Romanzen vom Rosenkranz 3 страница
Von dem wilden Sang erwecket, Kam nun Apo auch zu Sinnen, Der in seiner Weisheit Netzen Hing wie eine giftge Spinne.
Und kaum trat er auf die Schwelle, Nä hert sich der heilgen Linde, Als ein Lebehoch entgegen Ihm von allen Lippen dringet.
Aber vor ihm fliegt ein Degen, Senkrecht in die Erde dringend, Den Meliore seinem Gegener Krä ftig aus der Faust legierte.
Und Apone fragt verlegen: " Wer hat diesen Gruß geschicket? " Und Meliore spricht: " Vergebet, Es ist meines Gegners Klinge.
Nicht um Ehre, noch um Leben Fecht ich hier, bloß um die Klinge: Diese euch zu Fü ß en legend, Wä hlt mein Glü ck euch selbst zum Richter.
Und ich reich euch meinen Degen, Weil ich kann mit beß rer Sitte Weder rechten hier, noch fechten! " Spricht Apone — " Werdet stille!
Denn es ist ein schwerer Frevel, Jetzt Tumulte anzuspinnen, Da der ganze Staat sich trennet In zwei feindliche Partien.
Wer jetzt offnen Lä rm erreget, Gleicht der Krä he, welche pickend Auf dem hohen Alpenschnee Anstoß gibt zu den Lawinen,
Die sich wä lzend mä chtig schwellen Und verderbend niederdringen, Mit des kalten Eises Decke Stä dt und Dö rfer ü berrinnend.
Ü bt ihr also meine Lehre, Die euch auf die stolze Spitze Hö hrer Anschauung gestellet Der Natur und der Geschichte?
O, ihr kramt noch im Elenden, Streitend um gemachte Lichter, Ihr, die ich so frei gelehret Mit den Sternen umzuspringen!
Wollt ihr hier die Gieremei Und die Lambertazzi spielen, Die blind gen einander fechtend Tö richt hier ihr Blut vergieß en?
Welcher Jammer kö nnt entstehen, Wenn, in euern Lä rm sich mischend, Die argwö hnenden Geschlechter Sich erblickten und erhitzten?
Und schon seh ich allerwegen Mü ß ig Volk heran sich ziehen. Stecket ruhig ein die Degen, Tretet um mich bei der Linde.
Wer war unter euch zugegen Und nicht in den Streit verwickelt? Er soll treulich das Entstehen Dieses Kampfes mir berichten. "
Aufgefordert naht der Redner, Beiß t rhetorisch sich die Lippe: " Meister, deine Weisheit ehrend, Preis ich selig mein Geschicke,
Daß mir ward ein groß er Lehrer, Der mich lehrte Frieden stiften. Frü her schon war mein Bestreben, Diesen Zwiespalt zu vermitteln.
Doch mir war der Wind entgegen, Der hier weht durch diese Linde, Und die reizende Sirene, Die in diesen Meeren singet.
Er verachtete mein Reden, Und mit frecher Hand beschimpfte Jenen er, der von Biondetten Eine Pause wollt erzwingen.
Aber nicht um eigne Ehre Hat der Kampf sich so erhitzet; Herr, es galt um deine Lehre, Die er traf mit giftgem Witze! "
Also schloß der falsche Gegner. — Apo spricht: " Nun ins Gesichte Wiederhole mir die Reden, Knabe, die du sprachst zum Schimpfe! "
Doch Meliore hat vergessen, Daß er stehet im Gerichte; Er gedenket an Biondetten, Wie sie sang die Totenhymne.
Was sie fromm fü r ihn gebetet, Als er flehend zu ihr blickte, Fü hlt er schon als Himmelssegen Sich durch alle Adern rinnen.
Wie in geisterfü llte Segel Blickt er ins Gewö lb der Linde, Freudig stö ß t er ab die Erde, Hin nach schö nrer Heimat dringend.
Aber wie am Sterbebette Rechnend gern der Teufel sitzet, Zerrt ihn nun Apones Rede Vom Unendlichen zur Ziffer.
