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Romanzen vom Rosenkranz 9 страница



" Herr, " spricht sie, " wie magst du zum Troste
Deines Weibes du den alten,
Ehrvergessnen Buben holen?
Weh mir, daß ich hier gestanden! "

Aber nun zu Jacopone
Spricht mit schwachem Ton die Kranke:
" Um den trö stenden Benone
Bat ich meinen Herrn und Gatten! "

Und er spricht: " Auch er wird kommen,
Jetzt vertrau dem groß en Arzte;
Dieser Aesculap Bolognens
Wird dich, Theure, mir erhalten. # Teure?

Conciliator, dich, Apone,
Man ob hoher Weisheit nennet,
Dich versü hnend wolle folgen
Der Bedeutung deines Namens. "

Aber nun zu Jacopone
Spricht mit schwachem Ton die Kranke:
" Um den trö stenden Benone
Bat ich meinen Herrn und Gatten! "

Und er spricht: " Auch er wird kommen,
Jetzt vertrau dem groß en Arzte.
Wolle, daß die Kunst Apones,
Teure, dich mir noch erhalte! " # Theure?

Und zum Arzt spricht er die Worte:
" Herrlicher, vergiß des Kampfes,
Der uns trennte oft im Zorne,
Nimm die Hand zum Friedenspfande!

Dienen will ich deinem Lobe;
Kannst du mir mein Weib erhalten,
Geb ich dir zweitausend Kronen,
Geb ich mehr noch, geb ich alles! "

Und zum Lager tritt Apone,
Reiß t die Decke von der Kranken,
Doch es stü rzt sich Rosadore
Ü ber sie mit ihrem Mantel.

Und der Arzt spricht wild im Zorne:
" Was soll hier ich besser machen,
Wo man meiner nur will spotten?
Nackt muß ich die Kranke haben!

Ü ber ihrem Herzen drohend
Einen Flecken von dem Brande
Sah ich schwarz. Sie ist des Todes,
Wenn ich sie nicht heilend salbe! "

" Nimmer, " spricht nun Rosadore,
" Sollst du sie berü hret haben,
Ihres Herzens heilge Rose
Nimmer sehen, bö se Schlange! "

Und erbittert flucht Apone:
" Nun, so soll ich sein verdammet!
Schö ne Buhlrin, dir zum Hohne
Sollst du mir zur Seite wandeln!

Du sollst deine Jungfraukrone
Selber mir ins Haus eintragen,
In den Spuren meiner Sohlen
Sollst du liebekrank herwandeln! # liebeskrank?

Abends an mein Lager kommen,
Deinen Leib mir anzutragen,
Und mit Fü ß en weggestoß en
Sollst du in der Brunst verschmachten!

In der Kirche, vor dem Volke,
auf dem offnen vollen Markte
Sollst du mir verbuhlet folgen,
Wie dem Leibe folgt der Schatten! "

Ihm erwidert Rosadore:
" Mein wird sich der Herr erbarmen;
Vor dem Fluch, den du geschworen,
Wird er seine Magd bewahren!

Eher sollen alle Rosen
Mit den Wurzeln abwä rts wachsen
Und die vollen Liebeskronen
In der Erde Nacht begraben,

Eher all die bleichen Toten
Aus der Tiefe blü hend wandeln
Und was lebet an der Sonne
Fluchend in die Grä ber tragen,

Eh der Mond vom Sternendome
Buhlend in ein Nest voll Drachen
Steigen und im keuschen Schoß e
Ungeheure Brut empfangen,

Und eh soll die lichte Sonne
Weichen aus des Himmels Bahnen,
Durch der Hö lle Tor zu wandeln,
Eh ich tret in deine Pforte.

Ja, eh wird dem Feinde Gottes,
Dem satanschen Sü ndenvater,
Auch ein Gottsohn ausgeboren,
Keusch von einer Magd empfangen,

Und zu lö sen uns vom Tode,
An das heilge Kreuz geschlagen!
Gott verzeihe mir die Worte,
Antwort ungeheurer Fragen!

