Romanzen vom Rosenkranz 5 страница
Gott sprach zu den Menschen: |Surge, Eheu, eheu Christofore, Nam ad scholam tempus nunc est! | Und weckt ihn mit seinem Odem.
Und vom Himmel kam herunter Diese A-B-C-Methode, Und die neugeschaffne Jugend Ist daraus zum Doktor worden.
Aber schwer sind die Geburten, Nö tig sind die Rotationen, Und fatal ist das Versuchen, Seit das Weib den Tod geboren.
Und du lernst aus diesem Buche, Wie der Kaiserschnitt zu ordnen, Daß lebendig bleibt die Mutter Und das Kind auch sei gewonnen!
Denn wie alle ihre Wunder In den ersten Schriftleinsbogen Die Gelehrten gern hermustern, So ging's hier auch den Autoren.
Und weil Adam bei dem Buche Sich den Kopf zu sehr gebrochen, Fragte Eva, Rat sich suchend, Andere Kommentatoren.
Was im Stile oben dunkel, Hellen auf die untern Noten; Ü ber oben, ü ber unten Schrieb am Rand ein Geist die Glosse.
" Schweig, es ist genug; verstumme! " Spricht zu Moles nun Apone, " Ich weiß nicht, ob du den Dummen Spielest oder ob du spottest!
Hatt ich das in dir gesuchet? Redest du mir Kinderpossen, Oder bist du ein Verruchter, Der mich hö hnisch denkt zu foppen?
Hat ein Arzt dies Buch beim Sturme Von Krakovia verloren, Und hieß Amber Herr des Buches? Rede, sage es unverhohlen? " —
" Amber, ja, so steht im Buche, Und er war ein Ä thiope. " — " Hei! so ist ein Schatz gefunden! " Spricht in Freuden jetzt Apone,
" Gib es her! " — " Nein! " spricht der Bube, " Stelle mir die Horoskope, Jetzt, sogleich, in fü nf Minuten, Und dir geb ich's, wie gelobet! "
Und Apone fragt mit Murren: " Wann bist du geboren, Moles, Sag das Jahr, den Tag, die Stunde, Und ich stell die Horoskope. " —
" Meister, meine letzte Mutter Hat mich dieses Mal geboren In dem Jahre Siebenhundert, Am Geburtstag des Herodes,
In der lustgen roten Stunde, Da die Kindlein man gemordet. Sie hat selbst es in dem Buche Angemerkt mit kurzen Worten. "
Apo merkt sich diese Punkte, Hat der Kreise viel gezogen Und geschrieben viele Nummern An dem Boden mit der Kohle,
Und hierauf die ganzen Summen Von den halben abgezogen, Dann sich ernstlich drob verwundert, Als er fand die Horoskope.
" Du bist heut im Jahr der Stufen, " Sprach er, " hü te dich vor Rosen! Du bist heut in diesen Stunden Von Gefahren schwer bedrohet!
Hü te dich, denn ob dir runden Die Gestirn recht im Zorne, Einge Stellen bleiben dunkel, Die vom Feuer und vom Tode.
Denn dein Schicksal ist verbunden Mit unzä hligen Legionen, Unbekannt ist eure Mutter, Um Betrug wirst du betrogen
Und wirst sein von groß en Nutzen Einem hohen Philosophen, Und dies ist schon mit dem Funde Deines Buches eingetroffen.
Aber dunkler wird's und dunkler, Denn ich sehe die drei Rosen, Die zu einem starken Bunde Gegen dich sich fest verschworen.
Hü te dich vor einem Brunnen, Wo die Kinder drinnen wohnen, Denn du teilest diese Punkte Mit dem Tage des Herodes.
Und in manchen Konjunkturen Stehen meine eignen Pole Mit den deinigen verbunden, Denn mir drohen auch die Rosen.
Durch dich, was mich gar sehr wundert, Wird entstehen einst ein Kloster, Und die bö se Rosenblume Wä chst im Garten dieses Klosters.