" Meister, was Ihr habt begehret, Laß t mich gü tig nochmals wissen, Sagt mir's schnelle, denn die Schwelle Meines irdschen Hauses zittert. "
Apo spricht: " Was meiner Ehre, Meiner Lehre du zum Schimpfe Sprachst, des Streites freche Quelle, Sollst du in den Bart mir spritzen! "
Und Meliore spricht: " Vollendet Hatte Guido grad, der Bildner, Ein Gemä lde voller Schrecken Und zur Schau es ausgestellet.
Wie Aglaure und die Schwestern Wild vom Wahnsinn sind ergriffen, Kniend um den Korb Athenes, Den sie treulos aufgerissen.
Giftig aus dem Korbe strecken, Um das Kind Erechtheus ringelnd, Sich zwei Schlangen, und Entsetzen Packt die tö richten Geschwister.
Um den Busen will sich Herfe Gü rtend eine Schlange winden, Und es steigt ihr Haar zu Berge, Denn das Tier hä ngt an dem Kinde.
Und Aglaurens Fä uste treffen Rasend ihre eigne Stirne, Wä hrend Krampf die Fü ß e hebet Und zu wilden Sprü ngen zwinget.
Und Pandrosa zuchtvergessen Hat sich das Gewand zerrissen; Antlitz, Busen, Schoß und Lende Sind ein Spiegel der Erynnen.
Hinter ihnen steht Athene, Ernst in Marmor gottgebildet; Bö sen Fluges Vö gel schweben Um der fernen Tempel Zinnen.
Still und mannigfach erreget Hatten wir dies Bild umringet, Bis, sich ja nicht zu vergessen, Einer alle schnell erinnert:
" Jedes Kunstwerk, das vollendet", Sprach er und zog hoch die Stirne, " Muß, um klar sich auszusprechen, # wird niemals beendet Stehen auf ewigen Begriffen.
Doch, wie ich mich auch mag setzen, Vor und in und nach dem Bilde, Seh ich tot nur vor mir stehen Dieses Werk des alten Pinsels. —
Ei, der zweite ihm entgegnet, Mit der Schlange bei dem Kinde Ist wohl auf das Leid des Herren Und den Sü ndenfall gestichelt. —
Mit den tö richten drei Schwestern Meinet er, sprach dann der dritte, Juden, Christen, Sarazenen Streitend um die wahre Kirche. —
Und der vierte nun versetzte: Die drei Tugenden der Christen Sind es, die sich toll gebä rden: Glaube, Hoffnung und die Liebe: —
Und ein fü nfter sprach: Ich sehe Hier entsetzt die Charitinnen Vor dem dreigeeinten Helden In angstvoller Flucht begriffen. —
Ach, was kö nnen, sprach der sechste, Juden, Sarazenen, Christen Und die Grazien hier erhellen, Die doch selbst Allegorien!
Mir sind es die drei Essenzen, Die das Wesen Gottes bilden, Im Begriffe eins zu werden In dem Wahnsinne der Christen.
Und der siebente wollt sehen Die drei Punkte Syllogismi, Denen Abä lard das Wesen Der Dreieinigkeit verglichen.
Ja, sprach dann der achte frecher, Sie sehn drein wie Heloise, Die den Mittelsatz entbehret, Weil den Nachsatz er vermisset.
Doch mir sinds drei Fakultä ten, Theologen, Mediziner Und Juristen, sie umgeben Tief erschreckt Apones Wiege. —
Und noch schlimmrer Rede Frevel Stand ich vor dem Schreckensbilde Mehr als durch es selbst entsetzet, Doch ich wiederhol sie nimmer!
Und nun trat von seiner Schwelle Guido selbst heraus zum Bilde; Kahl, ein Greis, in seiner Rechten Hielt er eines Messers Klinge.
Und er sprach: Mit frecher Rede Habt ihr mir das Herz zerrissen! Hat die rä chende Athene Euch, Gesellen, auch ergriffen?
