4. Welche Rolle spielt in Bunins Erzählung als auch in Mosebachs Roman neben dem Hotel Quisisana der Palast des Tiberius auf Capri?

These: Sowohl Bunins Erzä hler als auch der Krass-Roman nehmen mit dem rö mischen Tyrannen eine moralisch-wertende Position ein. Sie bestimmt den Ideengehalt.

Besonders deutlich fä llt eine Affinitä t zwischen den Erzä hlwerken Mosebachs und Bunins auf, wenn man die symbolische Botschaft betrachtet, die von den italienischen Villen und Palä sten ausgeht. In der Episode, in der Krass eine Luxusimmobilie besichtigt, beschreibt der Erzä hler die Schö nheit des Zerfalls wie folgt:

Der groß e Raum war eingestü rzt, durch das Loch in der Decke sah man in den oberen Stock. Das Desaster lag schon eine Weile zurü ck, so daß Pflanzen begonnen hatten, die hä ß lichen Wunden zu umranken und zu umkrä nzen. Nichts tä uschte darü ber hinweg, wie erbä rmlich die Substanz des Mauerwerks war, immer wieder die Ziegel, mit Bruchsteinen aus dem grauen Kalk der Insel gemischt, einst mit Gips dekorativ ü berkleistert, der jetzt zum grö ß ten Teil heruntergefallen war. " (K, 152)

Der Blick zurü ck auf den lä ngst verfallenen Glanz der Villa Faraone (ital. Pharao) deutet auf Triumph und Macht untergegangener Imperien. Verweise auf antike Muster findet man bereits beim Anmarsch auf die Villa, der Weg fü hrt „bestä ndig ansteigend" ü ber Wege, „von Feldsteinmauern eingefasst" (K, 148) zum Ziel. Ä hnlich fallen die Wanderungen des Superreichen aus San Francisco aus, er weilt auf Capri, „um auf den Steinen an der Stelle herumzusteigen, wo der Palast des Tiberius gestanden hat" (SF, 25). Dass der „Herr" und Krass auf gleichen Wegen wandeln, zeigt, dass die Villa Faraone „genau unterhalb des tiberianischen Palastes [lag]" (K, 148). In diesem Sinne korrespondieren die bei Bunin erzä hlten Ereignisse im Tiberius Palast sowohl mit der Lebensgeschichte des Herren als auch mit der des Ralph Krass. Um den Vergleich zu prä zisieren, lohnt es deshalb einen Textausschnitt ü ber die Taten des Tiberius zu zitieren:

Auf dieser Insel lebte vor zweitausend Jahren ein Mensch, vö llig verstrickt in seine grausamen und schmutzigen Taten, der irgendwie die Macht ü ber Millionen von Menschen errafft hatte, [... ]. (SF, 48)

Der rö mische Tyrann erscheint in einem Atemzug mit aktuellen Zeitgenossen, die „ebenso unbegreiflich und in Wirklichkeit auch ebenso grausam, wie er, jetzt in der Welt herrschen". (Ebd. ) Bunins moralisch-wertender Vergleich zwischen antiken und gegenwä rtigen Machtmenschen.

Bunins „Herr" und Ralph Krass- sind hochvermö gende Geschä ftsleute mit einem selbstherrlichen Ego, die sich mit anderen Menschen umgeben, wenn jene ihnen nutzen oder als Marionetten zur Bewunderung beitragen. Sie machen ihre Geschä fte im asiatischen Raum; Krass, dessen „Sympathie [... ] lange Asien [gehö rte]" (K, 115), tritt die Erbschaft von Bunins Krö sus an, der „die Chinesen [... ] zu Tausenden zur Arbeit verschrieb" (SF, 9).

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