Einem ungeheuern Sturze Bist du auch noch unterworfen; Jetzt wird's klarer: Deine Stunde Wird dir mit dem Feuer kommen. "
Und nun greift er nach dem Buches. " Nimm es hin! " sprach lachend Moles, " Du weissagst mir wenig Gutes, Mein Geschick ist nicht zu loben. "
Aber an dem Turme unten Schallet heftig nun die Glocke, Und da Apo schaut hinunter, Sieht er seiner Schü ler Horde.
" Was nur mag zu dieser Stunde Dieser Troß von mir doch wollen? " Und er ö ffnet mit dem Zuge Schnell des Turme kleine Pforte,
Lö schet in der grü nen Urne Schnell das Licht des Totenkopfes, Und es gleicht die schwarze Stube Einem alten dunkeln Boden.
Da die Schü ler auf den Stufen Seiner Tü re nä her kommen, Spricht: " O Meister, laß mich suchen Einen Winkel! " zu ihm Moles.
" Weil in diesen bö sen Stunden, Wie du sprachst, Gefahr mir drohet; Daß die Schü ler dich besuchen, Macht mich ä ngstlich und betroffen. "
Apo spricht: " Hier hinterm Stuhle Bist du gä nzlich wohl verborgen; Ich verhä ng dich mit dem Tuche, Das ihn rings bedeckt zum Boden. "
Und es ö ffnet sich die Stube. Apo sitzt wie auf dem Throne, Und in eine halbe Runde Sich die Schü ler um ihn ordnen.
Einer tritt dann mit der Urne Vor ihn, spricht: " O Herr, des Moles Asche in der Urne ruhet! Er starb eines seltnen Todes.
Ja sein Tod war recht ein Wunder, Denn die Sä ngrin retten wollend, Stü rzten zu ihm alle Gluten, Brannten ihn vor uns zu Kohlen!
Und wie auch des Wasser Fluten Rings wir auf ihn niedergossen, Brannt er bis zum letzten Funken, Und es blieb auch nicht ein Knochen!
Da ein Mö nch geweihten Brunnen Zu ihm sprengte ein'ge Tropfen, Ward er Asche; in der Urne Haben wir sie aufgehoben.
Herr verzeih, daß wir zur Stunde Uns hieher zu dir erhoben, Denn wir kommen hoch verwundert Zu dir, und entsetzt, erschrocken! "
Apo hö ret ihre Kunde, Und ihm stockt fast der Odem; Ä ngstlich spricht er: " Deine Zunge, Schü ler, hat sie nicht gelogen? "
Alle sprechen in der Runde: " Meister, es ist nicht gelogen, Denn es sah's die ganze Schule, Und es sahens alle Ordnen.
Und es schrieen alle: Wunder! Die gelö schet in der Oper, Da sie unsern teuern Bruder Sahn zu Asche niederlohern! " —
" So enthü llet mir die Urne! " Sprach Apone tief erschrocken, " Daß ich Ehre an ihm tue, Denn ich war ihm stets gewogen.
Lä ngst wuß t ich, daß dieser Stunden Groß e Nö ten ihn bedrohten; Seht: Hier mit dem schwarzen Ruß e Stellt ich seine Horoskope.
Er war eine der Naturen, Die im Zentrum aller Sonnen Feuer tragen in dem Blute, Das sich in sich selbst vertrocknet.
Seine Asche untersuchen Wollen wir am nä chsten Morgen, Daß er uns belehrend, nutze, Auch noch hilfreich in dem Tode! "
Da enthü llten von dem Tuche Sie die Urne; eine Wolke Schoß heraus, ganz dick und dunkel, Die rings durch die Stube rollte.
Sie drang auf mit solchem Schwunge, Daß der Schü ler stü rzt zu Boden, Und die Treppentü re suchend Alle ü bernander stoß en.
Wunderliche Zerrfiguren Bildete die wilde Wolke, Flog dann summend, eine Hummel, In den schwarzen Bart Apones.
Da er sie zu jagen suchte, Wuchs sie, ihm zu groß em Zorne, Aus dem Bart als Bart herunter Und flocht sich zu einem Zopfe.
