Хелпикс

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Sechstes Kapitel



 

Als sie ihr Zimmer betrat, traf Cathé rine zu ihrer Ü berraschung Sara in heftigem Wortwechsel mit Tristan l'Hermite an. Die laute Stimme der Zigeunerin war bis auf die Treppe hinaus zu hö ren, wä hrend der Flame sich bemü hte, ihr in viel gemä ß igterem Ton zu antworten. Erst der Eintritt der jungen Frau beruhigte die Streithä hne, ü ber Saras zornrotem Gesicht war die Haube verrutscht, und Tristan lehnte mit verschrä nkten Armen und einem aufreizenden halben Lä cheln um die Lippen am Kamin.

»Darf ich erfahren, was hier vorgeht? « erkundigte sich Cathé rine ruhig. »Man hö rt euch bis zur Galerie brü llen! «

»Man hö rt Madame brü llen! « berichtigte Tristan friedfertig. »Was mich betrifft, dü rfte ich die Stimme kaum gehoben haben. «

»Das erklä rt mir noch nicht, weshalb ihr euch streitet, ü brigens, ich wuß te gar nicht, daß ihr euch kennt. «

»Wir haben soeben Bekanntschaft geschlossen«, entgegnete der Flame sä uerlich. »Um es Euch gleich zu sagen, gnä dige Dame, Eure treue Dienerin billigt unsere Plä ne nicht. «

Die wenigen Worte genü gten, um Saras Zorn von neuem anzufachen, der sich diesmal allerdings gegen Cathé rine richtete.

»Bist du wahnsinnig? Du willst dich als Zigeunerin verkleiden und dich so diesem miserablen Kä mmerer nä hern? Wozu, wenn ich fragen darf? Um vor ihm zu tanzen wie Salome vor Kö nig Herodes? «

»Sehr richtig! « gab die junge Frau trocken zurü ck. »Nur mit dem Unterschied, daß ich nicht den Kopf eines anderen verlangen werde, sondern seinen eigenen! Auß erdem erstaunst du mich, Sara. Ich dachte, du wä rest glü cklich, ein Weilchen unter deinen eigenen Leuten leben zu kö nnen! «

»Fragt sich noch, ob es meine eigenen Leute sind. Ich bin nicht mit allen Wanderstä mmen verwandt. Ich gehö re zum mä chtigen Stamm der Kaldé ras, der einst den Horden Dschingis‑ Khans gefolgt ist, und nichts beweist, daß die unter den Mauern von Amboise kampierenden Leute von demselben Stamm sind wie ich. Vielleicht sind es nur gewö hnliche Djâ ts und …«

»Die beste Methode, es festzustellen, ist, hinzugehen und sich selbst zu ü berzeugen! « unterbrach Tristan.

»Ihr wiß t nicht, was Ihr da sagt. Die Djâ ts wü rden mich nicht gut aufnehmen. Augenblicklich herrscht Rivalitä t zwischen den beiden Stä mmen. Ich mö chte nicht riskieren …«

Diesmal schnitt Cathé rine ihr ungeduldig das Wort ab.

»Genug! Ich werde mit Messire l'Hermite zu diesen Zigeunern gehen. Es bleibt dir ü berlassen, mitzukommen oder nicht. Welcher Stamm es immer sei, er wird mich aufnehmen. Wann brechen wir auf, Messire? «

»Morgen, in der Nacht. «

»Warum nicht heute nacht? «

»Weil wir heute nacht anderes zu tun haben werden. Dü rfte ich Euch bitten, Euer Haar herunterzulassen? «

»Und warum nicht ihr Kleid? « brummte Sara verä rgert, weil sie von Cathé rine heruntergeputzt worden war. »Mit den Toilettenangelegenheiten einer Dame hat ein Mann nichts zu scharfen! «

»Ich habe nicht die Absicht, in Eure Rechte einzugreifen, holde Dame«, erwiderte der Flame mit spö ttischem Lä cheln. »Ich mö chte mir nur ü ber etwas klarwerden. «

Gehorsam hatte Cathé rine schon die Nadeln herausgezogen, die ihre Haube festhielten. Das befreite Haar fiel in rotgoldenen Wellen bis zum Ansatz ihrer Schultern herab.