Wiß t, ich war in tiefster Seele Lang ob dieser Zeit ergrimmet, Welche zu entblö ß en strebet, Was Gott keusch verhü llt will wissen.
Dieses schä ndlichen Entdeckens Strafe wollte ich hier schildern, Und ihr treibt denselben Frevel Mir vor meinem zü chtgen Bilde!
Doch ich folg des Herren Lehre: Gibt dein Aug dir Ä rgernisse Reiß es aus, tritts an die Erde! Liebes Bild, ich muß dich richten. —
Und nun riß er mit dem Messer Zü rnend durch des Bildes Mitte, Und zertrat mit bittren Trä nen Wild sein mü hsam Werk mit Fü ß en.
Seiner lachten noch die Frechen, Dem das Liebste sie entrissen; Das traf tief ihn in der Seele, Und er stand in Trä nen zitternd.
Und das Messer aus der Rechten Muß t liebkosend ich ihm winden, Daß er nicht zum Mö rder werde, Schmeichelnd in das Haus ihn zwingen.
Seine Axt, die in der Ecke Stand — er ist zugleich ein Zimmrer — Muß t die Tochter schnell verstecken, Als ich ä ngstlich ihr gewinket.
Denn er war so tief erreget, Daß er gä nzlich schien von Sinnen Und die Tochter kaum erkennte, Vor ihm auf den Knien liegend.
Und er schrie: O Himmel, sende Mir die Bä ren, die zerrissen Jene Buben, den Propheten Ob des nackten Hauptes schimpfend;
Denn mit Lachen seine Fenster Jene gottlos noch umringten, Und die Laden vorzulegen Wollten sie mich schmä hend hindern.
Schrieen scherzend: Freund, wir sehen Uns dir heut sehr tief verpflichtet, Weil du fü r uns einen Bä ren Angebunden beim Philister! —
Da ich nun hinausgetreten, Derb die Schmach mir zu verbitten, Fragte mich dort jener Gegner Hö hnend mit dem frechen Witze:
Lag das Findelkind Biondette Auch in solchen Schlangenwindeln, Weil du, gleich den tollen Schwestern, Sinnlos wardst, sie anzublicken? —
Alle lachten Beifall gebend. Fassen konnte ich mich nimmer, Und ich trat ihm wild entgegen, Sprach zu ihm mit scharfer Stimme:
Schä m der Rede dich! Athene Schä mte auch sich dieses Kindes, Denn sein Vater war, du Frecher, Frech und wie dein Gleichnis hinkend!
Willst du deutelnd schä rfer treffen, Sprich: Des Teufels Hirngespinste, Die mein Lehrer Weisheit nennet, Sah ich in Erechteus Windeln!
Denn im trunkenem Erfrechen Will sie sich mit Gott vermischen, Und empfangen von der Erde Gleicht sie wohl dem Drachenkinde.
Gleicht das trü be Wortgefechte, Das die Schule um uns stricket, Nicht dem Korb, in dem sich's dehnet, Wenn die Schlangen aufwä rts dringen?
Springt der Decke, und ihr stehet Auf dem Standpunkt: den Alciden Glaubt ihr in dem Korb zu sehen, Wie er Schlangen wü rgt im Schilde!
Schreit auch wohl: " Ich will vergessen, Daß im Spiegel dies gebildet, Daß ich selbst ein Gott hier stehe, Der sich auf sich selbst besinnet!
Und den letzten Flug erhebend Zu den Gö ttern aufzudringen, Bringt, den Gnadenstoß zu geben, Euch der Teufel gar von Sinnen.
Euch steht nur das Haar zu Berge, Und dies nennt ihr reines Wissen; Nennts der Isis Schleier heben, Hebt ihr schamlos euern Kittel!
Wie durchs Maul und um die Kehle Schlechte Gaukler Viper schlingen, Zieht der Teufel eure Seelen Sich durchs Maul philosophierend.