Nein! nein! nein! Du hast gelogen!
O erscheine, Herr des Gartens,
Tritt den Lü gner an den Boden,
Trete auf das Haupt der Schlange! "

" Kind, " spricht Apo, " heiß e Kohlen
Mö chtest auf mein Haupt du sammeln,
Aber mir auch blü hen Rosen;
Gut lacht, wer am letzten lachet! "

Doch indes fragt Jacopone
Flehend die geliebte Kranke,
Wie sie so viel Blut vergossen?
Und sie hat es ihm gestanden.

Und nun bietet er Apone,
Daß er helfend ihm mö g raten,
Abermals zweitausend Kronen,
Nimmt das Gold gleich aus dem Schranke.

Jener aber spricht: " Die Dornen,
Die ihr schwer den Leib durchstachen,
Wirf in einen tiefen Bronnen
Oder in ein fließ end Wasser;

Dann, so wie der Gü rtel rostet,
Schließ en sich die Wundenmale;
Doch vor allem einen Tropfen
Nehme sie aus dieser Flasche! "

Und nun reichet ihr Apone
Eine Flasche; doch die Kranke
Winkt verneinend mit dem Kopfe,
Und Apone weicht vom Lager;

Denn er hö ret eine Glocke;
Fackelschein erhellt die Gasse,
Weil begleitet von dem Volke
Sich der Leib des Herren nahet.

Mit dem Sakrament gezogen
Kommt Benone durch die Straß e,
Und die Kranke hebt frohlockend
Und getrö stet sich vom Lager.

" Bleibe liegen! " sprach Apone.
" Willst du dir dein Weib erhalten, "
Sagt er dann zu Jacopone,
" Hü t sie vor dem Abendmahle!

Sie stirbt eines schnellen Todes
Bei der letzten Ö lung Salbe.
Da ich sie hab ü bernommen,
Werd ich dieses nie gestatten! " —

" Jacopone, Jacopone, "
Seufzt nun angstbewegt die Kranke,
" Willst du mich zur Hö lle stoß en?
Hü te mich vor diesem Drachen! "

" Seht, sie raset, " spricht Apone,
" Sie ist nicht mehr bei Verstande,
Denn sie spricht verwirrte Worte,
Taugt jetzt nicht zu heilgen Sachen! "

Doch nun tritt herein Benone,
Nahet sich dem Bett der Kranken,
Und sie spricht: " O Herr, willkommen!
Wolle meine Beicht empfangen! "

Und der Priester will, es sollen
Alle nun allein ihn lassen.
" Rosadore, Jacopone
Mö gen bleiben, " spricht die Kranke.

" Und ich geh nicht, " spricht Apone,
" Bis der Gü rtel liegt im Wasser,
Bis getrunken sie die Tropfen.
Wer bringt meine Pflicht zu wanken? "

Und zu weichen hat Benone
Nochmals friedlich ihn ermahnet;
Aber hö hnisch ihm der Stolze
In das wü rdge Antlitz lachet.

Nun erst fü hlet Jacopone,
Welcher Geist in diesem Arzte,
Und er spricht in schnellem Zorne:
" Weich aus meinem Haus, du Laster! " —

" Hast du mich mit Schmeichelworten
Hergelocket, " spricht der Arge,
" Bringst du mich mit bö sem Trotze
Wahrlich nimmermehr von hinnen! " —

" Weh uns! " jammert Jacopone,
" Wer mag diesen Teufel bannen! "
Und es nahet Rosadore,
Spricht: " Ich wags in Gottes Namen! "

Und sie zieht gleich einem Dolche
Jene Nadel Rosablankens
Aus dem Haar, das Gold der Locken
Fließ t, sie rü stend, von dem Nacken.

Und im heilgen Zorne Gottes
Springt die Kranke von dem Lager,
Und ein Kreuz von rotem Golde
Dienet ihr zur frommen Waffe.

Aber beiden reiß t Apone
Von dem Busen die Gewande.
Da er sieht die heilgen Rosen,
Fü hlt er seine Sinne wanken.

Und er fluchet: " Moles, Moles!
Dies ist unser Rosengarten.
Daß er ewiglich verdorre,
Muß t du dich zur Arbeit halten! "

Doch am Fenster ruft Benone
Dem Geleite, und mit Fackeln
Dringen sie herauf; Meliore
Tritt einher vor allen andern.