»Eure Haare sind nicht lä nger? « fragte Tristan erstaunt. »Das wird merkwü rdig aussehen. Diese hö llischen Zigeunerinnen haben alle Strä hnen schwarzen Haars, die bis zur Taille herunterreichen. «

Cathé rine konnte Sara gerade noch zur rechten Zeit zurü ckhalten, die sich auf Tristan stü rzen wollte und ihn anschrie, auch sie sei eine ›hö llische Zigeunerin‹ und sie werde ihm zeigen, wozu sie fä hig sei!

»Beruhige dich schon! Messire l'Hermite wollte dich nicht beleidigen. Er hat unü berlegt gesprochen. Nicht wahr, Messire? «

»Na ja! « brummte Tristan in wenig ü berzeugendem Ton. »Es war mir so herausgerutscht, das ist alles! Aber nun zurü ck zu Eurem Haar, Dame Cathé rine. «

»Ich habe es mir fast genau vor einem Jahr schneiden lassen mü ssen. Ist das ein groß es Hindernis? «

»N … ein! Aber es wird uns nicht mehr viel Zeit bleiben. Dü rfte ich Euch bitten, mich heute abend nach Sonnenuntergang auf einen Gang in die Stadt zu begleiten, Dame Cathé rine? «

»Wo sie hingeht, gehe auch ich hin! « versicherte Sara. »Und den mö chte ich sehen, der mich daran hindert! «

Der Flame ließ einen elegischen Seufzer hö ren und warf Sara einen schiefen Blick zu.

»Wenn Ihr wollt? Ich hab' nichts dagegen, da Ihr anscheinend Eure Zunge im Zaum halten kö nnt. Werdet Ihr mitkommen, Dame Cathé rine? «

»Selbstverstä ndlich. Holt uns ab, wann Ihr es fü r richtig haltet. Wir erwarten Euch. Aber wo gehen wir hin? «

»Ich bitte Euch, mir keine Fragen zu stellen. Versucht, mir Vertrauen zu schenken! «

Das hinterhä ltige Kompliment Tristans schien Sara beruhigt zu haben, die, immer noch schimpfend, sich daranmachte, ihre Herrin neu zu frisieren. Einen Augenblick betrachtete der Flame sinnend die geschickten Hä nde der Zigeunerin, die hurtig mit dem zarten Silberstoff und dem schwarzen Musselin umgingen. Als sprä che er mit sich selbst, murmelte er:

»Wirklich sehr hü bsch! Aber heute abend mü ssen wir etwas weniger Auffallendes auf die Beine stellen! Und morgen werden Mä nnerkleider die beste Lö sung sein, um ans Ziel zu kommen. «

Sofort ließ Sara Kamm und Haarnadeln fallen und pflanzte sich vor dem Flamen auf, die Fä uste in die Hü ften gestemmt. Die Nase so weit vorschiebend, daß sie fast die ihres Feindes berü hrte, sagte sie scharf:

»Aber nicht mit mir, mein Junge! Beschafft Mä nnerkleidung fü r Dame Cathé rine, wenn's ihr gefä llt (ü brigens bin ich ü berzeugt, daß sie es gern hat), aber mich wird keine Macht der Welt mehr in diese lä cherlichen Rö hren zwingen, die ihr Hosen nennt, und auch nicht in diese ebenso lä cherlichen kurzen Rö cke, die ihr als Wams oder Ü berhang bezeichnet. Wenn Ihr wollt, daß ich mich wie ein Mann anziehe, dann bringt mir eine Mö nchskutte. Da drin habe ich wenigstens Platz! «

Tristan ö ffnete den Mund, um etwas zu erwidern, besann sich aber eines Besseren, warf der majestä tischen Dame Sara einen anerkennenden Blick zu und lä chelte schließ lich sein gedehntes Lä cheln, das die Zä hne nicht sehen ließ. Dann seufzte er und hob die Schultern.

