Romanzen vom Rosenkranz 6 страница
Doch zu viel sitzt seinem Weibe Bei dem Buche der Gesell, Und sie schweift zum Zeitvertreibe Durch den weiten Garten schnell.
Und sie sieht zur ihr herreiten Auf dem ragenden Kameel, Der sie will zur Freiheit leiten, Stolz den hohen Samael.
" Wollet mich zum Baum doch leiten", Spricht er, " der im Garten steht, Der verboten ist euch beiden, Auf daß ihr euch nicht erhö ht!
Aus des Buches Heimlichkeiten Hab ich heute eingesehn: Wer der Frü chte iß t, wird schreiten Auf zu Gott, ja gleich ihm stehn. "
Und gefü hret von dem Weibe Greift zum Baume Samael; Daß er ungetö tet bleibe, Zeigt er essend ohne Hehl.
Und das Weib zum Baume greifet; Aber wehe! vor ihr schnell Zu der Erde niederschweifet Todesengel Azrael.
Sie gedacht in tiefem Leide, Daß sie nicht alleine sterb. " Sterben wir doch besser beide, Daß kein Weib ihn mehr erwerb. "
Zu dem Mann ist sie geeilet, Der bei seinem Buche steht; Bis die Sü nde er geteilet, Eher sie nicht von ihm geht.
Und der Herr sah es mit Neide, Und aus Adams Hä nden schwebt Weg das Buch, daß er mit Leide Seinen Blick zu Gott erhebt.
Und er schlug sein Haupt und weinte, In den Gichon-Fluß sich stellt, Und so jammerte und weinte, Daß er bis zum Haupt ihm schwellt.
Und der Schimmer seines Leibes Rostet und wird trä g und schwer, Und es wird zum Fluch des Weibes, Daß mit Schmerzen sie gebä r.
Gott stü rzt sie vom Paradeise, Und sie stü rzten ab, getrennt; In der Erde tiefstem Kreise Adam sich zuerst erkennt.
Erez Hattachtona heiß et Sie und Welt im finstern Kern; Aber Luzifer beweiset Sich als einen guten Herrn.
Er schickt zu dem zweiten Kreise Adamah, den Erdgesell, Daß den Boden er aufreiß e Und das Bergwerk ihm bestell;
Wo er hundert Jahre bleibet. Lilith drang da zu ihm her, Und mit diesem bö sen Weibe Zeuget Zwerg und Riesen er.
Heva lebt im tiefern Kreise Mit dem Geiste Samael, Zeugt mit ihm in gleicher Weise Geister und Dä monen schnell.
Da bevö lkert er die Kreise, Wie er wollte, Luzifer, Ließ er sie zur Arka reisen, Die die vierte Erde wä r.
Und hier fanden sie sich beide, Und da sie sich hier erkennt, Ward geboren ihrem Leide Stolz ein Sohn und Kain genennt.
Und nun stiegen nach der Reihe Um drei Erden still einher Bis zur Tebhel alle dreie, Unsere Erde, unser Meer.
Adam hier ein Buch aufschreibet, Was er unten hat gelernt, Und was ihm erinnerend bleibet Aus dem Buch, das Gott entfernt.
Viel vom Bann und Glü ck der Geister Ihm die Eva auch erzä hlt, Wenig hat ihr starker Meister Samael vor ihr verhehlt.
Alles in das Buch er schreibet, Alles in dem Buche steht, Und das hohe Buch es bleibet Als er stirbt dem Sohne Seth.
Von dem Seth zum Tubalkaine Hat sich dann das Buch entfernt, Der die harten Eisensteine Daraus kü nstlich schmieden lernt.
Jubal lernt daraus der Geigen Und der Flö ten sü ß Getö n, Und aus seines Stammes Zweigen Alle Pfeifer auferstehn.
Und so steigt es immer weiter Von Geschlechte zu Geschlecht, Und auf seiner ewgen Leiter Stehen alle Kü nste recht.