Apo fä ngt nun an zu fluchen, Und ein hohles Lachen kollert Um ihn her. Nichts mehr zu suchen Hatten die Studenten oben.
Und die Treppe schier kopfunter Schossen sie hinab von oben, Ihre Seelen auch mitunter Diesem, jenem angelobend.
Apo glaubt in falschem Mute, Daß sie seiner spotten wollten, Und stü rzt nach mit seiner Rute Auf die armen jungen Toren,
Bis in seinem Bart verschlungen Er hinabzustü rzen drohte; Denn er stieß mit einem Fuß e Auf dem Weihbrunnkessel oben,
Der hellklingend auf den Stufen Widerspringend niederrollet Und der fliehenden Schuljugend Wie ein bö ser Donner folgte.
Hei! wie hat ein muntres Fluchen Da der zornge Mann erhoben! Aufwä rts tappend nach der Stube Ward er an dem Bart gezogen.
Da er eintrag in die Kuppel, War der Bart dem Zug gefolget Und fiel vor ihm in der Stube Schwarz als Asche auf den Boden.
Apo reiß t das Tuch vom Stuhle, Aber statt des Schelmen Moles Sieht er dort nur seinen Pudel Sitzend auf den Hinterpfoten.
Dieser Anblick macht ihn stutzen, Und es ging sein Zorn verloren; Vor der Ü berraschung Wunder War er innerlich erschrocken.
Er erkannte in dem Hunde Und in seinem Schü ler Moles, Was er nimmermehr vermutet, Einen heimlichen Dä monen.
Und sprach nun mit kalter Ruhe: " Bist du solchen Schrot und Kornes, Soll dir alles auch zugute, Wie du mir's geboten, kommen! "
Greifet dann nach einem Buche Und nach einer Glasesglocke, Die bezeichnet mit Figuren Und beschrieben rings mit Formeln.
Und mit seines Fingers Drucke Tö ne aus der Glocke lockt er, Die dem wundersamen Pudel Peinlich schallten in den Ohren.
Mit dem Winseln eines Hundes Schrie: " Erbarmen! " laut der Moles. " Laß mich nicht so schwer verschulden, Daß ich scherzhaft bin geworden! "
Doch zu quä len ihn nicht ruhet Apo mit dem Ton der Glocke, Bis der Geist zu allem Guten Sich ihm hoch und tief verschworen.
" Sprich, in welcherlei Figuren Soll ich kü nftig bei dir wohnen? " Fragt er, " da ich in den Gluten Starb, nach deinem Horoskope. "
Apo sprach: " Du bleibst mein Pudel; Aber soll ich deiner schonen, So erklä r die dunklen Punkte Gleich jetzt deines Horoskopes.
Wer war deine erste Mutter? Wer hat dich zuletzt geboren? Wie steht es mit jenem Buche? Was bedeut der Haß der Rosen?
Was hast du mit einem Brunnen, Welchen Kinder klein bewohnen? " Nun spricht aus dem Hundeknurren Zu dem Herrn der schlaue Moles:
" Ich weiß nichts von jenem Brunnen Und auch nichts von jenen Rosen, Sie sind mir wie dir so dunkel, Auch die Stiftung jenes Klosters.
Denn es gibt gar manche Wunder, Die mir ewig sind verschlossen: Aber ganz auf andre Spuren Hab ich suchend mich geworfen!
Wenn Biondetten du errungen, Wenn getö tet du Meliore, Wenn ohn Abendmahls Genusse Starb das Weib des Jacopone,
Wenn verzweifelt, ohne Buß e, Starb der Fackelgieß er Kosme, Und wenn stü rzt in schwere Schulden Seine jungfrä uliche Tochter,
Und in Raserei zugrunde Geht der Bruder Jacopones, Pietro, der die schö nen Blumen Ziehet vor dem rö mschen Tore:
Dann magst du und ich in Ruhe Ewig hausen vor den Rosen Und dem Kinde jenes Brunnens Und vor jenem neuen Kloster!