»Im Grunde wä re das gar keine so schlechte Idee. Auf heute abend, Dame Cathé rine. Erwartet mich etwa zur Stunde der Abendandacht! «

Das Abendlä uten war schon lange vorü ber, als Cathé rine, Tristan und Sara das Schloß durch das Ausfalltor des groß en Portals verließ en und den Weg ins Viertel der Hä ndler einschlugen, das die Kathedrale Saint‑ Maurice umgab. Der vorgeschrittenen Stunde wegen waren vor allen Geschä ften schon die dicken, mit Eisen beschlagenen Lä den angebracht worden, aber durch die Ritzen konnte man den Widerschein der brennenden Kerzen und Ö llampen sehen. Die von den schlanken Tü rmen ihrer Kathedrale beherrschte Stadt wü rde sich bald zur Ruhe begeben. Hinter den stummen Fassaden konnte man sich die Hausfrauen mit dem Geschirr oder den letzten Aufrä umungsarbeiten beschä ftigt vorstellen, wä hrend der Gatte den Reinverdienst des Tages zä hlte oder mit einem Nachbarn die neuesten Nachrichten aus der Provinz besprach.

Die drei Spaziergä nger hasteten eilig durch die schmalen Gassen. Die dicken dunklen Mä ntel der Frauen, die ihre Kapuzen tief ins Gesicht gezogen hatten, so daß sie zwei flü chtigen Schatten glichen, hoben sich kaum von den schwä rzlichen Mauern ab. Was Tristan betraf, so hatte er die Klappen seiner groß en Kappe ü ber die Augen heruntergeschlagen, denn ein feiner Regen, einer jener Nieselregen, die gut in die Erde dringen und die Saat zum Wachsen bringen, hatte gleichzeitig mit dem Einfall der Dunkelheit eingesetzt. Das Wasser des Himmels machte die groß en, runden Kieselsteine schlü pfrig, mit denen die Gasse gepflastert war, durch die Cathé rine und ihre Gefä hrten gingen, eine Gasse, in deren Mitte eine Abfluß rinne verlief, der ein scharfer Geruch nach Fisch entstieg, und das so aufdringlich, daß Cathé rine ihr mit Lilienparfü m betupftes Taschentuch herauszog und an die Nase hielt. Sara schimpfte lediglich:

»Ist es noch weit? Hier stinkt es wie die Pest! «

»Wir sind in der Fischhä ndlergasse. Da kö nnt Ihr nicht erwarten, daß es nach Ambra und Jasmin duftet«, gab Tristan zurü ck. »Auß erdem sind wir bald da. Die Gasse der Pergamentmacher, wo wir hinwollen, ist die nä chste. «

Statt einer Antwort begnü gte sich Sara damit, sich bei Cathé rine einzuhä ngen und ihre Schritte zu beschleunigen. Bald bogen sie in die Gasse der Pergamentmacher ein, in der es nicht mehr nach Fisch, doch sonderbar nach Tusche und Stä rkemehlkleister duftete. Der schwache Wind ließ die Handwerkszeichen knarren, und die Beleuchtung war noch schlechter als in der Nachbargasse. In der ganzen Gasse war nur ein einziges Fenster erhellt, und dieses Fenster, schmal und dreiteilig, schien eine Feuersbrunst widerzuspiegeln.

Vor dem Fenster – oder eigentlich vor der direkt darunterliegenden Tü r – blieb Tristan l'Hermite stehen. Cathé rines Augen hatten sich nun genü gend an die Dunkelheit gewö hnt, so daß sie ein kleines, ziemlich seltsames Haus wahrzunehmen vermochte, dessen schiefer Giebel ihm das Aussehen einer leicht betrunkenen Alten mit Haube gab. Aber im Gegensatz zu seinen Nachbarhä usern, die aus Fachwerk und Verputz bestanden, war dieses Haus, wie Cathé rine feststellte, aus soliden Steinen errichtet. Und wenn die Tü r auch niedrig war, so war sie mit blumenverzierten Eisenbä ndern versehen, und ein groß es Zunftschild in Form eines Pergaments hing darü ber. Ein groß er, feingearbeiteter Ring hing an der Tü r, der zum Anklopfen diente.

»Wo sind wir? « flü sterte Cathé rine, von der Stille leicht beeindruckt.