Und ihr kö nnet nicht mehr beten Und ihr kö nnet nicht mehr dichten. Die die Schlange hat zertreten, Ist barmherzig, Gott ist Richter! —
Also habe ich geredet, Zwar erregt, doch wohl bei Sinnen, Und sie drä ngten mit dem Degen Mich bis zu der heilgen Linde,
Wo ich zu Biondettens Ehre, Aber nicht zu Eurem Schimpfe, Ruhig bliebt bei meiner Rede. Meister, nun seid Ihr der Richter! "
Und Apone zornbeweget Spricht mit falscher Kä lte: " Immer Betend, horchend, fechtend, redend Finde ich dich bei der Linde!
Jacopone, dein gelehrter Bruder, lehrt dich wohl die Schliche; Er kann auch die Worte drehen In der Kirch und vor dem Richter.
Er, der die Parteien hetzet, Um sie kü nstlicher zu schlichten, Als wenn ich ein Bein verrenkte, Um es wieder einzurichten.
Ihn, der naseweis sich stellet In der Fraktionen Mitte, # Faktionen Werden einst die Schweine fressen Weil er sich der Kleie mischet.
Du bist von ihm angestecket, Dem juristischen Philister, Der verachtend meine Lehre Im lateinschen Stalle mistet.
Doch die Gieremei werden Einst verfluchen seine Listen, Und die Lambertazzi werden Einst bereuen seine Pfiffe.
Und ihr Streit wird dann erst enden, Wenn in seines Herzens Mitte Ihre Klingen sich begegnen, Einen ewgen Frieden stiftend! "
Und Meliore spricht: " O Lehrer, Ü bel bleibst du bei der Klinge; Um mich bitterer zu treffen, Willst du meinen Bruder schimpfen!
Ungerechter, den gerechten Bruder du statt meiner schimpfest, Denn du trä ffst auf den Unrechten, Schimpftest du ihm zu Gesichte!
Um das Recht mit Spott zu treffen, Willst die Rechte du beschmitzen, Doch ich rä che den Gerechten, Deines Beispiels mich bedienend.
Du sprachst, unser Streit sei Frevel, Weil er leicht das Volk erhitze, Und im Zorne wirst du selber Jener Anstoß der Lawine!
Ob dem reinen Glanz des Schnees Leicht ein dunkler Rab erbittert, Und den bö sen Schnabel wetzend, Stö ß t er nieder die Lawine!
Schmä hst du meines Bruders Ehre, Dieser Musenalpe Zierde, Sonnenglä nzend auf dem ewgen Eispalaste der Juristen,
Schmä hst du ewige Gesetze, Der Gesellschaft Urgranite, Dann schimpfst du den Kern der Erde, Der zum Licht dringt in Gebirgen! " —
" Ja, ich schmä he, " sprach der Lehrer, " Die Pandektentitel-Flicker Und die unfruchtbaren Rechte, Kahl wie deine Urgranite!
Die sich immer kahl vererben, So wie ö der Berge Gipfel, Von Geschlechte zu Geschlechte Ihre alten Knoten schlingend.
Und wie magst du diese Zwerge In papiernen Nestern nistend, Noch vergleichen mit den Bergen, Die juristischen Philister? "
Und Meliore spricht: " Die Zwerge, Ja sie wohnen in Gebirgen, Schmieden dort die starken Schwerte, Eitle Riesen zu bezwingen.
Aus der Tiefe mit den Bergen Wä chst das Eisen auf zum Lichte, Und von ihnen wiederkehret Alles zu der Tiefe wieder.
So steigt nieder von den Bergen Die Natur, und ihren Gipfeln Sind die weiten Sü ndflutmeere, Ist der Zorn zuerst entwichen.
So steigt nieder von den Bergen Die Geschichte: auf der Spitze Sinai gab Gott Gesetze Mosen fü r die Israliten.
Wenn die Erde lä ngst verwelket, Steht noch das Granitgerippe, Und des Wassers Flut begegnend Heulet drum das Spiel der Winde.