Doch er stehet schwer erschrocken,
Da er Apo sieht, und fraget:
" Meister, lebet ihr hier doppelt?
Eben hab ich euch verlassen!

Pietro kam als schneller Bote
Zu dem Vater Rosablankens,
Der erkrankte, euch zu holen,
Und Ihr seid mit ihm gegangen.

Habt mir selbst die Hand geboten,
Spracht, daß ihr des alten Hasses
Gä nzlich nun vergessen wolltet,
Weil ich brav gelö scht beim Brande.

Dann hast du mich angesprochen
Um ein Bü schel meiner Haare;
Sprachst: `Aus blondem Haar gesponnen
Wird zur Wundennaht der Faden. '

Und ich gab dir eine Locke —
Sieh, hier fehlt sie mir im Nacken —
Folgte weit dir vor dem Tore,
Bis in meines Bruders Garten,

Wo du eintratst, weiß e Rosen
Und Arzneikraut einem Kranken
Zur Erquickung gleich zu holen;
Dorten hab ich dich verlassen.

Denn es war dort bei den Rosen
Solch ein heftger Duft entstanden,
Daß mir schier gebrach der Odem;
Wankend ging ich aus dem Garten.

Jetzt — wie find ich dich hier oben? "
Doch ihn bei dem Arme fassend
Spricht Apone: " Freund Meliore.
Jetzt geleite mich von dannen!

Denn die Gattin Jacopones
Will das Sakrament empfangen,
Gö nnen wir ihr Raum zum Troste! "
Und nun gehen sie zusammen.

Ihnen folgen, die vom Volke
Mit den Fackeln aufwä rts drangen.
In den Armen Jacopones
Ruht ohnmä chtig noch die Kranke.

Da sie wieder sich erholet,
Segnend ihr der Priester nahet,
Und sie spricht mit leisen Worten,
Matt aufrichtend sich vom Lager:

" Der du an der Stä tte Gottes,
Hö re, wie ich mich anklage,
Was ich sü ndlich hab verbrochen,
Seit auf Erden ich gewandelt,

Mit Gedanken, Werken, Worten.
Und zuerst nun mit Gedanken:
Ich gedachte, meinem Gotte
Kö nnt ich Sü nderin gefallen.

Und ich sü ndigte mit Worten,
Weil ich Gott nicht Wort gehalten,
Als das ja ich Jacopone
Treulos gab an dem Altare.

Und mit Werken, " sprach die Fromme,
" Da ich sprang von dem Theater;
Denn ich glaubte fest, des Todes
Wü rd ich an die Erde fallen;

Glaubt in meinem bö sen Stolze
Ohne Sakrament empfangen
Kä m ich doch zu meinem Gotte,
Sü ndigte auf sein Erbarmen.

Doch mich nicht verderben wollend,
Hat er mich zur Buß erhalten,
Die von ihm durch dich, Benone,
Ich zerknirschet nun erwarte! " —

" Rosarosa, " sprach Benone,
" Keiner noch trat ohne Makel
Vor den Thron des ewgen Gottes;
Er wird dein sich auch erbarmen!

In des Vaters, in des Sohnes,
In des heilgen Geistes Namen
Sei dir, meine fromme Tochter,
Deine Schuld erlassen! Amen.

Fü hlst du jetzt dein Haus geordnet,
Deinen Herren zu empfangen,
Speis ich mit dem Himmelsbrote
Dich zu diesem letzten Pfade. " —

" Bis zum neuen Morgenrote
Harret noch", spricht leis die Kranke,
" Einen Bissen weiß en Brotes
Aß ich heut von einer Armen,

Der durch dich, mein Jacopone,
Ward ihr kleines Feld erhalten
Gen den Anspruch eines Groß en;
Sie bracht mir das Brot zum Danke,

Bat: `O esse von dem Korne
Jetzt aus Liebe zu dem Manne,
Der gerettet mir den Boden
Dem dies Brot fü r mich entwachsen! '

Aber hö rt, die elfte Glocke
Schlä gt! Noch eine Stunde harret;
Reicht indes zum letzten Troste
Mir des heilgen Ö les Salbe! "

Doch nun klaget Jacopone,
Der bis jetzt in stummen Jammer
Saß an ihrem Lager oben:
" Weh, o weh, ich muß dich lassen!