Mü ndlich, schriftlich, stets erweitert Geht es durch die trü be Welt, Die es mit der Kunst erheitert, Mit Erkenntnissen erhellt.
Noah schrieb hinein die Reise Durch der Sü ndflut hohes Weh Und der Tiere Art und Weise, Ihrer Sprache A B C,
Und des Weines Zaubereien, Und wie man am Firmament Aus der Sterne klaren Reihen Menschliches Geschick erkennt.
Abram, daß die Kunst mö g bleiben Die Gestirne zu verstehn, Wollte sie auf Kö rper schreiben, Die durch Feu'r und Wasser gehn.
Er schrieb sie zum Trost der Seinen Auf zwei Sä ulen himmelwä rts, Eine von gebrannten Steinen Und die andre war von Erz. "
So sprach Moles zu dem Meister, Der in hoher Freude steht, Daß die Weisheit aller Geister Nun in seinen Hä nden steht.
" Aber sag, " spricht er zum Geiste, " Wie sich deine Mutter nennt? " " Heva, " sprach er, " mit mir kreiste Durch den Vater Samael.
Und du selber, starker Meister, Stammest von der Lilith her; Dein Urvater, Adam heiß t er, Und der Taufpat Luzifer.
In Ä gypten hat verbreitet Sich dein mä chtiges Geschlecht, Und durch deinen Vater streifte Es herü ber ungeschwä cht. "
" He! mein Vater, he! wie heiß t er? " Spricht nun Apo zum Gesell. " Amber, Amber, lieber Meister, " Spricht der Hund, " doch ist's nicht hell!
Denn es mag die Heimlichkeiten, Die die Liebe zwirnt und dreht, Selbst der Teufel nicht entscheiden; Mancher erntet ungesä t. "
Also sprachen diese beiden, Bis es an dem Turme schellt, Apo zu den letzten Leiden Einer Kranken ward bestellt.
Und der Geist ward immer dreister: " Mach, daß sie das Sakrament, " Sprach befehlend er zum Meister, " Nicht empfä ngt vor ihrem End! "
** Romanze XI: Biondetta in dem Theater
Schwarze Damen, schwarze Herren Wandeln durch Bolognas Straß en. Werden sie zur Leiche gehen? Wen bringt man so spä t zu Grabe?
Doch kein Priester wird gesehen, Kreuz und Fahne nicht getragen; Alles strö met laut und rege, Und die schnellen Wagen rasseln.
Nicht zur Mette oder Vesper, Miserere, Salve, Ave, Auch zu keiner Totenmesse: Diese liest man nicht am Abend.
Nein, sie gehn zur letzten Ehre, Trauernd all in schwarzer Farbe, Was sie lieben anzusehen In die Runde des Theaters.
Denn die herrliche Biondette Wird der Bü hne heut entsagen, Morgen dann den Schleier nehmen In der Kirche zu Sankt Claren.
Und der Schein unzä hl'ger Kerzen Fü llet leuchtend schon die Hallen, Und es lodern alle Herzen In unsichtbar schö nen Flammen.
All die schwarzen Fraun und Herren, All die Diamanten strahlend Und die schwarzen Augen brennend Reihen blendend sich zum Kranze.
Bis lebendig alle Wä nde In viel tausend Herzen schlagen, Jeder Blick ein Aug muß treffen, Jeden Ton ein Ohr muß fassen.
So gleich einem Firmamente Mit viel guten Sternen flammend, Baut sich wundersam ein Tempel, Um Biondetten zu umfangen.
Da der Vorhang ruhig schwebet, Sonne, bist du aufgegangen, Leise Kü hlung duftend wehet Um die sehnsuchtsheiß en Wangen.
Liliensä ulen sich erheben Eine Rosenkuppel tragend; Unter einem Blumentempel Steht Biondetta mit der Harfe.
Ach, sie war ein klarer Engel, Voll von lieblichen Gedanken, Einer frommen Jungfrau Seele An der Himmelspforte zagend.
