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Vielleicht



Ein unentbehrliches Wort, ist doch unser Leben von Ungewissheiten umgeben und durchdrungen. Das Gegenteil wä re ‚sicher‘. VIELLEICHT ist nicht ganz das gleiche wie ‚kann sein‘. Kann sein deutet die Mö glichkeit an. VIELLEICHT ist sehr vage, lä sst nicht sehr auf eine Mö glichkeit hoffen. Ein Ausweichswort. Und je nach Betonung fast eine Ablehnung. Oder doch ein Versprechen? In frü heren Zeiten wurde das VIELLEICHT einer Dame von dem Herrn als ja interpretiert, wä hrend sie das Nein fü r ein VIELLEICHT hielten. Patriarchalische Zeiten, die zum Glü ck vorü ber sind. Will man diesem Wort der Ungewissheit ein wenig Farbe verleihen, es verlockend oder vertrö stend klingen lassen, muss man es entsprechend intonieren. Den Akzent auf die erste oder auf die zweite Silbe legen. – So wenig kann viel Unterschied machen. Da wird immer wieder die enge Verflechtung von Sprache und Musik spü rbar. VIELLEICHT ist auf dem Weg zwischen einer Mö glichkeit und einem Ziel. Sei es, dass derjenige, der VIELLEICHT sagt, selbst im Ungewissen ist, sei es, dass er den anderen mit Absicht im Ungewissen lassen will. VIELLEICHT: eine Hoffnung oder die Einschrä nkung einer Hoffnung oder Befü rchtung. Ein relativieren des Wort.

 

Vielleicht lä sst sich an VIELLEICHT besonders gut die Spannweite eines kleinen Wortes zeigen:

Wie hoffnungsvoll strahlen doch Kinderaugen, wenn man auf die Frage, ob der Osterhase ein ersehntes Spielzeug bringen wird, „VIELLEICHT! “ antwortet.

 

Und wie bedrohlich und aggressiv kann andererseits ein VIELLEICHT klingen, wenn es aus Empö rung gesprochen wird:

„Na VIELLEICHT halt! “

droht der Angerempelte, und seine Worte schwanken zwischen gefä hrlicher Rache und der befristeten Chance, eine Entschuldigung zu akzeptieren und dadurch eine Kampfhandlung gerade noch zu vermeiden. “

 

Vorbei

Man mö chte ein gastlicher Mensch sein, aber Gastlichkeit, so schö n sie ist, erfordert einen gewissen Aufwand.

„Schauen Sie doch einmalVORBEI! “

sagt man dann so leichthin, und der Angesprochene fü hlt sich dadurch nicht unbedingt eingeladen, eigentlich ü berhaupt nicht eingeladen, und wahrscheinlich wird er niemals vorbeischauen. Wü rde er es tun, was Befremden auslö sen wü rde, wä re es ein Besuch im Vorbeigehen, ohne sich aufzuhalten, ohne Platz zu nehmen sogar. Etwas das schnell vorbeigeht. Welchen Sinn hä tte das? Es ist die Wortgewordene Unverbindlichkeit.

 

Hinter der Einladung „Komm doch VORBEI! blitzen Unachtsamkeit fü r die Mü hen der anderen und Unaufrichtigkeit, was die eigene Ernsthaftigkeit betrifft, hervor. Und selbst wenn die Einladung im Aufwallen eines kurzen Gefü hls von Sympathie entspringt, geht es doch meist rasch wieder unter in der andauernden Ü berforderung und Unfä higkeit, Beziehungen Raum und Zeit zu geben.

Vorbeischauen kann auch kaschieren, dass man jemandem eine Erledigung zumutet:

 

„Schau doch in der Buchhandlung VORBEI, ob…“

Es ist ja bloß ein Vorbeischauen, kein Hin- und Hineingehen, Fragen und ein Buch heimschleppen.  

 

VORBEI ist VORBEI – traurig oder glü cklich befreiend. Etwas sinkt in die Vergangenheit. VORBEI ist es auch mit dem frü her ü blichen Vorbeikommen auf einen Sprung, ohne sich angemeldet und schon ein bis zwei Wochen davor den Termin fixiert zu haben. Man kam einfach vorbei bei seinen Nachbarn, Freunden, Verwandten, erkundigte sich nach dem Befinden, nach Neuigkeiten, brachte seinerseits eine Nachricht, nahm vielleicht ein angebotenes Schlü ckchen zu sich und verabschiedete sich wieder. Farecompagnia nennt man das in Venedig. Es stabilisiert freundschaftliche Beziehungen. Aber natü rlich kann es auch unwillkommen sein. Man braucht eben Takt und Sensibilitä t, um das Richtige zu tun.

 

Wer hä tte gedacht, dass man im Vorbeigehen so destruktiv sein kann? Die beiden Silben kö nnen die Belastung eines anderen oder die Wichtigkeit, die etwas fü r uns selbst hat, in unbewusster Absicht herunterspielen.