O dich, aller Jungfraun Krone,
Keusch und duldend gleich dem Lamme,
Das die Schuld hat hingenommen,
Das fü r uns das Kreuz getragen,

Rosarose, heilge Sonne
Meiner irdisch trü ben Tage,
Firmament voll Lichtessonne,
Ewig gleiche Friedenswage! # waage?

Herr, was hab ich denn verbrochen,
Daß ich in der Nacht soll wandeln,
Daß aus meines Himmels Dome
Nun erlischt die heilge Lampe?

Weh, o weh, du sü ß e Rose,
Dornen dir das Herz zerbrachen,
Die du fromm vor mir verborgen;
Schuldig muß ich mich anklagen!

Weh, ich bins, der dich gemordet,
Blind an jenem Hochzeitsabend,
Da durch mich du von den Toten
Hast den Dornengurt empfangen!

Und ich habe zu der Oper
Dich gefü hret heute Abend:
Weh, durch mich wards du durchbohret
Von dem Gü rtel bei dem Brande!

Deine letzte Zeit verdorben
Hab ich dir aus falschem Wahne
Durch den Bö sewicht Apone,
Hoffend, dich mir zu erhalten!

Ach, ich diene bö sem Stolze!
Die ich nie besessen habe,
Die mir ewig war verloren,
Wollt ich mir durch Kunst erhalten!

Weh, mein Weib, du Jugendrose,
Auf dem Wasser der Demanten
Spiegelt deiner Schö nheit Sonne
Ihres Abendrotes Flamme! "

Also jammert Jacopone.
Ihm erwidert dann die Kranke:
" Wolle nicht mit harten Worten
Gegen Gottes Willen klagen.

Lasse uns den Herren loben,
Daß er uns zurü ckgehalten
Von dem Abgrund ewgen Todes,
Von der Blutschuld hartem Laster.

Wenn der Schleier wird gehoben
Ü ber unserm dunklen Stamme,
Singst du bis zu deinem Tode
Gott und seiner Mutter Psalmen.

Seit das Weib den schwer verbotnen
Apfel teilte mit dem Manne,
Bringt das Weib das Kind des Todes
Zu der Welt mit Not und Jammer.

Und wir durch die Gü te Gottes
Haben schuldlos uns erhalten,
Und er wird uns nicht verstoß en
Aus des Paradieses Garten.

Auch ich muß von diesem Orte
In den Willen des Erbarmers;
Dich, bei dem so gern ich wohnte,
Muß ich einsam nun verlassen.

Und du sollst, wie Christen sollen,
Deinem irdschen Gut entsagen,
O, mein Bruder, wolle folgen
Eines schwachen Weibes Rate.

Geh in einen frommen Orden;
An die Stelle des Theaters
Laß erbaun ein heiles Kloster;
Dort auch ruhe meine Asche!

Lasse jetzt von armen Volke
Stille mich zu Grabe tragen,
Bis erbauet ist das Kloster
Zur Kapelle bei Sankt Claren.

Und den Schwestern dieses Ordens
Dann das neue Kloster lasse,
Weil sie jetzt nur ä rmlich wohnen
Und das Haus sie kaum mehr fasset.

Meinen Sarg, geschmü ckt mit Rosen,
Laß von armen Jungfraun tragen;
Lasse auch die Kinder folgen,
Die ich stets geliebet habe.

Allen spende aus zum Lohne
Meine vollen Kleiderladen,
Aus dem Tuch, das ich gesponnen,
Lasse allen Hemdlein machen.

Mein Geschmeide, silber, golden,
Alle Perlen und Demanten,
Die mir deine Huld erworben,
Schenke ich zu dem Altare.

Lasse eine Mutter Gottes
Recht vor allen herrlich malen
Und ihr vor dem hohen Chore
Himmlische Musik erschallen.

Mit des Weihrauchs sü ß en Wolken,
In wollü stger Dü fte Kampfe,
Soll ein Wald unzä hlger Rosen
Um der Kirche Sä ulen ranken.

Kelche, Lampe, Weihebronnen,
Leuchter, Rauchfaß und Monstranzen:
Alle seien goldne Rosen,
Durch der Kü nstler Fleiß gestaltet.