Alles Licht zu ihr sich sehnet, Zu ihr alle Strahlen fallen, Alles schweigt und liebt und betet Recht in selgem Wohlgefallen.
Also schwieg die junge Erde, Da der Mensch, der Gottgeschaffne, In dem Kelch des jungen Lebens Sinnend schwankt und weint und lachte.
In ihr nur war alles Denken, In ihr alle Herzen schlagen, Mit ihr jedes Aug gesenket Oder freudig aufgeschlagen.
Nun erhebet sie die Rede, Und die tausend Hö rer alle Fü hlen ihrer Lippe Beben Still in freudigem Erwachen.
Zü chtig sprach sie: " Hochgeehrte! Schonend habt ihr mich vor Jahren Aufgenommen in den Tempel, Habt geduldet mich seit Jahren.
Wollet heute auch in Ehren Eure Dienerin entlassen, Daß mich rein ein reinrer Tempel Aus der Kü nste Haus empfange.
Als ein Opfer will ich geben heut des ä uß ren Lebens Fabel, Daß ich dann das innre Leben Morgen opfre am Altare! "
Und nun stieg des Tempels Schwelle. Mit Biondetten, einsam ragend Stand ein Fels in ö dem Meere, Ein Marienbildlein tragend.
Rings die tausend Lichter blendend Sanken ein, die Diamanten Blickten schü chtern, ferne Sterne, An dem dunklen Firmamente.
Eine weite Dä mmrung streckte Sich umher, und keine Schranken Schienen um den Fels zu stehen, Als nur liebende Gedanken.
Bei dem Bildlein saß Biondette In dem Scheine einer Lampe, In den weiß en Arm gelehnet Schimmerte die goldene Harfe.
Schweigend glich das Volk dem Meere, Ü ber dem ein Gott hinwandelt; Als ruht und wogt die Menge In Biondettens Sang und Harfe.
Und es sind des Meeres Wellen An der Jungfrau Lied gebannet, Weh und Wonne fluten, ebben, Wie sie will in allen Adern.
Hell auf meerumwogten Felsen Hebt sich ü ber ewges Wasser Ein Marienbild; des Meeres Stern auf ihrem Haupte flammet.
" Meerstern, wir dich grü ß en, Die durch Trä nenwü sten Aus der sü ndedunkeln Zeit Einsam steuern mü ssen Zu den hellen Kü sten Der gestirnten Ewigkeit. "
Nä chtlich steigt zur ihr Sirene, Opfert Perlen und Korallen, Singt auf mondbeglä nzter Schwelle Zu kristallner Harfen Schalle:
" Jungfrau, laut verkü nden Von des Himmels Bü hnen Engel deine Herrlichkeit; Und aus Meeres Grü nden Steigt, dich zu versü hnen, Was da lebt in irdschem Streit. "
Aber dunkle Wolken treten Vor den Mond, das weite Wasser Strä ubt das Wogenhaar zu Berge Vor den tosenden Orkanen.
" Jungfrau voller Gü te, Wie das Meer sich tü rme, Stehest du in Heiterkeit; Wie gefallne Blü ten Schü tten dir die Stü rme Himmelssterne auf dein Kleid. "
Ach, im zorngen Elemente Schwankt ein Schifflein notumklammert! Leuchte, leuchte, Stern des Meeres, Einer Mutter dich erbarme!
Ach, sie flehet nur zu retten Ihren Sä ugling, den umarmend An der Brust sie nä hrt zum Leben, Schwankend selbst im Untergange.
Dir, o Meerstern, weiht sie betend Den sie unterm Herz getragen, Nun zur Wogenwiege leget Aus den sichern Mutterarmen.
" Denk, o Mutter sü ß e, Wie du durch die Wü ste Unsern Herren trugst in Pein, Daß er fü r uns bü ß e, Trank er deine Brü ste, Sog er deine Milde ein. "
Schon zerbricht des Sturmes Segel, Und der Blitze Feuerflagge Zucket einsam auf den Wellen, Wo das Schiff in Nö ten schwankte.