So auch stehen die Gesetze, Wenn die Staaten rings versinken Und unzä hlige Geschlechter An dem alten Recht sich bilden. "
Apo spricht: " Das Recht so kennend, Wirst du das Gesetz auch wissen, Daß Bologna Repetenten Nie erkennt ungraduieret.
Und du hast das kaum Erlernte Dennoch mir hier repetieret; Du kurzä rmiger Geselle, Wisse, daß du delirierest!
Denn die Kerkerstrafe stehet Auf dem offnen Disputieren Von Studenten gegen jeden, Den die hö hern Wü rden zieren. " —
" Ja, ich kenne die Gesetze, " Spricht Meliore, " und die Pflichten Eines Christen, daß er rede Den Verkehrten ins Gewissen. " —
" Predge weiter, " sprach der Lehrer, " Und entpflichte dich, mein Christe, Daß ich dem Gesetz dich gebe Ungestö rt in deinen Pflichten! "
Und Meliore sprach: " Ich nenne Jene Berge, euch Gewitter; Euer dunkelmaulend Wesen Ist nur dunkel, um zu blitzen.
Seit die Welt im Zirkel gehet, Kü hlet sich das Wetter blitzend, Doch, als sei's das erst und letzte, Blä ht sich jegliches Gewitter.
Nur daß man die Sterne heller Sehe auf der Berge Gipfel, Lasset ihr, euch selbst verwetternd, Euren trü ben Schwall verwittern.
Und wo werdet ihr dan stehen, Wann zuletzt der ewge Richter Nach den ewigen Gesetzen Euch und jene kommt zu richten?
Die geschimpfet auf die Recht, Werden stehen auf der Linken, Da wo Gottes Affen stehen, Die gefallnen Engel hinkend.
Die unzä hligen Systeme Frevelnder Philosophien Werden flehen, bei den Hexen Auf den Besen aufzusitzen.
Ihr Allfresser, wo des ersten Magen noch der zweite frisset, Wenn ihm selbst schon aufgefressen Seinen Magen hat der dritte!
Ja, der Teufel wird den letzten Noch zertrennen in der Mitte, Daß das Maul den Leib kann fressen; So wird sich die Kete schließ en!
Meister, du hast diese Schwerter In der Schule selbst geschliffen, Hö hre Anschauung mich lehrend Der Natur und der Geschichte. " —
Aber zu dem Volk gewendet Ruft Apone: " Holla, Sbirren, Diesen Jü ngling fü hrt zum Kerker! " Und Meliore wird umringet.
Nochmals blickt er nach Biondetten, Folget freudig dann den Sbirren, Als sollt er zur Hochzeit gehen, Denn er hö ret ihre Stimme.
Und zu seinem Turme kehret Apo wird, finstern Blickes; Brach er gleich den Speer der Rede, Haftet tö dlich doch der Splitter.
Freudig nichtig, gleich Raketen, Luftgetragen auf den Stimmen Hö rt er noch ein Vivat brennen, Und der Schwarm verliert sich singend.
Leise Lü fte hö r ich wehen, Schü chtern kehren zu der Linde Auch die Vö gel, und es treten Aus dem Haus die beiden Kinder.
Rosablanka und Biondette Grü ß en sich mit stummen Winken; Da sich ihre Wege trennen, Lassen sie die Blicke sinken.
** Romanze VI: Pietro
Sieh, es schü rzet Rosablanke Sich ihr Rö cklein vor dem Tore, Rü ckt den Korb, daß er nicht wanke, Sich bequemer auf dem Kopfe.
Ganz befangen in Gedanken Und erfü llt mit neuer Sorge Eilet durch das Feld die Schlanke Wie auf traumbeschwingter Sohle.
Hö ret nicht den " Guten Abend", Den der Wandrer ihr geboten, Und erwidert kaum das Amen Auf ein: Jesus sei gelobet!
Aber an den letzten Garten Steht des Gä rtners Fenster offen: " Rosablanke, Rosablanke! " ruft er ihr mit freudgem Tone.
" Willst du so vorü ber wandeln? Nimm vorlieb; hier sind Melonen, Feigen, Ananas, Orangen, Alle bloß fü r dich gebrochen!