Und die groß und kleine Glocke
Und der Taufstein und die Kanzel
Seien Rosen gleich geformet.
O, welche frommer Rosengarten!

Als ich bin getragen worden
Sinnlos weg von dem Theater,
Hat sich ein Gesicht ergossen,
Hab ich diesen Wunsch empfangen.

Unter einem hohen Dome
Sah ich Weihrauchwolken wallen
Und Gesang und Klang der Orgel
Durch die Sä ulenwä lder wachsen.

Und ich sah den Greis Benone
Eine Totenmesse halten,
Aber alles war voll Wonne,
Alles war voll selgen Glanzes!

Und ich sah viel fromme Nonnen
Einsam betend in der Kammer,
Sah sie nä chtlich in dem Chore
Himmlische Gebete lallend.

Und vor allen glanzumflossen
Sah ich eine mit der Nadel
Weiß e, rote, schwarze Rosen
Wirken in die Meß gewande.

Und das Bild der Mutter Gottes,
Gnä dig blickend vom Altare,
Glich dir, meine Rosadore,
Aber heilger, hö her strahlend.

Und ich selbst lag eingeschlossen
Kü hl in einem Marmorsarge;
Auf der schweren Decke oben
Schlief der Knabe mit dem Lamme.

Rings um mich geliebte Tote
Schlummerten zum letzten Tage;
Doch kein Sinn war mir verschlossen,
Und ich sah und hö rte alles.

Ach, wie mag die Visionen
Alle ich in Worte fassen!
Durch der Kirche hohe Bogen
Himmelschö re niederdrangen! "

Und nun sagte Rosadore:
" Ja, des Himmels Tore standen
Ü ber diesem Tempel offen,
Von den Seligen umscharet.

Und es stand die Mutter Gottes
Und der Heiland mit dem Lamme
Ganz bekrä nzt mit sü ß en Rosen
In des Lichtes ewgen Glanze.

Und der Engel Legionen
Sangen: Gnade! Gnade! Gnade!
Tausend Krä nze heilger Rosen
Sah ich zum Altare fallen.

Und den Schleier einer Nonne
Sah ich nehmen Rosablanken;
Eine Goldflut ihrer Locken
Vor der Schere niedersanken.

Singend stand ich auf der Orgel,
Vor mir stand die goldne Harfe;
Aber stille und gestorben
Lag mein Herz in kalten Banden,

Wie in bö sem Traum der Boden
Fliehenden die Fü ß e bannet,
Hilferufenden der Odem
Kä mpfend in der Brust erstarret.

Lebend und doch eine Tote,
Sehend und doch dicht umnachtet,
Stumm, doch singend vollen Tones,
War ich wie von Stein umfangen.

Neben mir stand schwarz Apone.
Weh, o weh, was er gesaget,
Was er sprach vorhin im Zorne,
Fü llet mich mit tiefem Bangen!

Doch am Altar aufgezogen
Ward ein himmelblauer Mantel,
Und das Bild der Mutter Gottes
Grü ß te laut des Volkes Ave.

Und ich hö rt in meinen Ohren:
Ave, Salve, Mater! schallen,
Und aus meinen Augen quollen
Wieder Trä nen auf die Wangen.

In der Kirche hohem Dome
Schmetterten die Nachtigallen,
Ganz durchzucket von dem Tone
Fü hlt mein Herz ich wieder schlagen.

Und ich bin emporgeflogen,
Eine Stimme, singend Ave,
Bin des Engels Gruß geworden,
Ave, Salve, Dei Mater!

Dies Gesicht war mir ergossen,
Da ich sinnlos in der Harfe
Ruhete, von Meliore
Fromm gerettet bei dem Brande. " —

" Was du sahest, Rosadore,
Sah ich alles, " sprach die Kranke,
" Herr! du hast in Visionen
Wunderbar dich uns erbarmet! "

Und in stiller Wonne schlossen
Beide sich in ihre Arme.
Ruhig sprach nun Jacopone:
" Herr, tu mir nach Wohlgefallen! "

Aber nun tritt durch die Pforte
Agnus castus mit dem Lamme,
Knieet betend an dem Boden
Neben Rosarosens Lager.