Aber willst du meine Mutter Kennen, lies die ersten Bogen Des dir hochgepriesnen Buches Von dem Weib des Erdensohnes! "
Also sprach der Geist. Zum Buche Sitzt begierig nun Apone, Ihm zu Fü ß en liegt der Pudel Augenfunkelnd an dem Boden.
Doch die Lettern dieses Buches Sind ihm unbekannte Formen, Und erzü rnt der Meister fluchet, Moles mit den Fü ß en stoß end.
" Was soll mir der welsche Plunder? Wahrlich, diese Schrift ist toller, Als im Schnee die krausen Spuren Hungrig scharrnder Hü hnerpfoten! "
Zu ihm schwä nzelnd spricht der Pudel: " Meister, diesen Fall ich lobe. Lang ging ich zu deiner Schule, Nun kannst du zu meiner kommen.
Ich will dir zur rechten Stunde Bald ein paar Tinkturen kochen, Und hast du davon getrunken, Liest du alle Hü hnerpfoten!
Und dann geb ich dir in kurzem Auch die rechte Lesmethode, Wie von oben du nach unten, Und von unten liest nach oben.
Denn das ist des Buches Wunder, Trotz dem Werk der Philosophen: Du magst lesen drü ber, drunter, Immer gleich bleibt dir geholfen.
Weil auf Schlü ssen es beruhet, Die von hinten aus nach vornen Was nach oben, was nach unten Ward verknü pfet, schnell entknoten.
Konsequenz allein ist Tugend, Und das Ding verkehrt genommen, Was man kann, weil es gerundet, Kann das Laster selbst uns frommen.
Hast du Kraft dazu gefunden, Magst du immer unverhohlen Schwimmen gen den Strom des Flusses, Streichen gen des Wuchs die Borsten.
So findst du der Freiheit Wurzel, Dringst vom Abgrund du nach oben; Allen Zwang hat ü berwunden, Wer entwurzelt das Verbotne! " —
" Schweig mit der Moral der Hunde! " Sprach beschä met nun Apone, " Sage her des ersten Buches Inhalt! " — Und zu ihm spricht Moles:
" Du liest in dem ersten Buche, Wie unendlich war ergossen Or Haë nsoph ohne Dunkel, Ein unendlich Leuchten Gottes.
Wie dem Lichte ist entsprungen, Sich rü ckziehend durch das Wollen, Dunkler Raum im Mittelpunkte, Worin ward die Welt geboren.
Wie sich in des Rü ckzugs Spuren Kreisend dann das Licht ergossen, Mannigfach des Raumes Dunkel Licht erringend hat umschlossen.
Und wie, alles durchfiguret, Adam Kadmon war geboren, Aus sich selbsten ausnaturend Die zehn Krä fte Sephirote.
Wie vier Welte sind entsprungen, Da lebendig war das Wollen: Asia, Briat, Aziluthe Und Jezirah, Antlitz Gottes.
Die Jezirah ist durchdrungen Von zehn hohen Engelchoren, In astralschen Leiber funkelnd Sind sie alle schon personet.
Die Asia ist die untre, Materialisch schon geformet, Drin die bö sen Geister wurzeln, Die in Gottes Zorn geboren.
Sie ist aus dem Streit entsprungen, Als das Ebenbildnis Gottes, Adam Kadmon, zu bewundern Gott die Engel aufgefordert.
Luzifer ist aufgedrungen Und hat da im ersten Stolze Adam Kadmon ausgerufen, Nicht als Bild, nein als den Gott selbst.
Denn als Gott sich ausfiguret In der Kraft des ewgen Wollens, Wollte Luzifer naturet, Ü ber ihm als Herr nun thronen.
Aber aus dem Licht ins Dunkel Ward er da hinabgestoß en; So entstand die Schwere unten, So ward untre Welt geformet.
Die nun materialisch rundet Als die Erde, Mond und Sonne, Aber doch in ihrem Schwunge Ist der obern unterworfen.