»Bei dem Mann, der uns am meisten nü tzlich sein kann, holde Dame. Beunruhigt Euch nicht. «

»Ich jedenfalls beunruhige mich nicht, ich friere. Meine Fü ß e sind vollkommen naß! « murrte Sara.

»Ihr hä ttet festere Stiefel anziehen sollen! Ah, es kommt jemand! «

Tatsä chlich hö rte man hinter der Tü r leises Getrippel. Die Tü r ö ffnete sich, drehte sich gerä uschlos in ihren wohlgeö lten Angeln, und eine kleine Alte in grauem Kleid, in Schü rze und Hä ubchen aus weiß em Leinen erschien und verneigte sich, so tief es ihr vom Rheumatismus geplagter Rü cken erlaubte.

»Meister Guillaume erwartet Euch, Messire, und Euch auch, edle Damen! «

»Gut, gehen wir hinauf! «

Am Ende eines schmalen Ganges, von dem eine einzige, halbgeö ffnete Tü r abging, die zweifellos in eine Kü che fü hrte, strebte eine steile, von einem brennenden Docht klä glich beleuchtete Treppe nach oben. Vom Kopf der Treppe klang eine sonore Stimme:

»Kommt herauf, Messire. Es ist alles bereit! «

Der Umfang dieser Stimme ließ Cathé rine zusammenzucken. Sie erinnerte sie an die Gauthiers, aber der Mann, dem sie eignete, war das genaue Gegenstü ck des Normannen. Er war klein, verwachsen, bucklig, und ü ber das runzlige Gesicht liefen unablä ssig nervö se Zuckungen. Er schien weder Haare noch einen Bart, nicht einmal Augenbrauen zu haben, und rote, leuchtende Flecken zeichneten Wangen, Kinn und Stirn. Eine bis zu den Augen heruntergezogene schwarze Mü tze verbarg seinen Schä del und hob die rotgerä nderten, mü den Augen hervor. Cathé rine unterdrü ckte eine Bewegung des Widerwillens angesichts dieses zwitterhaften, abstoß enden Wesens, das sie beharrlich betrachtete, sich dabei mechanisch die Hä nde rieb und unaufhö rlich ü ber die Lippen leckte. Die furchterregende Stimme drö hnte wieder:

»Das ist also die Dame, die wir brä unen mü ssen! Zuerst werden wir ihr ein Bad bereiten, und dann werden wir uns mit dem Haar beschä ftigen! «

Cathé rine trat einen Schritt zurü ck, und Sara runzelte die Stirn.

»Ein Bad? « fragte die junge Frau mit matter Stimme. »Aber ich …«

»Das ist unbedingt nö tig«, sagte Meister Guillaume salbungsvoll. »Eure Haut muß ganz farbecht werden. «

Tristan, der bis jetzt nichts gesagt hatte, begriff den Widerwillen Cathé rines und war sich der schroffen Ablehnung Saras bewuß t. Er griff vermittelnd ein.

»Es ist ein Krä uterbad, Dame Cathé rine, das Euch keinen Schaden zufü gen kann. Sara wird Euch dabei assistieren. Aber ich glaube, ich muß Euch zuerst Meister Guillaume vorstellen. Von Beruf ist er Maler, und einer der besten Frankreichs. Vor allem ist er aber lange eines der hervorragendsten Mitglieder der Brü derschaft der Passion gewesen, die in Paris so schö ne Mysterienspiele auffü hrte. Die Kunst des Schminkens und der Verä nderung des Aussehens hat fü r ihn keine Geheimnisse. Und mehr als eine Edeldame aus Angers hat sich, als sie entdeckte, daß ihr Haar weiß wurde, diskret seiner Fertigkeiten bedient. «

Der Biedermann rieb sich weiter die Hä nde und schnurrte wie eine Katze mit halb zugekniffenen Augen, als er die kleine Lobeshymne des Flamen hö rte. Wieder etwas beruhigt, weil sie einen Augenblick gefü rchtet hatte, in die Hö hle eines Zauberers geraten zu sein, atmete Cathé rine auf und wollte sich liebenswü rdig zeigen.

»Spielt Ihr keine Mysterien mehr? « fragte sie.