Nieder zur der Gruft der Meere Sank das Schiff; es folgt dem Sarge Schwarz der Donner, ernstlich betend, Und der Blitze Leichenfackel.
Und es suchen kleine Sterne Einsam durch die dunklen Wasser Nach der Mutter, ach vergebens! Fromme Kerzen ihres Grabes.
" Jungfrau, Himmelstü re, In des Todes Grü nde Senke deiner Strahlen Schein Und helleuchtend fü hre Aus dem Meer der Sü nde Uns zum Quell des Lichtes ein! "
An dem Himmelsdome brennet Still des Mondes ewge Lampe; Zu dem Felsen rauscht Sirene, Einen Schatz im Arme haltend.
Denn sie trug das Kindlein flehend Zu dem steilen Felsenrande, Das die Mutter untergehend Legte in Mariens Arme.
Die, ein heller Stern des Meeres, Trä gt den Scheiternden Erbarmen, Hat es sicher durch die Wellen In Sirenens Arm getragen.
Aus dem wilden Elemente Trug sie nun das Bild der Gnade Freudig aufwä rts zu dem Felsen, Ganz in neuer Lieb erwallend.
Liebvoll lö st sie ihre Flechten, Teilt die Locken sich am Nacken, Bildet draus am warmen Herzen Fü r das Mä gdlein weich ein Lager.
Setzt sich an des Bildes Schwelle Mit dem sü ß en Wunderpfande Und spricht fromm: " O Stern des Meeres, Lasse mich dies Kind erlaben! "
Und nach ihren Brü sten wendet Sich das Kind und findet Gnade; Die es lebend hielt in Wellen, Gab barmherzig ihm die Amme.
Alle die keuschen Lebensquellen Ü ber ihrem Herzen wallen, Muß sie sü ß e Blicke senken Zu dem Kind in Mutterarmen.
Und dann singt sie; schlummerwebend Tö nt das Lied und rauscht das Wasser, Und es wandeln Mond und Sterne Leise, daß das Kind entschlafe.
" Da der Morgen wiederkehrte, Lag ich in kristallner Kammer; Auf der weichen Purpurdecke Spielten goldne Sonnenstrahlen.
Und am Mittag wiegt Sirene Mich in glatten Muschelschalen, Und ich schlief bis sie mich weckte Mit Gesang und sü ß er Harfe.
Rö tet Abendlicht die Welle, Trug sie mich in Mutterarmen Zu dem Bilde, fü r mein Leben Der Gebenedeiten dankend.
Wenn um Mitternacht die Sterne Sinnend in dem Meere schwankten, Flocht mir durch den Traum Sirene Ihrer Lieder heilge Schlangen.
Also in dem Land des Lebens Und in Andacht schon erwachsen, Nannte sie das Kind Biondette Ob der goldnen Flut des Haares.
Frü he lehrt sie mich zu schweben Auf des Tanzes Wunderbahnen, Frü her noch die Blicke heben Und zu Gott die Hä ndlein falten.
Und sie lehrt die junge Seele Sich erschwingen im Gesange Und mit Engeln auf der Tö ne Himmelsleiter freudig tanzen.
Aber endlich sprach Sirene: `Folge mir in meine Kammer; Fest ist schon in dir das Leben, Lerne nun, dich zu verwandeln!
Alles Leben lerne leben, Alle schö ne Klage klagen, Alle Freude schö n erheben, Alle Geister aufwä rts tragen!
Alle Herzen sollen beben In dem Klange deiner Harfe! Bannen sollst du alle Seelen In die Kreise deines Tanzes!
Mit der Kü nste heilgem Zepter Schlage an das Herz der Sklaven, Die du in den Sinnen fesselst, Um im Geist sie zu entlassen! '
Also sprach zu mir Sirene, Hü llend mich in einen Mantel, Der sich wie der Leib der Seele Allgestaltend um mich faltet.
