|
|||
Nur (siehe auch Bloß)Noch Das NOCH bewegt sich dem Nichtmehr entgegen. Es ist eine Bedrohung, die das Vergehen und Verfließ en enthä lt und ankü ndigt. Das Fragezeichen, die Ungewissheit, die lauernde Gefahr. Das NOCH drü ckt keine Selbstverstä ndlichkeit aus, es ist ein trennender Grat. Auf dieser schmalen Klinge geschieht unser tä gliches Leben. Es ist das Ungewisse in der Gegenwart, das von etwas Gewissem, dem bereits Vergangenen ausgeht. Ein Verweilen im Vergehen. Das Noch kann ein Aufatmen sein, fü r eine gewisse Zeit. Im NOCH NICHT ist ein Versä umnis oder eine Bedrohung ausgedrü ckt. Ein Aufschub. NOCH ist es nicht zu spä t. NOCH kann etwas korrigiert, vollendet werden, aber…? Die Sprache sagt uns mehr, als wir hö ren wollen. Deshalb hö ren wir nur ungenau auf sie. Das NOCH verpflichtet zur Sorgfalt im Umgang mit dem Leben. Es ist die Trennung zwischen einer Erfahrung und dem vorangegangenen Zustand ohne sie. Das NOCH NICHT kann auch eine freudige Erwartung enthalten, das Erlebnis eines bevorstehenden ersten Males. Aber es gibt nur ein einziges erstes Mal. Es kann auch eine angstvolle Erwartung prolongieren. Das NOCH kann einem Komparativ vorausgehen, antreibend, verstä rkend: noch schneller, noch besser… ‚NOCH EINMAL‘, ein Kinderwort, das einen Genuss verlä ngern, wiederholen will, und doch weiß, dass sich das ‚NOCH EINMAL‘ zum ‚EINMAL NOCH‘ umkehrt, ehe es endgü ltig genug ist. Mit einem Seufzer der Erleichterung sagt man nicht selten im Lauf des Lebens ‚das ist NOCH EINMAL gut gegangen. ‘ ‚IMMER NOCH‘: ein widersprü chliches NOCH, das dem Immer einen Akzent verleiht, der kann sü ß oder bitter sein. Aber wie sehr sich das Immer auch bemü hen mag, die Unvergä nglichkeit zum Ausdruck zu bringen, das NOCH weist es diskret in Schranken und rü hrt mit diesem einzigen Wö rtchen an das Wissen um das Loslassenmü ssen, das meine Mitautorin „das sanfteste Derivat des Todestriebes“ nennt. NOCH NIE – ein Bedauern? Eine zufriedene Feststellung? Was macht das NOCH vor dem Nie? Will es uns sagen, dass was NOCH nie war, vielleicht doch geschehen kö nnte? NOCH und wieder. Zwischen dem NOCH und dem Wieder tut sich ein Raum auf. Wenn wir diese beiden kleinen Wö rter mit zwei weiteren kleinen Wö rtern kombinieren, wird der Raum sichtbar. Ist etwas NOCH immer so oder schon wieder so? Eine Frage, eine Ungewissheit, und man steht mitten drin. Man weiß vom Vergangenen und sieht das Jetzt. Aber ob sich das Jetzt an das Vergangene fugenlos angeschlossen hat, ist ungewiss. Man war nicht zur Stelle. Man hat es nicht miterlebt
NOCH NIE: schafft zeitliche Distanz, schafft einen Hof fü r Auß ergewö hnliches, das man NOCH nie gesehen oder gehö rt habe. Es kann Empö rung, aber auch Sehnsucht nach etwas bisher nicht Erreichtem oder Erlebtem mitschwingen. Und es bewegt sich auf ein unwiederbringlich verlorenes Nimmermehr zu.
Nur (siehe auch Bloß )
NUR reduziert, ob es sich nun zum Beispiel um eine Stö rung, einen Vorwurf oder eine Leistung handelt. Man mö chte NUR darauf hinweisen. Man hat ja NUR gefragt… Jemand hat sich NUR emporgearbeitet.
Meist ist es der erwartete Affekt des anderen, der damit klein gehalten werden soll: der Ä rger ü ber die Stö rung, ü ber die Kritik, oder den Neid des anderen um den Erfolg. NUR grenzt auch ab und ein: man will ja nur…es ist also ohnehin wenig, was man verlangt. Nahezu drohend kann es dadurch etwas hervorheben, wenn man jemandem NUR mehr das Eine sagt…ein Abbruch der Beziehung schwebt im Raum, gaukelt Selbstkontrolle vor und konfrontiert den Angeredeten mit der Wucht dieser Drohung. Manchmal wirkt die Reduktion wie ein feiger Rü ckzieher: man steht nicht zu seinen Wü nschen, Bedü rfnissen und Erwartungen, man wollte ja NUR…wobei das Imperfektum zum rä umlichen Rü ckzug noch den zeitlichen hinzufü gt, obwohl es sich offenbar um einen noch gegenwä rtigen Wunsch handelt.
Es ist eine Reduktion der anderen Art, wenn NUR einer Sache, einer Person oder einem Ort eine Sonderstellung gibt: „Wien, Wien, NUR du allein…“
NUR schließ t alles andere aus, um das eine hervorzuheben: „Ich liebe NUR dich! “
|
|||
|