»Der Krieg, edle Dame, und das groß e Elend, das in Paris herrscht, haben unsere Compagnie zerstreut. Auß erdem kann ich in meinem Zustand nicht mehr auf einer Bü hne auftreten. «

»Hattet Ihr einen Unfall? «

Guillaume stieß ein kleines, meckerndes Lachen aus, das in seltsamem Gegensatz zu seiner normalen Stimme stand:

»Oje! Eines Tages, als ich die Ehre hatte, den Herrn Teufel zu spielen, und mich zwischen den Harzfackeln bewegte, die die Hö lle darstellen sollten, fing mein Kostü m Feuer. Ich glaubte, sterben zu mü ssen, aber ich habe es ü berlebt … in dem Zustand, in dem Ihr mich hier seht! Es bleiben mir meine Malkunst und die Ratschlä ge, die ich geben kann, wenn man, selten genug in unseren Tagen, ein Schauspiel auffü hrt. Aber wenn Ihr mir folgen wollt … Das Bad ist bereit, wir dü rfen es nicht kalt werden lassen. «

Sara folgte Cathé rine auf dem Fuß, wä hrend diese, von Guillaume gefü hrt, den groß en Raum durchschritt, in dem der Maler gewö hnlich arbeitete, ü brigens ein sehr freundlicher Raum, voll von Pergamentrollen, kleinen Tö pfen mit verschiedenen Farben und zahlreichen Pinseln aus Dachshaar oder Schweinsborsten. Auf einem Pult lag eine groß e Seite aus dem Evangelium, auf die Guillaume vollendet schö n auf Goldgrund eine bewundernswerte Miniatur malte, die die Kreuzigung darstellte. Im Vorbeigehen blieb Cathé rines Blick auf dem begonnenen Werk haften.

»Ihr seid ein groß er Kü nstler«, sagte sie mit instinktiver Achtung.

Die mü den Augen Guillaumes blitzten stolz auf, und er schnitt eine Grimasse, die als Lä cheln gelten konnte.

»Ein ehrliches Lob macht immer Vergnü gen, edle Dame. Hier entlang, wenn ich bitten darf. «

Das kleine Gemach, in das er Cathé rine geleitete, nachdem er einen Vorhang aus geblü mtem Stoff zurü ckgeschlagen hatte, ä hnelte diesmal haargenau der Hö hle eines Zauberers. Eine unendliche Zahl von Porzellangefä ß en, Retorten, Schmelztiegeln und ausgestopften Tieren fü llte ihn, alles um einen Ziegelofen und einen groß en Waschbottich auf dem Boden gruppiert, der mit dampfendem dunklem Wasser gefü llt war.

Cathé rine betrachtete mit Widerwillen die dunkelbraune Flü ssigkeit, in die man sie stecken wollte. Was Sara betraf, so hatte sie schon zu lange mit ihrer Meinung zurü ckgehalten!

»Was ist da drin? « fragte sie in miß trauischem Ton.

»Einzig und allein Krä uter und Pflanzen«, erwiderte der Maler gelassen. »Ihr werdet mir gestatten, das Geheimnis ihrer Zusammenstellung fü r mich zu behalten. Ich bin nur bereit zu verraten, daß unter anderem auch Nuß schalen darin sind. Diese schö ne Dame muß vollstä ndig in den Bottich tauchen, Gesicht und Hals inbegriffen. Eine Viertelstunde, mit so oftmaligem Untertauchen des Gesichtes, wie Ihr kö nnt, dü rfte genü gen. «

»Und wie werde ich dann aussehen? « fragte Cathé rine.

»Ihr werdet einen ebenso braunen Teint haben wie diese stattliche Person Eurer Begleitung. «

»Und … werde ich so bleiben? « fragte die junge Frau weiter, ü ber den Gedanken beunruhigt, was wohl ihr kleiner Michel und seine Groß mutter sagen wü rden, wenn sie sie zur Zigeunerin verwandelt wiederfä nden.