Nieder stieg ich. Tief im Felsen Tut sich auf ein bunter Garten, Rauschet, strö met Toneswellen Um das Eiland aller Farben! "
Also schwieg das Lied Biondettens. Neben ihr die kleine Lampe Ward zu einem Kranz von Sternen, Um das Bild Mariens strahlend.
Dies erhob sich leis vom Felsen Zu dem Himmel aufgetragen; Mit dem Felsen sank Biondette Knieend und die Harfe schlagend.
Und die wilden Elemente Schieden sich, sie zu empfangen; Es stieg aus dem ö den Meere Einen Wunderinsel prangend.
Tonumflutet vom Orchester Trennte sich das Kunstgestade Von dem Garten des Parterres Und der Logen Glanzterrassen.
Auf den stillen Blumenbeeten Blinkt der Tau der Diamanten Und die stillen Trä nenperlen In dem Blick der schwarzen Damen.
Und es stieg hoch ü berschwellend Melodie aus allen Schranken, Aus den Wä nden tausend Kerzen, Aus dem Boden tausend Lampen.
Von Marien niederwehend Sank der himmelblaue Mantel, Schü rzt sich feierlich zum Zelte In des Ö lbaums grü nen Armen.
Aus dem Zelte tritt Biondette, Eingeflochten ihre Haare, Stolz geschmü ckt mit milden Perlen, Edelstein und goldnen Spangen.
Schwer ein Schwert faß t ihre Rechte, Von der linken Schulter wallet Eine blutge Purpurdecke, Hü llend, was die Linke trage.
Und sie schü rzt die Decke, sprechend: " Den durch Gott ein Weib geschlagen, Seht das Haupt des Holofernes, Seht die Decke seines Lagers!
Und so wahr der Herr uns lebet, Rein sein Engel mich bewahrte, Die ohn Sü nde wiederkehret, Nur mit Freud und Sieg beladen! "
Nun tritt sie zurü ck zum Zelte, Das nach ihr hernieder wallet, Aber rings Gesang sich hebet, Freudig Flö t und Zimbeln klangen.
Jauchzend durcheinander wehten Alle Tö ne, und es schwangen Triumphierend sich die Chö re Wie ein Wald voll Siegespalmen.
Schneller, jubelnder und heller, Bis zu einer wilden Flamme, Die sich wieder selbst verzehrte, Bis zur stillen glü hen Asche.
Da trat still einher Biondette Unter weiß em Rosenkranze, Ihre Locken, goldne Flechten, Von der Stirn zum Gü rtel fallen.
Um die zarten Glieder bebet Ihr ein schlichter, weiß er Mantel, An des Gü rtels Silberkette Hä ngt ein Brot und eine Flasche.
Ihrer Augen blaue Quellen Lassen Trä nenperlen fallen In der Maienglö ckchen Kelche An dem goldnen Knauf der Harfe.
Als die zarten Finger beben Durch der Saiten goldnen Garten, Blü hen ihrer Lippen Nelken Und das Rosenfeld der Wangen.
Und sie sang ein Lied bewegend Von dem Tode eines Lammes, Das, die Schuld von uns zu nehmen, Starb in heilger Opferflamme.
Als schleiert sich in Nebel Oft der Mond; aus keuschen Strahlen Einen Heilgenschein sich webend, Weint er umd die trü ben Tage;
Also tö nt ein Schwan im Sterben, Der im Spiegel klarer Wasser Stumm sein Sternbild angesehen, Grü ß t es scheidend im Gesange.
" Lebet wohl, ich will mich wenden Zum Gebirge; einsam wandelnd Will die reine Tochter Jephtas Weinen um die jungen Tage!
Weinen um den Schein des Lebens, Weinen um den Duft des Kranzes, Weinen, daß die Seele heller Scheine, als des Opfers Flamme! "
Und nun wendet sich Biondette Trauernd zu dem Felsenpfade, Der bald sichtbar, bald verstecket Aufsteigt an des Berges Rande.
Wo der Steg zu Tal sich wendet, Stand sie grü ß end mit der Harfe, Ferne Sehnsuchtsklä nge sendend Zu verlaß nen Frü hlingstalen.