Und so sind in Gott entsprungen, Aber doch in ihrem Wollen Widerstreitend scharf zwei Punkte: Ewges Licht und ewges Dunkel.
Wer nun in der Tiefe suchet, Wo die starken Geister wohnen, Der wird stark in ihrem Bunde; Jeder ist dem Geist willkommen.
Selig aber sind die Dummen, Sie gehn auf im Schoß e Gottes, Wissen nicht das was sie tuen; Hast du Lust dazu, Apone?
Geiß le blutig dir den Buckel, Schlafe auf dem harten Boden, Kü ß kein Weib und bet hungre, Gehe stolz einher im Spotte!
Und vor allem sei ein Kluger, Wä hlst du in den Religionen Unter Heiden, Christen, Juden, Daß du triffst die rechte Pforte!
Oder willst du im Abgrunde Mit dem hohen Geiste wohnen? Willst du leuchten in dem Dunkel Vor den andern Philosophen?
Jauchze dann in ewger Jugend, Plä tschre in des Lebens Wogen, Daß dich heben Wollustfluten Ü bers Tor des ewgen Todes!
Denn das ist das hohe Wunder Und der Teufelsquell des Trostes, Daß wir nimmer gehen unter, Weil wir streben nur nach oben!
Wir allein sind fest gefuß et, Sind es durch Erkenntnis worden Von dem Bö sen und dem Guten; Stü rzen kö nnen die von oben,
Steigen kö nnen die von unten! " — Also sprach der schlaue Moles, Und begann von seiner Mutter Die Geschichte dann, wie folget.
** Romanze X: Schö pfungsgeschichte des Moles
" Als das Licht sich hat entzweiet, Stieg was leicht und sank was schwer, Und das Eine war gezweiet Zwischen Gott und Luzifer.
Luzifer, dem stolzen Geiste, Diente nun der feste Kern, Und was unterridisch kreiste, Nannte ihn den mä chtgen Herrn,
Der von unten aufwä rts greifet Und mit Wonne und mit Schmerz Was unsicher oben schweifet Niederreiß t ans erzne Herz.
Und der Oberflä che Zweifel Stehet an der Scheide Weg, Und das eben ist der Teufel, Daß so eben ist sein Weg.
Aber nieder sah mit Neide Gott zum festen Erdenstern, Und er wollte, daß sie beide Anteil hä tten an dem Kern.
Wollte, daß als Friedensgeisel Einer zwischen beiden geh, Und, des groß en Kü nstlers Meiß el Lobend, an der Sonne steh;
Der, den Geist der Erde preisend, Hafte an dem Grunde schwer, Mit der Stirne aufwä rts weisend, Mit dem Leibe irdisch wä r.
Und der Herr sprach: " Nieder reise Zu der Erde, Gabriel, Bring in ihre sieben Kreise Des Allmä chtigen Befehl,
Daß sie dir des Staubes reiche Aus den sieben Tiefen schnell, Daß ein Bildnis, das mir gleiche, Ich ihr draus zum Herren stell. "
Als der Seraph niedersteigend Zu der irdschen Feste schwebt, Lag die Erde einsam schweigend, Von der Geister Puls durchbebt.
Wo des Engels Flug ausgreifet, Spaltet sich das Firmament, Und aus seinen Ufern schweifet Bang das nasse Element.
Und es dreht sich das Eisen Schmerzlich in der Erde Herz, Daß die Quellen los sich reiß en Aus der Tiefe himmelwä rts.
Auf den Fittichen gebreitet Steht der Seraph vor dem Kern: " Erde, dir ist Heil bereitet Durch den Willen deines Herrn!
Sei gegrü ß t, Gebenedeite! Denn mit dir will sein der Herr, Und aus deinem Eingeweide Soll erstehen dir der Herr.
Und die Frucht aus deinem Leibe Soll dem Herren ä hnlich sehn; Daß dir Gottes Liebe bleibe, Soll sein Bild aus dir erstehn.