Nach der Sanduhr sieht Benone,
Eine Schelle rü hrt der Knabe,
Niederknieet Rosadore,
Jacopone bei der Kranken.

Beim Gesang des frommen Volkes,
In dem Scheine heller Fackeln,
Hat sie leis das Haupt erhoben
Und des Herren Leib empfangen.

Und dann sprach sie noch die Worte:
" Herr, du hast dich mein erbarmet,
Herr, dein Wille sei gelobet,
Meine Seele nun empfange! "

Mit dem heilgen Ö l Benone
Haupt und Hand und Fuß ihr salbet.
Und sie sprach: " Des Herzens Rose
Wirft unendlich weiten Schatten!

O der Wonne, o des Trostes,
O des wundersü ß en Garten!
Singe, meine Rosadore,
Mit des Himmels Nachtigallen!

In dem Schatten meines Todes
Lasse Gottes Lob erschallen! "
Und es sang nun Rosadore
Zu dem Klang der goldnen Harfe.

Solch ein Lieb, so selgen Tones,
Hat nur da die Luft getragen,
Als der Heiland ward geboren
Und die Engel Gloria sangen.

Also sang des Lichtes Bogen,
Da den Lustkreis aller Farben
Gott durch seinen Raum hinrollte
In dem Glanz des ersten Tages;

Also tö nt des Wassers Woge,
Mit dem Rund des Erdenballes
Selig spielend in der Sonne,
Jauchzend an dem ersten Tage.

In so sü ß en Tones Strome
War die Luft aus Gottes Atem
Um die junge Welt ergossen,
In der Lust des ersten Tages.

Und die neue Erde rollte
Unter also freudgem Klange
In den Kreis von Mond und Sonne,
Jubelnd an dem ersten Tage.

Also sang das Blut, ergossen
Durch des neuen Menschen Adern,
Also sang der Mensch voll Wonne,
Da er zu der Welt erwachte.

Doch annoch viel hö hern Tones
Wird das Lied der Selgen schallen,
Wenn sie aus dem Haus des Todes
Zu dem Antlitz Gottes wandeln.

Aber nun zieht mit dem Volke,
Betend bei dem Schein der Fackeln,
Nach dem Kloster hin Benone.
Einsam steht der Toten Lager.

Und es kü ß t ihr Rosadore
Trä nenlos die bleiche Wange,
Grü ß et scheidend Jacopone
Und verlä ß t ihn mit der Harfe.

Einsam sitzet Jacopone
Auf dem stummen Sterbelager,
In der Toten Demantkrone
Mit des Schmerzes Blick hinstarrend.

Keine Trä ne ihm entrollet;
Seine tiefe Trauer raget
Wie die Wü ste ö d und trocken
Auf, am Horizont verschmachtend,

Ohne Schatten, und die Sonne
Selbst ein tiefer Feuerschatten,
Der sich wie ein weiter Bogen
Ü ber seinen Scheitel lagert.

Die Gedanken an dem Boden
Schleichend, in dem gleichen Sande,
Alle Spuren von dem Odem
Heiß en Sturmes stets verwaschen.

An dem Himmel keine Wolke,
An der Erde keine Pflanze,
Auch kein einzger kü hler Tropfen
In dem ungeheuren Plane.

Also sitzet Jacopone
In der Wü ste seines Jammers,
In die helle Demantkrone
Der geliebten Leiche starrend.

Aber auf die Schulter klopfet
Agnus castus ihm, der Knabe,
Reicht ihm einen Korb voll Rosen:
" Jacopone, jetzt erwache!

Krä nz des Todes Braut mit Rosen;
Sie sind aus demselben Garten,
Wo die Rosen ihr gebrochen
An dem ersten Hochzeitsabend.

Nimm ihr ab die Demantkrone,
Die du ihr hast heute abend
In das Silberhaar geflochten;
Deiner letzten Pflicht gewarte! # gewahre?

Einst werd ich am rechten Orte
Wunderbare Dinge sagen;
Du wirst, die dir war verborgen,
Deines Namens Schuld erfahren. "

Sprachs. — Da jener nahm die Rosen,
Schied er betend aus der Kammer:
" Jesus Christus sei gelobet! "
Jacopone saget: " Amen! "

Als er lö st die Demantkrone
Aus dem Strom des Silberhaares,
Ist des Schmerzes Kern gebrochen,
Und des Jammers Quellen sprangen.