»Nein. Es wird zunehmend verblassen. Zwei Monate sind, denke ich, alles, womit Ihr rechnen mü ß t. Darauf mü ß t Ihr ein neues Bad nehmen, wofern Ihr Euch nicht lange der Sonne aussetzt. Beeilt Euch, das Bad wird kalt! «

Er ging zö gernd hinaus, als bedauerte er, nicht dabeibleiben zu kö nnen, von Sara begleitet, die sorgfä ltig den Vorhang wieder hinter sich schloß und mit ihrem breiten Rü cken einen immer mö glichen Spalt verdeckte.

Wä hrenddessen zog Cathé rine sich schnell aus und stieg, ohne Atem zu holen, ins Wasser. Ein sü ß licher, leicht pfeffriger Geruch stieg ihr sofort in die Nase. Das Wasser war nicht ü bertrieben warm, und einmal drinnen, verflog Cathé rines Widerstreben. Den Atem anhaltend und die Augen schließ end, tauchte sie mit dem Kopf einmal, zweimal, zehnmal unter.

Als die neben dem Bottich aufgestellte Sanduhr um eine Viertelstunde gefallen war, stand Cathé rine auf und ließ die dunklen Tropfen an ihrer Haut herunterrinnen, die einen warmen, goldenen Braunton angenommen hatte.

»Wie bin ich jetzt? « fragte sie ä ngstlich Sara, die ein auf einem Schemel bereitgelegtes Tuch nahm, um sie abzutrocknen.

»Der Hautfarbe nach kö nntest du meine Tochter sein, und mit deinem blonden Haar ergibt das einen seltsamen Effekt, obgleich es auch leicht gebrä unt ist. «

Die Stimme Guillaumes drang herein.

»Seid Ihr fertig? Zieht Euch vor allem noch nicht an. Ihr wü rdet Gefahr laufen, Eure Kleider zu beschmutzen. «

In ihr Badetuch gehü llt, trat Cathé rine wieder zu den beiden Mä nnern in den groß en Raum hinaus. Guillaume hatte eine mit einem roten Kissen belegte Fuß bank neben einen Dreifuß gestellt, auf dem eine mit einer dicken schwarzen Paste gefü llte Schale stand. Gehorsam setzte sich Cathé rine und ließ den Maler ihren Haaransatz mit der Paste bestreichen, die einen starken und unangenehmen Geruch ausströ mte. Tristan schnitt eine Grimasse und hielt sich die Nase zu.

»Schrecklich! Kann ein Frau mit solchem Geruch denn verfü hrerisch sein? «

»In einer Stunde, wenn die Paste ihre Wirkung getan hat, waschen wir das Haar. «

»Und was ist drin? «

»Gallapfel, Eisenrost, Vitriol, durch den Wolf gedrehtes Hammelfleisch, mit Schweinefett gemischt. «

»Vitriol« begehrte Sara auf. »Unglü cklicher, Ihr werdet sie tö ten! «

»Beruhigt Euch, Weib! In allem kommt es auf das Maß halten an. Ein solches Gift ist in bestimmten Mengen tö dlich, es heilt aber, wenn man es in winzigen Dosen verwendet. «

Die langen, geschmeidigen Hä nde des Malers waren erstaunlich zart, leicht und anschmiegsam. Wä hrend er andä chtig Cathé rines Haar knetete, sprach er wie zu sich selbst:

»Ein wahres Verbrechen, so schö nes und helles Haar zu schwä rzen, aber die Schö nheit dieser holden Dame wird dadurch nicht vermindert. Ich glaube, sie wird nur noch gefä hrlicher werden. «

»Und es wird mit der Zeit auch wieder verblassen? « wollte Cathé rine wissen.

»Oje, nein! Ihr mü ß t Euer Haar wachsen lassen, dann kann man die noch schwarz gebliebenen Locken abschneiden. «

»Ich werde mich darum kü mmern«, erklä rte Sara. Cathé rine unterdrü ckte einen Seufzer. Nicht, daß sie dieses neue Opfer etwa bedauerte, das man ihr abverlangte, aber der Gedanke, ihr Haar wieder schneiden lassen zu mü ssen, behagte ihr gar nicht.

