aufgekeimt sind wenig Knospen,
Da geschmü ckt am Altar stehen, Vor dem alten Mö nch Benone, Rosarosa, weiß bekrä nzet, Rotbekrä nzet Jacopone.
Als sie goldne Ringe wechseln, Fä llt das Ringlein Jacoopones Springend nieder an die Erde, In dem Kreise weit hinrollend.
Und dem Knaben, der zugegen, War es endlich zugerollet, Der es in dem Lilienkelche, Den er trug, der Braut geboten.
" Nimm den Ring im Lilienkelche", Sprach das Kind, " und denk des Opfers, Da du um des Jü nglings Ehre Deinem Herrn dich hast verlobet! "
Und er schied. Sie nahm erbebend Nun den Ring, und Jacopone Wuß te nicht, was sie beschwerte, Da sie schwer das Ja gesprochen.
Und der Priester sprach den Segen; Traurig weinte Rosarose, Als sie still von dannen gehen; Freudig weinet Jacopone.
An des Tempels Marmorschwelle Sprach die Jungfrau: " Jacopone, Laß mich gehn zu der Kapelle, Einsam meinen Herrn zu loben.
Daß ich fromm am Abend kehre, Bei dir in dem Haus zu wohnen; Einen Trunk aus unsrer Quelle Bring ich dir und viele Rosen. "
Einsam geht nun der Geselle, Seine Kammer schö n zu ordnen. Pietro hat zum Schmaus gebeten Er, und auch den Meliore.
Und es steigt im Abendmeere Feurig nieder schon die Sonne, Und es zieht die Sternenherde Vor dem Monde durch die Wolken.
Rosarosa noch nicht kehret; Pietro spannt die Blumenbogen, Und es zü ndet hundert Kerzen In der Kammer Meliore.
In der Kammer Mitte stehet Blank ein Tischlein, wohlgeordnet, Zierlich ist da aufgedecket Fü r vier frö hliche Personen.
Pietro Rosarosens Teller Ziert mit einer Myrtenkrone, Und zwei kü nstliche Sonette Legt dazu ihr Meliore.
Aber von dem Hochzeitsbette Springet traurig Jacopone: " Will mein Weib denn noch nicht kehren, Gehe ich, sie mir zu holen!
Was des Kaisers ist soll geben Man dem Kaiser, Gott was Gottes, Und der Mann, er soll sich nehmen, Was ihm ward vor beider Throne! "
Seinen Mantel umgeleget Hat er dann im Liebeszorne, Und mit raschen Schritten geht er, Doch der Garten ist verschlossen.
Er vernimmt ein leises Reden, Doch das Sprudeln jenes Bronnens Und der Bü sche flü sternd Wehen Ü berrauschet ihm die Worte.
Eifersucht seine Herz durchbrennet, An sich hä lt er seinen Odem, Aber nur der Bü sche Wehen Hö rt er, und des Herzens Pochen.
Und er findet eine Stelle An der Mauer ausgebrochen, Und behutsam ü berkletternd Kommt er an des Gartens Boden.
Durch die Gä nge schleicht er, geht er; Der wollü stge Duft der Rosen Schü ret ihm die Brust noch enger, Und er greift nach seinem Dolche.
Ach, es spiegeln sich die Sterne In dem blanken, bö sen Dolche. Ach, wie schrecklich sind die Sterne, Denkt im Herzen Jacopone.
Unbekü mmert um mein Elend Spielen sie mit meinem Dolche; Nein, sie sollen ihn nicht sehen! Und er haucht ihn an mit Odem.
Aber seine Trä nen nehmen Stets den Odem von dem Dolche. Und die Sterne ruhig sehen In den Stahl den Himmelsbogen.
Und nun hö rt er wieder reden, Und er hö rt die leisen Worte: " Du wirst mich nicht wiedersehen Als bei deinem frü hen Tode!
Was du unterm Herzen trä gest, Ist ein Pfand von dem Verlobten; Wolle nie des Leibes Tempel Einer andern Liebe opfern! "
Rosarosa dann entgegnet Sammelnd liebestrunkne Worte: " Ja, ich bin die Magd des Herren, Dem ich liebend bleib verlobet!
Was ich trage unterm Herzen, Bleibt dir treulich aufgehoben, Durch dich mag es heimlich leben, Durch mich werde es geboren.
Nimmer habe ichs gesehen, Nimmer werde ichs sehen wollen, Unbekannt ie meine Seele, Die durch Gott den Leib bewohnet.
Stü nd geschrieben mir am Herzen Gar die Stunde meines Todes, Nimmer wü rde sie gelesen, Und ich stü rbe unverhoffet.
Keusch bleibt meines Leibes Tempel Dem Geliebten nur geopfert, Meine Blicke haben selber Nimmer Teil an mir genommen.
Wenn der Himmel ist bedecket, Ohne Sterne, Mond und Sonne, Hab ich hier in dieser Quelle Einsam kü hl das Bad genommen.
Meines Herren Aug erhellte Mir das Herz mit Liebeswonnen, Unter Beten, unter Flehen Bin ich ihm so lieb geworden.