Drum aus deinen sieben Reisen, Von der Rinde bis zum Kern, Laß mich eine Handvoll greifen; Also ist der Will des Herrn! "
Vor des Engels lautem Schreie Widertö nt der Erde Erz, Und mit einem tiefen Schreie Tö net auf aus ihr das Herz:
" Gabriel! zum Herrn ich schreie, Tief in innrer Angst erbebt, Daß er mir den Wunsch verzeihe, Daß ich bleibe unbelebt.
Daß ich jungfrä ulich im Scheine Seines Lichtes freudig steh, Nimmer um den Menschen weine, Nicht in Sü nde untergeh.
Jetzo bin vor Gott ich reine; Soll ein Herr aus mir erstehn, Wie soll bleiben er der meine, Wenn er in das Licht gesehn? "
Und den Seraph hat das Weinen Der Jungfrä ulichen bewegt, Zu des ewgen Lichtes Scheinen Ihn der Flü gel wieder trä gt.
Und wo er im Flug verweilet In der weiten Himmelshö h, Geht die Sonne, da er eilet, Auf, daß sie die Erde seh.
Und er sprach: " O Herr, verzeihe! Mich durchdrang ihr rü hrend Flehn; Ihre Bitte, Herr, verleihe, Laß in Reinheit sie bestehn! "
Doch der Herr sprach: " Will im Scheine Meiner Sonnen keusch sie gehn, Will sie bleiben immer reine, Eh ihr auf die Augen gehn?
Sie liegt in des Traumes Zweifel, Wenn mein Bild nicht auf ihr lebt; Aus ihr schreiet nur der Teufel, Wenn sie zierend widerstrebt. "
Und der Herr sprach: " Niedersteige Zu der Zü chtgen, Michael! Daß sie dir des Staubes reiche, Nach des Ewigen Befehl! "
Als der Seraph sie umkreisend Sieht im Mittagsglanze stehen Und, des Herren Milde preisend, Sich im Sonnenstrahl ergehn,
Rü hret ihn, den gö ttlich Freien, Der nicht kannte irdisch Weh, Ihr metallisch heiß es Schreien, Daß ihr hart Gewalt gescheh.
Und er blieb, zur Hö he eilend Bittend vor dem Ewgen stehn, " Herr! " sprach er, " hö r Gnad erteilend Schonend an der Erde Flehn!
Ich hab sie im Sonnenkleide Also schuldlos schlummern sehn, Aller Trä nen Augenweide Unter meines Fittichs Wehn.
Als ich meine Flü ge breitend Sie mit meinem Flug erweckt, Ihre Schmerzen tief mitleidend, Hat mich ihr Geschrei erschreckt! "
Und der Ewge sprach: " So steige Zu der Jungfrau, Raphael, Daß sie dir des Staubes reiche, Bringe ihr des Herrn Befehl! "
Und der Seraph niederschweifet Ü berm blauen Wogenmeer, Und die Erde lag umreifet Von dem Abendglanz umher.
In dem roten Sonnenscheine War sie so in Trauer schö n, Stille lauschend, wie sie weine, Blieb er auf den Wogen stehn.
Und von ihrem heiß en Weinen Wurden seine Flü gel schwer, Und er muß te mit ihr weinen Nieder in das dunkle Meer.
Da er in die Wogen weinet, Da erbitterte das Meer, Und ihr Herz in Schmerz versteinet Floß in salzgen Quellen her.
Und der Engel wollte weichen, Da die Sonne stieg zur See, Und er stellt zum Friedenszeichen Ihr den Mond in blauer Hö h.
Da er zu dem Licht aufreisend Durch das hohe Himmelsfeld, Rollen seine Trä nen kreisend Um die Erd das Sternenzelt.
Und der Herr sprach: " Niedersteige Zu der Erde, Azrael! Daß sie dir des Staubes reiche, Bringe ihr des Herrn Befehl! "
Und der Seraph weit ausbreitet Er die Flü gel um sich her, Daß der Schatten mit ihm schreitet Und die Nacht so tief und schwer.