Lange hab ich dein geharret; Die mit dir zum Markte zogen, Sind schon lang zurü ckgewandert. Wo hast du so lang verzogen? "
Und die Jungfrau spricht, sich sammelnd: " Bald hä tt ich mein Wort gebrochen, Aber lieber mirs erlasse, Denn es sinket schon die Sonne!
Ä ngstlicher, als du geharret, Harret mein der Vater Kosme. Sieh, wie lange schon die Schatten! Wä re ich den Berg erst oben!
Sei Geleitsmann deinem Gaste, Ich will deine Gü te loben! " Also bittet Rosablanke; Jener greift nach seinem Korbe,
Fü llt ihn unten mit Orangen, Legt die zarten Feigen oben, Hä ngt zur Schulter ihn am Stabe, Tritt heraus und schließ t die Pforte.
Und er spricht zur Seite wandelnd: " Zü rnen hä tt ich mit dir sollen, Sehnlich hab ich dein geharret, Und nun ist auch dies verloren!
Dies ist ihrer Schritte Schallen, Glaubt ich, wenn mein Herz so pochte, Blickte ä ngstlich durch die Kammer Ob auch alles sei geordnet.
Und wenn ich dann wieder dachte: Sie versprach dirs nur zum Hohne, Fü hlt das Herz ich lauter schlagen Als den Tritt der leichten Sohlen.
Wer mir bot den guten Abend, War an mir zum Lü gner worden, Und die schnellen Stunden standen Boshaft still an meiner Pforte. "
Also sprach er. Trä nen drangen Ihm ins Aug, geheime Boten Zü chtger Flamme, die gefangen Lag bis jetzt im Jugendstolze.
Doch dies fü hlt nicht Rosablanke. Ungeschickt zu seinem Troste Spricht sie: " Gib mir die Orangen, Die du fü r mich abgebrochen! "
Nimmt die goldne Frucht und danket. Mutiger spricht er: " O Holde, Wolltest du mit gleichem Danke Nehmen, was du selbst gebrochen!
Was vertraulich bei dem Mahle Ich, dein Wirt, dir bieten wollte, Dieses Herz muß auf der Straß e Scheu und unstet ich dir opfern.
Mich ernä hret wohl mein Garten; Um Bologna aller Orten Siehst du keinen so gewartet Und so vorteilhaft geordnet.
Und, verzeih, ich muß es sagen; Also hab ich ihn erzogen In dem heimlichen Verlangen, Daß du drinnen mö gest wohnen.
Wä rst du mit hineingegangen, Unter bunten Blumenkronen Eine Kö nigin, empfangen Hä tt ich dich mit dieser Krone! "
Und nun setzt er Rosablanken Auf das Haupt die Blumenkrone, Die er in dem Korb bewahret, Ruhend auf den Frü chten oben.
Und die Jungfrau in Gedanken Gehet mit bekrä nzten Locken Ihm zur Seite durch den Abend, Gleichend einer stummen Flore.
Pietro aber spricht: " Dein Vater Kö nnte dann bei uns auch wohnen, Und er wä re nie verlassen, Eines blieb ihm stets zum Troste.
Und an manchem schö nen Abend Kö mmt mein Bruder Jacopone, Der an Weisheit hochgeachtet, In den Garten, sich erholend.
Und zur Freundin wirst du haben Rosarosen, seine fromme Stille Gattin; dir gefallen Wird mein Bruder auch, Meliore. "
Aber stumm bleibt Rosablanke, Und der Jü ngling spricht betroffen: " Schweige nicht, o laß mich Armen Nicht in zweifelhaftem Troste.
Seit als Gä rtner deinem Vater Ich gepflegt die roten Rosen, Trag ich heimlich, Rosablanke, Weiß er Rosen bittre Dornen.
Ich versetzte ihm im Garten Weiß e, rote, gelbe Rosen Und begehrt am letzten Abend Eine weiß e mir zum Lohne.