Und sah ich am Tag die Quelle, Die mich nä chtlich kü hl umschlossen, Schamrot konnte ich wohl wetten In der Rö te mit den Rosen.
Leb dann wohl, auf Wiedersehen, Du geliebter Blondgelockter! Werde in des Todes Wehen Rosarosen einst zum Troste! " —
Und nun hö ret jemand gehen Durch den Garten Jacopone, Und er sucht ihm zu begegnen, Irret durch die Laubenbogen.
Ach, in seinem Herzen wehen Hö llenflammen tiefen Zornes, Den Geliebten Rosarosens Will er mit dem Dolch durchstoß en!
Mondhell fand er eine Stelle, Und es rauschet Laub am Boden; Mit gezü cktem Dolch verstecket Er sich im Gebü sch der Rosen.
Schon sieht er den Schatten schweben Des verhaß ten Blondgelockten, Und er hat in bö sem Streben Seinen Dolch schon hoch erhoben,
Als der Knabe vor ihm stehet Und ihm ruhig sagt die Worte: " Jacopone, wiedersehen Wirst du mich bei deinem Tode! "
Und er fü hlte sich gefesselt Und stieß nieder mit dem Dolche In die kalte, harte Erde; Hat sich lange nicht erholet.
Als er wieder sich erhebet, War sein Sinn ganz wild verworren, Auch der Himmel war bedecket Mit dem Mantel schwarzer Wolken.
Und an Rosarosen denkt er: War der Knabe nur ein Bote? Sie muß selbst den Herrn mir nennen Oder sterben von dem Dolche!
Und nun tappt er nach der Quelle Durch die dunkeln Laubenbogen, Und er hö ret Rosarosen Badend plä tschern in dem Bronnen.
Und in seinem Herzen reget Sich ein Strahl geheimer Wonne. " O, wie boshaft seid ihr, Sterne, Daß ihr jetzt euch habt verborgen!
Meine Augen, Feuerspeere, Mö chten gern die Nacht durchbohren, Daß der helle Tag anbreche Glä nzend mit der vollen Sonne;
Daß ich meine Braut kö nnt sehen In dem Schoß kristallner Wogen, Sü ß errö tend in dem Tempel, Taufend voller Liebesrosen!
In den Arm wollt ich sie nehmen, Und mit lustberauschten Worten Meines Gartens Rosen brechen Beim Gelä ut der Blumenglocken! "
Also denkt er, und es hebet Sich ein lauer Wind von Osten, Der die Bä ume leis beweget Und im Laube laut ertoset.
Und es wirft zur Badequelle Viele Rosen Jacopone, Doch im Bad die Jungfrau denket, Daß der Sturm sie abgebrochen.
" O Geliebter", spricht sie betend, " Nicht mit Rosen, nur mit Dornen Deine arme Dienrin treffe, Weil sie dir das Wort gebrochen! "
Doch nun schleicht zu der Kapelle, Zü ndet an der Ampel Dochte Jacopone eine Kerze, Trä gt sie unterm Hut verborgen.
Da er kehrt zum Rosenzelte, Da er nah des Bades Bronnen, Fü llt er plö tzlich mit der Kerze Schein die dunkle Blumengrotte.
Rosarose taucht erschrecket Schreiend nieder in den Bronnen, Alle Sinne ihr vergehen, Als wä r sie vom Blitz getroffen.
Und es lö schte aus die Kerze Vom Gespritze. Jacopone, Ach, er hat sie nackt gesehen, Nimmer wird der Anblick frommen!
Und sie weinet, und sie flehet, Daß er fliehe ovn dem Orte; Aber er war tief verblendet, Sprach zu ihr die harten Worte:
" Fü r mich bist du nicht zu sehen, Aber fü r den Blondgelockten; Das, was du trä gst unterm Herzen Soll mir ewig sein verborgen!
Ihm willst du nicht Treue brechen, Aber mir ist sie gebrochen; Aber jetzt sollst du ihn nennen, Und dann will ich dich durchbohren!
In des frechen Blutes Quelle Soll errö ten dieser Bronnen, Sich und dich der Lü ge schelten, Denn hier hast du mich belogen! "
Stammelnd ihm entgegnet: " Herr und Gatte, hö r mein Flehen! Ehe du mich willst ermorden, Laß mich an die Kleider legen,
Daß mich nicht errö tend sehe So entblö ß t der junge Morgen; Herr, nur aus der Laube trete, Ich will rufen dich zum Morde!
Denn ich kann dir nimmer nennen, Was mir unterm Herzen wohnet, Da ichs nimmer hab gesehen, Da es immer bleibt verborgen.
Herr und Gatte, hö r mein Flehen! Laß mich beten vor dem Tode, Laß mich nicht so elend sterben Ohne Sakramentes Troste! "
" Das will ich dir zugestehen! " Sprach voll Unwill Jacopone, " Doch die Kleider dir verstecke Ich, daß du nicht kommst vom Orte.
Ich will bald zurü cke kehren Mit dem alten Mö nch Benone; Der den bö sen Bund gesehen, Seh zerhauen auch den Knoten! "
Und mit ihrem Mantel gehet Schnell von dannen Jacopone. Hartes Weh ist ihr geschehn, Die zurü ckblieb in den Wogen.