Ihn soll nicht ihr Schmerz ergreifen, Er will sie nicht trauern sehn, Und vor ihm an ihren Reifen Mond und Sonne untergehn.
Von der neuen Lichter Scheine Die Geblendeten vergehn, Als sie freudg und alleine In ihr eigenes Herz gesehn,
Und fand allerlei Gebeine, Die das Licht in ihr erregt, Fand in sich die edlen Steine Dunkel schimmernd ausgelegt.
Und traumwandelnd sie beschleichet Nun der schlaue Azrael, Und die Trä umerin sie reichet Sieben Staube dem Gesell.
Da er zu dem Ewgen steiget, Ließ er sie im Schlafe stehn, Der der Erde hat gezeiget, Daß sie mü sse untergehn.
Da den Staub dem Herrn er reichet, Spricht der Ewge: " Azrael! Wer das Leben so beschleichet So vollbringet den Befehl,
Der soll alle Seelen leiten Zu dem Himmel, zu der Hö ll, Die sich von dem Leben scheiden, Todesengel Azrael! "
Und die Erden schä rfer scheidend Ließ des Meisters Will entstehn, Tiere immer hö her schreitend Kriechen, schwimmen, fliegen, gehn.
Und die sieben Erden einet Er zum Menschen noch zuletzt; Der da lachet und auch weinet War zum Erdherrn eingesetzt.
Ihn haucht an der Herr der Geister, Hat ihm einen Geist geschenkt, Daß er ä hnlich sei dem Meister, Irdisch lebend gö ttlich denkt.
Von der Erd zum Sternenkreise Reicht er, wenn er aufgestellt; Sonnen gleich zu Gottes Preise War das Antlitz ihm erhellt.
Ruhend ihm die Stirne reichte, Wo die Sonne aufersteht; Ruhend ihm die Ferse reichte, Wo die Sonne untergeht.
Und die Tiere und die Geister Blieben betend vor ihm stehn, Glaubten ihn den ewgen Meister, So war herrlich er und schö n!
Doch da sie ihm nä her schreiten, Haben sie ihn erst erkennt, Da er schrie: " Die Herrlichkeiten Gottes sind ohn Zahl und End! "
Aber Gott sah ihn mit Neide, Wollte ihn verkleinern gern, Auf daß kü nftig unterscheide Man den Diener von dem Herrn.
Ließ vom Schlafe ihn beschleichen, Den erfunden Azrael, Zu ihm, zu den irdschen Reichen Stieg er, daß er ihn bestehl.
Machte um viel Ellen kleiner Und beraubt sein eigen Werk, Streute um ihn her die Beiner, Daß er seine Herrschaft merk.
Und da Adam war alleine, Sah die Tiere paarweis gehn, Wollt der Herr, daß er nicht weine, Ihm nach einem Weibe sehn.
Und er rief: " Hernieder steige in die Tiefe, Azrael! Daß sie dir des Staubes reiche, Bringe ihr des Herrn Befehl! "
Aber alle sieben Kreise Waren durch und durch belebt, Daß den Staub er zu sich reiß e, Harten Kampf der Geist erhebt.
Als er in der Nacht ausgreifet, Griff er in ein Pfauennest, Und den Vogel hochgeschweifet Steckt im Wolkengurt er fest.
Weiter fassend zu ihm schleichet Eine Katze augenhell, Funken sprü hen, wenn er's streichet, Aus dem glatten Schmeichelfell.
Aus der Wurzel sodann reiß t er Belladonna Azrael, Und Fü nffingerkraut; der Meister Wird schon wissen, was ihm fehl.
Eine Purpurschnecke reichet Ihm sodann das weite Meer, Und aus seiner Hö hle steiget Basiliskus zu ihm her.
Und mit diesen Sechsen einet Er den Kö nig, der sich hebt, Und in roter Schminke scheinet, Wenn Merkur bei Sulphur lebt.
Diese bö se Sieben reichet Klug dem Engel Luzifer, Der vor ihm im Dunkel schleichet, Als wenn er die Erde wä r.