Da er ihr den Kranz der Rosen
Legte in die Silberhaare,
Sind die Augen in dem Strome
Heiß er Trä nen ihm vergangen.

Da der arme Jacopone
Ihr die kalten Hä nde faltet,
Ist der Trauring roten Goldes
In die Hand ihm schwer gefallen.

Da er ihr das Aug geschlossen,
Brach er aus in lauten Jammer,
Ganz in einem Trä nenstrome
Der Geliebten Antlitz badend.

Als die Nacht war hingezogen,
Stand des Morgensternes Fackel
An dem stillen Horizonte,
Wie ein Irrlicht auf dem Grabe.

Wie in eines ausgestochnen
Auges leere Hö hle, zagend
Sah des neuen Tages Sonne
In das Herz des armen Mannes.

Und wie an dem Hochzeitsmorgen
Pietro, sie begrü ß end, sagte:
Grü ß t sie an dem Todesmorgen;
Jacopone, laut aufjammernd:

" Grü ß dich, blutge Todessonne,
Grü ß dich, Held des Unterganges,
Grü ß dich, Heiland voller Dornen,
Grü ß dich, Sichel meines Gartens!

Grü ß dich, lichter Trauerbote,
Grü ß dich, Tauesträ nensammler,
Grü ß dich, Wecker aller Toten,
Grü ß dich, Feuerheld des Grabes!

Singt die sieben letzten Worte,
Singt sie mir, ihr grauen Schwalben!
Singt ihn mir, den Schild des Todes,
Singt den Held des Unterganges! "

** Romanze XIV: Apo und Meliore

Durch die stillen Straß en schreiten
Apo und Meliore hin,
Gleiche Pfade fü hren beide
Zu dem Turm, zur Tä nzerin.

Wo das Mondgefild sich breitet
Um des Brandes Trü mmer hin,
Ruht ihr Weg, und tief erweitet
Fü hlt Meliore seinen Sinn.

Und er spricht zum ernsten Meister,
Den er bei der Rechten nimmt:
" Selig, wer gleich dir die Geister
Leicht nach seinem Willen stimmt.

Spricht, o Herr! auf welche Weise
Reiß est du mich jetzt zur dir?
Da du heut im lauten Kreise
Also hart begegnet mir?

Da du zü rntest mir im Streite,
Sieh, da scheute ich dich nicht;
Jetzo friedlich dir zur Seite
Alle Kü hnheit mir gebricht.

Daß der, den ich erst geleitet
Zu des Pietro Garten hin,
Wieder mir zur Seite schreitet,
Will mir nimmer in den Sinn.

Sprich, wie soll ich nur begreifen
Deiner Kü nste tiefe List,
Daß ich hier dich kann ergreifen,
Der erst dort vor kurzer Frist.

Meister sprich, und dann verzeihe,
Daß ich also heut mit Schimpf
Traf des hohen Hauptes Weihe;
Zeige deines Herzens Glimpf!

Kenntest du des Jü nglings Leiden,
Der so kü hn dich heut bestritt,
Ach, du wü rdest Trost bereiten
Mir, der deinen Zorn erlitt.

Lass mich zum Kerker weichen,
Dem das Feuer mich entriß,
Kannst du mir die Hand nicht reichen,
Daß mir deine Gunst gewiß! "

Apo gab die Hand: " Dein Eifer, "
Spricht er, " wisse, war mir lieb;
Herrlich wirst du, wenn du reifer,
Denn dich treibet hoher Trieb.

Doch es muß vor der Gemeine
Leiden, wer zutage springt,
Daß nicht aus dem Chor alleine
Einer andre Weise singt.

Ob du wü rdig kö nntest leiden,
War zu forschen ich gewillt;
Nebst dem Schwerte zu dem Streiten
Fü hre auch der Mann das Schild.

Und nun nenn ich dich den Meinen,
Zeigte dir mein Doppelbild;
Wird der dritte dir erscheinen,
Ist das Ganze dir enthü llt.