Doch den Herrn um Hilf anflehend, Ist ihr Herz erstä rket worden, Mutig stieg sie aus der Quelle, Und die Nacht ist dunkler worden.
Da sie nackt in der Kapelle Bleibe vor dem Licht verborgen, Breitet sie der Haare Flechten Um sich her bis auf den Boden.
Und auf ihre Augen senket Nieder sie den Kranz der Rosen, Den als Braut sie aus dem Tempel Traurig trug in ihren Locken.
Da sie tritt zu der Kapelle, Ist die Lampe schnell erloschen, Ihre Keuschheit zu verehren; Und sie suchet an der Orgel,
Wo der goldne Schlü ssel hä nget Zu dem Grabe der Dolores; In verzweifeltem Gebete Hat sie dann die Gruft erschlossen.
Und die Stufen abwä rts tretend Sprach sie: " Heil euch, heilge Toten! Wollet meine Blö ß e decken, Einer armen zü chtgen Tochter! "
Und sie hö rt die Stimme beben Der verstorbenen Dolores: " Liebe Tochter, wir dir geben Hilfe, kniee an den Boden! "
Und sie fü hlt sich um die Lenden Ein Cilicium geschlossen, Und von einer schnellen Schere Ihre Locken abgeschoren,
Dann mit seidenen Gewä ndern Ihren zü chtgen Leib verborgen, Hö rt dann nahe vor sich reden Die unendlich sü ß en Worte:
" Den Buß gü rtel um die Lenden Trage, bis bei deinem Tode Deine arme Schwester erbet; Bü ß um meine Schuld, o Tochter!
Trage zü chtig, die dich decken, Diese farbgen Seidenstoffe, Und die Schuld, die sie beflecket, Helf mir bü ß en, liebe Tochter!
Einstens werd ich bei dir stehen; Zu unendlich sü ß em Troste Wirst du deine Mutter sehen; Jetzo gehe, sü ß e Tochter! "
Und es scheidet Rosarose Freudig von der gü tgen Toten, Hä ngt den Schlü ssel an die Stelle, Da sie hat die Gruft verschlossen.
Und die Lampe brennet helle; Sie setzt freudig sich zur Orgel, Lä ß t ein Requiem erschwellen, Recht in freudig vollem Tone.
Als in des Benone Zelle Eingetreten Jacopone, Lag der Alte im Gebete Und sprach hö rbar diese Worte:
" Herr, dein Aug nicht von mir wende, Wenn ich steh in bö sem Zorne! Herr, o leite meine Seele Durch des Sü ndenmeeres Toben!
Herr, laß keinen trostlos sterben, Ohne heilge Sakramente, Laß den Sü nder nicht verderben, Ohne Buß vor seinem Ende! "
An der Zelle Tü re stehet Dieses hö rend Jacopone, Und von Schrecken ganz erbebet Pochet er und ruft: " Benone! "
Und, die Tü r geö ffnet, redet Ernst der Mö nch: " O Jacopone, Gott hat mein Gebet gesegnet, Daß du bist an diesem Orte!
Doch du hast ein wildes Wesen, Was willst du mit diesem Dolche? Deine Haare um dich wehen, Kommst du, mich hier zu ermorden?
Oder hast du Rosarosen, Deine fromme Braut, erstochen? Fremde Lieb bei ihr erkennend, Was der Herr verhü ten wolle?
Oder hast du gen dich selber Diesen bö sen Stahl erhoben, Willst in blinder Wut du sterben? O, du armer Jacopone!
Weh, ich seh Rosarosens Mantel deinem Arm entrollet! Rede, rede, du Entstellter, Gibt dem stummen Schrecken Worte! "
" Vater, zu dem Garten gehe, " Spricht nun bebend Jacopone, " Wo mein Weib in der Kapelle Tä glich singet zu der Orgel.
Trete zu ihr an die Quelle, Wo sie badet in dem Bronnen, Laß sie beichten, laß sie beten, Eh sie stirbt von diesem Dolche.
Daß sie nackt die Flucht nicht nehme, Hab ich ihr Gewand genommen; Du magst rü cklings hin es werfen, Wenn du zu dem Bronnen kommest. "
Und der Mö nch schließ t seine Zelle, Folgt zum Garten Jacopone. Da sie an der Brü cke stehen, An des Reno blauen Wogen,
Spricht der Mö nch zu dem Gesellen: " Wirst du mich nicht hier durchbohren, Mich dann in den Reno werfen? Sieh, ich trau nicht deinem Dolche;
Gib ihn mir doch aufzuheben! " Und es gibt ihn Jacopone, Und sie gehn. Doch unbemerket Wirft der Mö nch ihn in die Wogen.
Vor dem Garten nun begehret Seinen Dolch der Jacopone: " Er ruht in des Reno Wellen! " Spricht zu ihm der Mö nch Benone.
Und die Arme um ihn legend Kü ß t die Stirn er Jacopone, Spricht: " Zu deiner Kammer kehre, Deine Seele steht im Zorne!
|