Rings die Hirtenflö ten flehen, Und der Herden Glocken stammeln, Und die Abendlieder schweben Klagend aus der Bü sche Schatten.
Sie geleitend steigt am Felsen Sonnenschein zum Untergange, In der Tritte Spuren senket Dä mmerung den ernsten Mantel.
Aber schaut! Nun steht Biondette Hoch am dunklen Tor des Waldes, Niederkniet sie und singt betend In die Welt, die sie verlassen:
" Lebet wohl, ihr falschen Farben, Eitler Trä nen Regenbogen, Sterne, die mit falschem Glanze Dienet einem Flittermonde!
Meine Trä nen sollen wachsen, Daß sie mit den bittren Wogen Ganz mein Irdsches ü berwallen, Bis die Schuld ist hingenommen.
Aus dem Argen in die Arche Geh ich gleich der Tochter Noä, Kleide mich in schwarzer Farbe, Wie der Rabe ausgeflogen.
Kleide schwarz mich gleich dem Raben, Der als Bote ausgeflogen Und so traurig auf den Wassern Schwebte, bis sie abgeronnen.
Schleire mich in weiß er Farbe Gleich der Taube, die als Bote Wiederkehrte mit dem Blatte, Das dem Friedensbaum entsprossen.
Sei gegrü ß t, du Tag der Gnade! Durch den Friedensbogen Gottes Will ich zu den Vä tern wallen Auf der Opferflamme Wolken! "
Aber in den Wald nun senket Sich die Sonne, und mit Flammen Scheint Biondetta rings umgeben, Schwarz geschleiert, nur ein Schatten.
Da der Wald im Glanze stehet, Schweigen rings die Flö ten alle, Und ein Chor von Hö rnern schwebet Klagend auf im Widerhalle.
Und das Volk lauscht tief beweget, Denn die Sonne widerstrahlend Spielet, die nicht auszusprechen, Lieder durch die goldne Harfe.
Und so stille war die Menge, Daß man hö rt die Trä nen fallen Und die heiß en Seufzer wehen Und die bangen Herzen schlagen.
Wie ein Kahn auf stillem Meere Mondumspielet trä umend wanket Und der Fischer hingestrecket Schlummert ein in dem Gesange:
Also waren alle Schmerzen In Biondettens Lied entschlafen, Scheiden kann sie von den Herzen, Die in Wunderträ umen wandeln.
Doch es treibt das Schiff zum Felsen Und fü llt sinkend sich mit Wasser; Nacht ist's und der Mond bedecket, Und der Mann starb unerwachet.
Aber weh! nicht so die Schmerzen, Schlummernd, trä umend im Gesange, Hier im sü ß en Schlafe starben, Wie der Fischer, Mond und Rachen.
Um Biondetten wird es heller: " Wehe, wehe, das sind Flammen! Feuer, Feuer, Helft! o helfet! " Schreiet alles im Theater.
" Feuer! Helfet! " schreit Biondette. — " Stü rzet das Gerü st zusammen, Ist sie nimmermehr zu retten": So erfü llt das Haus ein Jammer.
Nach den Tü ren, zu den Treppen Stü rzen alle Herrn und Damen, Und die Menge des Parterres Will sich wogend ü berschlagen.
Bald in allen Fenstern stehen Hohe Leitern; Herrn und Damen Drä ngen sich, hinab zu klettern, Und hinauf die Herrn Soldaten.
Dieser will sein Liebchen retten Und faß t seine alte Base; Jener, der die Frau will heben, Wird umklammert von dem Manne.
Und die duftgen Cicisbeen Mü ssen gar zu harter Strafe Helfend auf und nieder klettern, Wie die nassen Katzen jammernd.
Denn den Fliehend entgegen Springen schon die Wasserstrahlen; Wer im Feuer nicht kann leben, Muß sich durch das Wasser baden.