Zeugnisgebende sind dreie,
Und die dreie eines sind;
Du hast einen Grad der Weihe,
Noch bist du ein blindes Kind.

Wisse, der Dreieinigkeiten
Schweben in dem Zirkel viel;
Wer sie alle kann durchschreiten,
Dreht den Zirkel hin zum Ziel.

Doch nun laß uns andre Kreise,
Die uns nä her liegen, ziehn,
Daß ich tä tig dir beweise,
Wie ich dir gewogen bin.

Einsam sind wir und alleine,
Ich und du und die Begier;
Sprich, nach welchem Zauberweine
Lechzt die trockne Zunge dir?

Fein ist diese Zeit; es schweifet
Sü ß das trunkne Mondenlicht;
Wer jetzt nach den Ä pfeln greifet,
Der verfehlt die reifen nicht.

Von der Venus Tau bereifet,
Schwillt der Frü chte sü ß Gewicht:
Sage, welche Lust gereifet
Dir aus heiß em Busen bricht" —

" O, mein hoher Herr und Meister,
Du bist weis, " Meliore spricht,
" Und es reichen alle Geister
Deinen Augen gern ihr Licht.

Sehe, hier stehn wir im Freien,
Unterm hohen Wolkenschild,
Und des Brands Ruinen streuen
Auf den Plan ihr Schattenbild.

Kannst du aus der Sterne Reihen
Sagen, ob die Zukunft hier
Andre Schatten wird verleihen
Dieses Platzes hoher Zier?

Ob nicht seinen Schatten breiten
Hier ein heilger Tempel wird,
Wo wir jetzt durch Trü mmer schreiten,
Die des Wassers Flut durchirrt? "

Doch Apone sprach: " O schweige,
Anderes begehr von mir,
Daß ich anderes dir zeige,
Was mir lieber ist und dir!

Denn nicht diese toten Steine
Heben zu dem Licht den Blick;
Nur des Lichtes Sohn alleine
Liest gestirnet sein Geschick.

Geisterschwer erblü hn die Zeiten
Heute aus dem Sterngefild,
Durch den reichen Himmel schreiten
Seh ich wunderbar Gebild.

Denn die Jungfrau hebt den Schleier,
Und der Widder freudig springt,
Und der Stier erhebt sich freier,
Da der Schwan verbuhlet sind.

Und die Zwillinge, sie weinen,
Da die eine Wage sinkt,
Und der Steinbock will nicht scheinen,
Weil der Schü tz den Bogen schwingt.

Amors Pfeil der Pfeil heut gleichet,
Sieh, wie er zur Jungfrau ziel;
Wie der Fisch zum Fische streichet
Und in Wogenschimmer spielt.

Nach des Bechers sü ß em Weine
Greift der Wassermann und trinkt,
Bä r und Hund, der groß und kleine,
Tanzen, der Triangel klingt.

Pegasus mit Wiehern schreiet
Zu dem kleinen Pferde hier,
Des Zentauren Lust sich zweiet
Zu der Jungfrau, zu dem Tier.

Und der Walfisch, ein Hochzeiter,
Jauchzend im Eridan springt,
Und das Schiff, es flagget heiter,
In dem Pol sein Ruder klingt.

Bei dem Hafen jagdlich schweifen
Sehe ich Orions Licht,
Doch vor ihm die Flucht ergreifen
Heute die Plejaden nicht.

Liebend denket er mit Schweigen
Der Hyperboreerin,
Und vor Herkuls Seele streichen
Alle Thespiaden hin.

Cepheus, Cassiopeia neigen
Liebend zueinander sich,
Und Andromeda erreichen
Seh den starken Perseus ich.

Freudig laut der Fuhrmann geiß elt,
Und das Bö cklein zu ihm springt,
Und der Lö we lustgekrä uselt
Seinen Schweif zur Jungfrau schwingt.

Wie im Paradiese schweifet
Dort die Schlange lustgeringt;
Weil die Feigen sind gereifet,
Hoch der Rab den Becher schwingt.

Frei strö mt, wie zur Hochzeitsfeier,
Berenicens Locke hin,
Und im Klang von Orpheus Leier
Schaukelt trunken der Delphin.



  

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