Da gabst du von deinem Stamme Mir ein Zweiglein, dicht in Moose Hü llt ich's, trug's zu meinem Garten, Stellt es in den besten Boden.
Schonend ist der Sonne Wagen Ü ber dieses Reis gezogen, Segnend hat des Mondes Schale Guten Tau zu ihm gegossen.
Hoch bei goldnen Pomeranzen Rankt sie aus den grü nen Wolken, Deines Namens Sternbild strahle Gü nstig meinem Horizonte!
Paradiesisch blü ht der Garten, Seit die Rose bei mir wohnet, Und ich gleich dem ersten Manne, Eh das Weib geschaffen worden. "
Aber Rosablanke dachte Nun des Traums von diesem Morgen, " Pietro, " sprach sie, " eine Schlange Rankt um deinen Baum die Rose!
Und der Herr hat sie geschaffen Aus der sehnsuchtvollen Woge Seines Busens; des Entschlafnen Herz entstieg die Traumgeborne.
Die Orange wird zum Apfel, Und der Apfel wird zum Tode, Willst du schließ en in die Arme, Die dir in dem Herzen wohnet.
Heute frü h in meinem Garten Grub er traurig bei den Rosen Nach dem gö ttlichen Erbarmen, Das er mit dem Weib verloren.
Und die bunte, bö se Schlange Drang zu mir und meinen Rosen, Doch Mariens Fü ß e traten Nieder diese Schuld des Todes.
Nimm zurü cke die Orange, Die du mir vom Baum gebrochen, Denn ich teile keinen Apfel Weil der Herr um mich gestorben. "
Also redet Rosablanke. Pietro schweigt, und tief betroffen Legt der Jü ngling die Orange Zu den andern in dem Korbe.
Schweigend gehn sie nun zusammen Bis zu der Kapelle oben, Und des Abends Zaubergarten Schwankt vor ihrem Aug entrollet.
Aus den Tä lern wä chst der Schatten, Und es betet schon die Sonne Ihren Abendsegen, schwankend Auf des Waldes goldnen Kronen.
Durch des Himmels Grü nde wallen Wolkenschafe, goldgeflocket; In dem Abendmeere badend Trinken sie die Purpurwoge.
Und zum Rosengarten wandelt Sich zu baden nun die Sonne, Einen Mantel webt im Schatten Ihr die Nacht aus grauem Flore.
Als sie schwebet ob dem Bade, Gleicht es einem Feueropfer, Sie dem Phö nix, der mit Flammen Sich verjü nget in dem Tode.
Aber rings aus Luft erstarren Hohe Purpurburgen, golden Wundervolle Inseln wachsen Aus des Ä thers glü hnden Wogen.
Und die Inseln werden Drachen Und die Burgen all Sankt George Und der Sonne Strahlen Lanzen, Gen die Drachen blank erhoben.
Aber ewig sich verwandelnd, Wo sie aufeinander stoß en, Ziehn sie eine Bucht kristallen Um der Sonne Bad voll Rosen.
Wie ein Schä fer scheu und schmachtend, Lauschend schleicht auf leichten Sohlen Zu der sprö den Hirtin Bade, Zieht der Mond schon hinter Wolken.
Nieder zuckt sie gleich Dianen; Jungfrä ulich erglü hnd im Zorne Spritzt empor sie Goldkristalle, Birgt den Schoß im Wellenschoß e.
Und der Mond, den Tropfen trafen, Steht gehö rnt gleich Aktä one, Und zu Sternen rings erstarren Um ihn her die goldnen Tropfen.
Mahnend zieht die Nacht den Mantel Vor des Unterganges Tore, Und die Herzen fü hlen alle, Wer verloren, wer gewonnen.
Seine Schmerzen nicht mehr fassend, Spricht nun Pietro: " Deine Rosen, Sonne, sind im Abendgarten All verblutet an den Dornen.
Paris gab den goldnen Apfel Liebend hin der Schaumgebornen, Aber mir ward ausgeschlagen Die Granate, scheu geboten!