Schreien, Weinen, Fluchen, Beten, Steigen, Klettern, Ohnmachtfallen, Trommelschlag und Brandtrompeten, Wagenrasseln, Glockenschlagen.
Und schon windet sich die Menge Kapuziner, Domnikaner Sich in braun, schwarz-weiß er Kutte, Wassereimer eilig langend.
Doch die mutigen Studenten Springen jubelnd zum Theater, Stü rmen die papiernen Felsen, Niederreiß end rings die Lampen.
Oben an des Haues Decke Hö rt man schwere Ä xte fallen, Sieht auch bald die Zimmrer stehen, Niederstü rzend Fluten Wassers.
Und schon ordnet sich die Menge, Massen bilden sich und Straß en, Alles stehet, geht und kehret, Keiner hindert mehr den andern.
Aber unter den Studenten Achtet einer nicht der Flammen; Er hat gar ein wildes Wesen, Gleichet einem Salamander.
Und schon klagt man um den Helden, Den umkrachten alle Sparren, Doch er kehrt und trä gt Biondetten In den dunklen, harten Armen.
Da er eilet in die Szene, Schreit die Jungfrau: " O erbarme Dich, Maria! Rette, rette Mich von ihm in Jesus Namen! "
Da springt von der offnen Decke Kü hn ein Jü ngling, wü tend packet Er den Rä uber von Biondetten, Doch der stehet ganz in Flammen.
Alle Glut zu ihm sich wendet, Und wie auch die Wasserstrahlen Auf ihn stü rzen, wills nicht helfen, Und man hö rt ihn grä ß lich lachen.
Und wie Wirbelwinde drehen Zu ihm hin sich alle Flammen, Die wie Haare um ihn wehen, Wenn er also grä ß lich lachet.
Und so hat er lachend, brennend, Eine lange Zeit gestanden, Da das Feuer rings geendet, Und das Volk schrie laut: Mirakel!
Da ein Priester zu ihm sprenget Einen Strahl geweihten Wassers, Ward er, allen zum Entsetzen, Nur ein Hä uflein dunkler Asche.
Und das Volk kniet ringsum betend. Von der Hö he des Theaters Sprach der Priester dann den Segen, Und es schallt ein lautes: Amen!
Fromme Litaneien betend, Ziehn die Mö nche still gepaaret, Und die hilfreichen Gewerke Folgen betend aus den Hallen.
In des Hauses weiter Leere Schallet das Geträ uf des Wassers; Rings die stummen Wachen stehen Bei dem wilden Schein der Fackeln.
Aber die Studenten stehen Staunend um das Hä uflein Asche; Den die Flamme hat verzehret, War der beste Kandidate.
Er war Famulus des Lehrers, Und sie brechen aus in Klagen, Bis die rufenden Pedellen Sie zur Heimkehr laut ermahnen.
In den Weihewasserkessel, Den die Mö nche stehn gelassen, Sammelt unter Trä nen jeder Des verbrannten Freundes Asche.
Und dann ziehen die Gesellen, Die geliebte Urne tragend, Trost sich singend, von der Schwelle, Um Apone es zu klagen.
Schweigend steht das Haus. Es sehen Durch die Ö ffnungen des Daches Stille nieder Mond und Sterne, Traurig spiegelnd in dem Wasser.
An der Erde ruht Biondette; Als sie nannte Jesu Namen, Ließ der fü rchterliche Retter Sinken sie aus seinen Armen.
Bei ihr kniet mit seinem Schwerte Stumm Meliore; in die Harfe Hat er sorglich sie gebettet, In den himmelblauen Mantel.
Er verließ im Lä rm den Kerker, Er war's, der den Sprung gewaget Von der Decke, sie zu retten Aus des Rä ubers dunklen Armen.
Da es stille war, erhebet Sich Biondette, und den Mantel Schlingt sie um sich, von der Erde Hebt sie dann die goldne Harfe.
Spricht, sich zu Meliore wendend: " Sei gegrü ß t! In Jesu Namen Hast du mich von ihm gerettet Und gehü tet in dem Schlafe.