Diese Sieben formt zum Leibe Nun der Herr, die sonst getrennt, Gibt dem Adam sie zum Weibe; Lilith war das Weib genennt.
Adam! Adam! du muß t leiden, Dir ist bö s ein Weib gesellt! Wer mag dich von Lilith scheiden, Die vom Herrn dir ward bestellt?
Schreiend, widergellend, keifend Eifert sie und widerbellt, Mit den tausend Augen schweifend, Die der Pfauenschweif enthä lt.
Und da heuchelt sie und schmeichelt In dem weichen Katzenfell, Und wenn er betö rt sie streichelt Kratzt und beiß t sie den Gesell.
Nach der Belladonna weisend Er sie etwas giftig nennt, Bald auf seinen Wangen beiß end Das Fü nffingerkraut entbrennt.
Purpur und Zinnober weiset, Wie es mit der Wahrheit steht, Wenn der Basiliske gleiß end Aus der falschen Schminke geht.
Ewig waren sie entzweiet, Sie erkannt ihn nicht als Herrn, Den Schemhamphorasch laut schreiend Flog sie in die Lü fte fern.
Da sprach Adam: " Herr der Geister, Lilith floh aus meiner Welt; Sie will nicht, daß ich als Meister Ü ber sie sei aufgestellt! "
Gott ließ nun drei Engel reisen, Die sie fanden ü berm Meer; Sie zur Gü te hinzuweisen, Machte sie den Engeln schwer.
Und nichts konnte sie erweichen, Daß sie zu dem Adam kehr, Und die Engel, daß sie schweige, Drohn zu stü rzen sie ins Meer.
Da schwur sie, zur Qual alleine Sei geschaffen sie zur Welt, Zu der eignen Kindlein Peine Sei zum Leben sie bestellt.
Und der Herr sprach: " Ja, so bleib es! Doch, um sie zu bä ndigen, Sollen Kinder ihres Leibes Tä glich hundert untergehn! "
Und seit diesen Fluch der Meister Ließ ergehen fü r ein Recht, Sterben tä glich hundert Geister Aus der Lilith Urgeschlecht.
Um den Adam zu beschleichen, Gott sein Haupt in Schlummer senkt, Stiehlt die Rippe ihm, ein Zeichen, Daß der Mensch denkt und Gott lenkt.
Denn er war durch Schaden weiser, Scheute sich vor Luzifer, Und er geht Werke leiser, Will nun keine Erde mehr.
Und die Rippe wird zum Weibe; Heva hat er sie genennt, Sie war Fleisch von Adams Leibe, Und sie haben sich erkennt.
Ihre Locken zu den Seiten Flocht und schmü ckte ihr der Herr, Salbte sie, und tanzend schreiten Muß te sie zu Adam her.
Tausend Engel, sie zu preisen, Vor dem klaren Weibe gehn, Singend, spielend sie umkreisen Rings mit himmlischem Getö n.
Und es tanzten rings den Reigen Sonne, Mond und Sterne fern Nach der Engel Harf und Geigen Vor der Braut des Erdenherrn.
Wä hrend seinen Segen beiden Reichet gü tig nun der Herr, Zu der Mahlzeit sie zu leiten Eilten dann die Engel her.
Auf dem Tisch von Edelsteine Da die Hochzeitsspeisen stehen, Schenkend wohlgekü hlte Weine Engel um die Tafel gehn.
Gott zeigt in dem Paradeise Einen Baum, der hoch aufstrebt, Spricht: " Die Frucht nehmt nicht zur Speise, Sie ist tö dlich! " und entschwebt.
Da er von der Erde weichet, Von dem Herren zum Geschenk Raphael ein Buch ihm reichet, Daß er seiner Liebe denk.
Aller Schö pfung Heimlichkeiten In dem Buch verzeichnet stehn, Und die Engel aller Seiten Schleichen, in das Buch zu sehn.
Hinter seinem Rü cken schreibet Ab das Buch der Samael, Luzifer ihn dazu treibt, Daß auch nicht ein Buchstab fehl.
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