Und die Sonne gleicht dem Apfel, Paris gleicht dem Silbermonde, Und das Meer des Unterganges Der entschleierten Dione.
Aber ach, meine Granate Gleicht den Ä pfeln von Gomorrha, Innen voll von giftger Asche, Auß en lustig und voll Wohnne.
Und es drohet mir die blanke Todessichel dort des Mondes, Wie in meinem armen Garten Tö dlich steht die weiß e Rose! " —
" Pietro! " spricht nun Rosablanke, " Umschaun hat der Herr verboten, Sahst du in den Abendflammen Sodom und Gomorrha lodern.
Gab zurü ck ich dir den Apfel, Denk getrö stet meiner Worte: Keinen Apfel mit dem Manne Teil ich; Jesus ist gestorben!
Lasse sinken all dies Trachten, Lasse sinken diese Sonne, Lasse wachsen diese Schatten! Sinkt zur Ruhe, wä chst zum Troste!
Sieh, die Kerne der Granate, Die verglichen du der Sonne, Sind als Sterne aufgegangen, Leuchtend zu den Ewgen Lobe.
Betend sollst du nun betrachten, Wie gehü tet von dem Monde Sie wie Gottes Lä mmer wandern, Und du sollst nicht trauern wollen.
Trauern nicht um die Granate, Trauern nicht um eine Rose, Trauern nicht um Rosablanke, Die dem Himmel sich verlobet! "
Und nun nimmt sie die Gewande Von Biondetten aus dem Korbe, Legt sie an und fromm verwandelt Steht sie eine weiß e Nonne.
Pietro spricht: " Leb wohl, zum Garten Kehre ich, die Hochzeitskrone Pfleg ich dir, dir muß sie tragen weiß e Rosen, mir die Dornen! "
Und zur Erde kniet er jammernd, Aus den dunklen Augen flossen Trä nen heiß, und seine Arme Hielt er schmerzemporgehoben.
Aber in den Bü schen raschelt's, Und die Jungfrau spricht: " Es kommen meine Freunde, ausgegangen Sind die Hirsche, mich zu holen.
Beten werd ich noch heut abend, Daß die kü hlen Tauestropfen Diese Nacht dein Herz erlaben, Und dich ruhig seh der Morgen. "
Pietro spricht: " Es wird die Flamme In der Nacht noch wilder lodern, Bü ß end streue meine Asche Sich ins falbe Haar Aurore! "
Doch sie schreitet zu dem Walde: " Jesus Christus sei gelobet! " Pietro spricht ein leises Amen, Und der Mond tritt aus den Wolken.
** Romanze VII: Kosmes Buß e I
Allem Tagewerk sei Frieden, Keine Art erschallt im Wald, Alle Farbe ist geschieden, Und es raget die Gestalt.
Tauberauschte Blumen schließ en Ihrer Kelche sü ß en Kranz, Und die schlummertrunknen Wiesen Wiegen sich in Traumes Glanz.
Wo die wilden Quellen zielen Nieder von dem Felsenrand, Ziehn die Hirsche frei und spielen Freudig in dem blanken Sand.
In der Dü fte Schwermut wiegen Sich die Rosen in den Schlaf, Das Geheimnis ruht verschwiegen, Das sie in den Busen traf.
Und es wandeln, die sich lieben, Flü sternd auf dem selgen Pfad, Wo sie gestern Scherze trieben, Zu des Meeres Glanzgestad.
Die Sirene stimmet wieder Ihre giften Lieder an, Und die Herzen tauchen nieder In untiefen sü ß en Wahn.
Denn es schied die Sonne wieder In der ewgen Flammen Pracht, Und es hebt die dunklen Glieder Abermals die alte Nacht.
Und die Erde aufgeriegelt Sendet ihren Geist heran, Um das Haupt schwebt sternbesiegelt Ihm der blaue Weltenplan.
Und des Waldes dunkle Riesen Drä ngen sich ums enge Tal, Und durch ihre Kronen gieß en Sterne geisterhaften Strahl.
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