Einen Traum hab ich gesehen: Asche war ich, und zu Asche Soll ich einstens wieder werden, Wenn erfü llet sind die Tage.
Fü r dich hab ich heut gebetet, Da du fochtest am Altare; Und du hast fü r mich gebetet Jetzt in dringenden Gefahren.
Du hast liebend mich gerettet Aus des ewgen Todes Banden, Und ich werde dir's vergelten Bald in ü bervollem Maß e.
Laß die Sinne untergehen, Liebe nicht, was irdisch schwanket; Die du irdisch angesehen, Wird dir gö ttlich liebend danken.
Hier auf dieser ö den Stelle Wird es einstens gö ttlich tagen. Sieh, es haben schon die Sterne Ihren Strahl den Weg gebahnet.
Wenn hier an des Altars Schwelle Eine Jungfrau wird entsagen, Werd ich durch dich auferstehen Aus der irdschen Leibesasche.
Und du wirst die Asche nehmen, Streuen sie in deine Haare, Weil die Schlange wird zertreten Von des Weibes heilgem Samen.
Was in Trä umen ich gesehen, Hab ich alles dir gesaget; Denn auch du bist ausersehen Zu unendlich groß en Gnaden.
Wir gehn auf demselben Wege; Lasse uns im Geiste wallen, Lasse uns nie Abschied nehmen, Gehe hin in Gottes Namen! "
Da geendet sie die Rede, Konnt er nicht den Blick ertragen; Also mä chtig war ihr Wesen, Daß er schweigend ging von dannen.
Und zur Harfe sang Biondete: " Lob sei Gott dem Herren! Amen! " Und das ö de Haus erbebte, Widerhallend: Amen, Amen!
Amen! sprachen Mond und Sterne, Trä ufelnd sprach das Wasser: Amen! Und da sie verließ die Schwelle, Riefen rings die Wachen: Amen!
** Romanze XII: Jacopone und Rosarosa
Von Folianten rings umgeben Sitzt der stolze Jacopone; Hochgeehrt von den Klienten Ist der junge weise Doktor,
Ausgetreten seine Schwelle; Denn mit vollen Hä nden kommen Taufend, um in ihren Rechten Weise Sprü che sich zu holen.
Tä glich, nä chtlich kommen, kehren Zu ihm, von ihm schnelle Boten, Fern und nah muß er die Texte Streitigen Parteien ordnen.
Und vor seinem Hause stehen Oft der Fü rsten stolze Rosse, Er ist rings im Land gebeten, Und man wü nscht ihn allerorten.
Er verstand wohl die Gesetze Gleich dem griechschen Hermodore. Die zwö lf Tafeln hergestellet Hä tt er, wä ren sie verloren.
Und wie Flavius gelernet Auswendig die Aktionen, Kannte auch wohl alle Leges, Alle Formeln Jacopone.
Mutius hat er gelesen Und den Brutus wohl erwogen, Den Manilius versteht er, Ist Sulpicio gewogen.
Des Antistius Labeo Gegner Folget er, des Capitonis Schü ler, des Sabini Regeln, Sabinianischer Methode.
Er hielt streng bei den Gesetzen und schrieb |dissertationem|, Die ihn bracht zu hohen Ehren: |De bonorum possessione|.
Salvium Julianum kennt er, Gaji Institutionen, Papinian, Ulpiano strebt er Und Herennio zu folgen.
Ehre hä tte dem Katheder Zu Beryt, Konstantinopel Und zu Rom er einst gegeben, Wie jene Antecessores.
Hä tte damals er gelebet, Die drei Codices zu ordnen In den Justinianschen, neben Tribonian wü rd er gelobet.
Und die Sechzehn, die mit jenem Die Pandekten ausgeboren, Wä ren Siebzehn dann gewesen; Also war sein Geist zu loben.
Zum Behufe der Pandekten, Auf die fü nfzig Dezisionen Fü r Justinian zu stellen, Wä r er mitbeehret worden.
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