„Bringst du mir das Buch VORBEI? “,

egal, was das fü r einen Umweg oder welche Parkplatzsuche es mit sich bringt. VORBEIist es jedenfalls dann oft mit jeder Rü cksicht.

 

 

Wohl

 

Es ist WOHL anzunehmen, dass es bei diesem Wort nicht darum geht, dass etwas wohl gelungen sei oder dass sich jemand wohl fü hlt. Aber irgendein Bezug zu dieser positiven Bedeutung muss doch bestehen! Zumindest im Sinne einer Bestä tigung. Und bestä tigt muss nicht unbedingt etwas Positives werden.

Der hat WOHL keine Ahnung, was es bedeutet…

WOHL ist nicht immer wohlwollend gemeint. Es verstä rkt und bestä tigt eine Feststellung. Wü rde man das WOHL weglassen, wü rde sich nichts am Inhalt ä ndern, aber es gibt einen kleinen Unterschied. Und so wie der Ton die Musik macht, so bringen die kleinen Wö rter einen Farbton in die Aussage, und das kann eine mehr kalte oder mehr warme Farbe sein. Und dadurch verrä t sich eine Gesinnung.

 

Da bin ich doch optimistischer. Es stimmt zwar, dass WOHL eine Feststellung bestä tigen kann, wie ein JA-WOHL. Aber WOHL kann auch auf sanfte Weise Raum schaffen und die Mö glichkeit einrä umen, nicht zu drä ngen, sondern einem Nachdenken Zeit oder rü cksichtsvoll einer Bitte geringeren Nachdruck zu geben wie in folgendem Satz:

„Kö nnten Sie mir WOHL behilflich sein, den Koffer herunterzuheben? “

Selbst wenn es sich um eine ä rgerliche Kritik handelt, kann WOHL die Aggression einbremsen:

„Es wä re doch WOHL nicht zu viel verlangt gewesen, dass du absagst, wenn du nicht kommst. “

Es scheint davon abzuhä ngen, ob man das Gewicht mehr auf seine eigenen Gedanken oder Empfindungen legt oder auf das Verhalten einer anderen Person oder des Gesprä chspartners. Man kann sich selbst Zeit geben und sich Einhalt gebieten, oder Rü cksicht auf jemand anderen nehmen. Manchmal geht beides Hand in Hand. Und manchmal sind diese Motive aber auch nur vorgetä uscht. Man kommt also nicht umhin, auf den Ton zu lauschen, wenn man die Gefä hrlichkeit dieses kleinen Wortes ergrü nden will.

Ziemlich

 

ZIEMLICHdeutet eine Qualitä tsstufe ungenau an. Ob sich etwas ziemt oder nicht, damit hat ZIEMLICH eher nichts zu tun. Oder doch? Es ist auch eine Verzö gerung in dem Wort enthalten. Wenn der Klavierlehrer sagt

                                               „Das ist schon ZIEMLICH gut“,

muss noch eine Weile geü bt werden. Aber die Ermunterung ist ausgesprochen, und das Ziel ist in greifbarer Nä he. Wenn etwas ZIEMLICH schlecht ist, dann ist es nicht weit entfernt von ganz schlecht. Vielleicht ziemt es sich nicht, harsch und ‚unverblü mt‘ zu sprechen, sodass ZIEMLICH wie ein ‚Blü mchen‘ trö stlich mildernd wirken soll.

                                          „Dein Benehmen ist ZIEMLICH arrogant“

klingt eindeutig weniger krass als der gleiche Satz ohne ZIEMLICH.

 

Bei ZIEMLICH sieht man, wie eng Qualitä t und Quantitä t zusammengehö ren, denn oft lenkt es unsere Aufmerksamkeit auf das Ausmaß, das nicht genau definiert, aber doch angedeutet wird:

Der Zug wird wieder ZIEMLICH viel Verspä tung haben.

Man weiß noch nicht, wie viel, aber jedenfalls ist es einem subjektiv zu viel.

Meist handelt es sich um Ä rgerliches, also etwas, was sich eigentlich nicht ZIEMT und nicht passieren sollte. Man kann ein Ereignis oder dessen Folgen noch nicht abschä tzen:

Die Kreditkarte zu verlieren ist ZIEMLICH ä rgerlich.

Freilich kann es auch verwendet werden, um ein stä rkeres Gefü hl in vertretbaren Grenzen zu halten. Der Verlust der Kreditkarte ist ä rgerlich, aber keine Katastrophe. Ein romantischeres Beispiel:

Du hast mir ZIEMLICH gefehlt.

Es muss ja nicht immer eine eindeutige Liebeserklä rung sein, man kann ja seine Gefü hle erst einmal vorsichtig und kontrolliert andeuten.

Zwar

 

„Ich wollte ZWAR wegfahren, aber wenn du kommst, bleibe ich. “

Wenn jemand fü r mich dableibt, der wegfahren wollte, habe ich ein schlechtes Gewissen. Ich habe ihn gehindert, seine Plä ne durchkreuzt. Das ist mir unangenehm, andererseits freut es mich. Derjenige, der meinetwegen nicht wegfä hrt, zeigt mir mit seinem ZWAR, dass ich ihm wichtig bin, jedenfalls wichtiger als das, weswegen er wegfahren wollte. ZWAR ist ein subtiles Wort. Ein Wort der gelö sten oder scheinbar gelö sten Ambivalenz. Kein Schwanken mehr zwischen diesem und jenem, eine klare Entscheidung, die allerdings den vorangegangenen Konflikt noch zeigt. Vielleicht war ein Widerstand zu ü berwinden. Ein Schwanken zwischen Neigung und Pflicht. Ein Zurü ckweichen und Bedenken. ZWAR ist lautlich nicht sehr angenehm. Es erinnert ein wenig an Zwickmü hle. Niemand kann dableiben und wegfahren zugleich. Man kann nicht beides haben. - Aber handelte es sich um etwas wirklich Ersehntes, wü rde man das einschrä nkende ZWAR nicht verwenden. Man wü rde es nicht in Betracht ziehen, man hä tte vergessen, wofü r es hä tte stehen kö nnen.  

 

Manchmal kann es sich nicht um einen allmä hlich in den Hintergrund tretenden Konflikt zwischen zwei Mö glichkeiten handeln, sondern um das allmä hliche Auftauchen eines solchen. Man kann sich noch nicht ganz und nicht leicht vom ursprü nglichen Plan wegzufahren trennen und beginnt erst jetzt zu realisieren, dass einem das leidtut und man ein geplantes Vergnü gen opfern muss, wenn man hier bleibt und auf den Besuch wartet. Das ZWAR gibt dem, der die Plä ne durchkreuzt, einen kleinen Hinweis, dass man seinem Besuch ZWAR den Vorrang gibt, dass aber das Aufgeben der ursprü nglichen Absicht nicht ganz konfliktfrei ist und daher wenigstens gebü hrend geschä tzt werden sollte.

 

1 Aber

2 Aha

3 Allerdings

4 An sich

5 Bloß

6 Echt

7 Egal

8 Eh

9 Ehrlich

10 Eigentlich

11 Erstens

12 Ganz und gar

13 Gewisser

14 Halt

15 Heutzutage

16 Irgendwie

17 Jedenfalls

18 Jein

19 Kaum

20 Klar, „klaro“, „alles klar“

21 Kurz und gut

22 Leider

23 Meins

24 Naja

25 Nein

26 Nichtsdestoweniger

27 Nicht un…

28 Noch

29 Nur

30 Schon

31 So wie

32 Sozusagen

33 Ü berhaupt

34 Ü brigens

35 Vielleicht

36 Vorbei

37 Wohl

38 Ziemlich

39 Zwar

 

 

Elisabeth Schawerda studierte Germanistik und Kunstgeschichte, schreibt Lyrik, Essays und Kurzgeschichten. Sie ist Mitglied des ö sterr. Schrifttellerverbandes und des P. E. N. -Clubs und lebt in Wien und Venedig.

Zuletzt erschienen:

Verflechtungen, Gedichte 2015 Living Edition

Diese leichte Trance, Gedichte aus Venedig 2017 Edition thurnhof.

 

Sylvia Zwettler-Otte, Mag. Dr. phil., , , Psychoanalytikerin und Autorin. Wien.

Studium der Altphilologie und Germanistik. Doktorat in Psychologie.

Ausbildung in Katathym Imaginativer Psychotherapie, Lehrtherapeutin.

Ausbildung zur Psychoanalytikerin, Mitglied der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung (WPV) und der International PsychoanalyticAssociation (IPA) seit 1992, Vorstandmitglied der WPV von 1996-2004, von 2000- 2004 Vorsitzende der WPV.

Mitglied des Ö sterreichischen Schriftstellerverbands.

Autorin und Herausgeberin mehrerer deutschsprachiger und englischer Bü cher, darunter

· Kinderbuchklassiker psychoanalytisch (Hrsg. ), 1. Aufl. 1994, Ernst Reinhardt-Verlag; 2., erweiterte Ausgabe Juli 2002, dtv: Von Robinson bis Harry Potter

· Die Melodie des Abschieds - eine psychoanalytische Studie zur Trennungsangst. 2006, Verlag Kohlhammer

· Ebbe und Flut – Gezeiten des Eros. 2011. Verlag Kohlhammer

· Warum Lehrer Lehrer wurden. 4. Auflage 2015, Ikon Verlag

· Wir hatten ein Haus in Pompeji, 3. Auflage 2015, Ikon Verlag

 



  

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