Eine Stunde lang hielt sie die Paste aus, die ihr leicht auf der Kopfhaut brannte und so drü ckend schwer wie die Erde schien. Um sie abzulenken, hatte Guillaume eine Viola von einem Tischchen genommen und sang nun mit halber Stimme, sich dabei begleitend:

»Wenn der Baum von Blä ttern sich leert, wenn sie zur Erde gefallen sind und Armut den Krieg mir erklä rt, mir keine Ruh' mehr gewä hrt im Winterwald …«

Das Lied war traurig, die Musik sü ß, und der seltsame Mann trug es wie ein echter Kü nstler vor. Ergriffen und bezaubert, vergaß Cathé rine darü ber ihre merkwü rdige Lage. Sara und Tristan taten es ihr nach, sie hö rten zu. Und die junge Frau bedauerte fast, daß die Wartezeit zu Ende ging, mit so groß em Vergnü gen hatte sie Guillaume zugehö rt. Sie sagte es ihm auch. Der Maler verzog die Lippen zu seinem bizarren Lä cheln.

»Manchmal, wenn unsere Kö nigin sehr niedergeschlagen ist, lä ß t sie mich rufen, daß ich fü r sie singe. Ich kenne so viele Balladen und Lieder … auch solche aus ihrem Lande Aragon! Und ich singe gern fü r sie, weil sie eine hochgestellte und edle Dame ist und ein groß mü tiges Herz hat. «

Wä hrend er sprach, hatte er Cathé rine flink von ihrer ü belriechenden Paste befreit. Das Haar der jungen Frau, jetzt schö n schwarz geworden, wurde gewaschen und mit unendlich vielen Tü chern krä ftig getrocknet, worauf Guillaume einer Truhe ein in Seide gewickeltes Bü ndel entnahm. Es enthielt lange schwarze Haarsträ hnen, die er zuerst ihrer Wirkung nach miteinander verglich. Sodann machte er sich zufrieden daran, sie mit Nadeln im Haar Cathé rines zu befestigen, wobei er Sara genau zeigte, wie man es machen muß te.

»Manche schö ne Dame, deren Haar sich im Laufe der Jahre gelichtet hat, nimmt zu dieser kleinen Kriegslist Zuflucht und behilft sich mit meinen guten Diensten. «

Mit peinlicher Sorgfalt zeichnete er Cathé rines Augenbrauen mit einer Paste nach, die er einer kleinen Silberdose entnahm, und strich leicht ü ber die Wimpern der jungen Frau.

»Sie sind sehr dicht und schon dunkler«, sagte er, »aber man muß sie noch schwä rzer machen. Wiß t Ihr, daß Ihr so sehr schö n ausseht? «

Mit offenem Mund betrachteten Sara und Tristan das Ergebnis, ohne Worte zu finden. Von einem in einer Ecke stehenden Tisch holte Guillaume einen runden Spiegel, den er Cathé rine wortlos reichte. Die junge Frau stieß einen erstaunten Ruf aus. Das war sie, und doch war es wieder jemand ganz anders. Die schwarzen Brauen und Wimpern machten ihre blauen Augen noch dunkler, schwarze Locken umrahmten ihre Stirn, ihre Lippen wirkten rö ter, und in ihrem dunkleren Gesicht blitzten ihre Zä hne weiß. Sie war nicht schö ner als vorher, aber sie war anders, von einer mehr perversen Schö nheit, gefä hrlicher auch, was Tristan mit unverhohlener Befriedigung feststellte.

»Es wird schwer sein, ihr zu widerstehen! « sagte er ruhig. »Ihr habt gut gearbeitet, Meister Guillaume. Nehmt dies … und schweigt. «

Er zog eine dicke, runde Bö rse aus der Tasche, doch zu seiner groß en Ü berraschung wies der Maler das Dargebotene mit sanfter Hand zurü ck.

»Nein«, sagte er nur.

»Wie? Ihr wollt fü r Eure Mü he keine Bezahlung annehmen? «

»Doch … aber nicht so! « Er wandte sich zu Cathé rine, die sich noch immer im Spiegel betrachtete.

»Ich brauche kein Gold, aber wenn diese schö ne Dame mir die Gunst gewä hrte, ihre Hand kü ssen zu dü rfen, werde ich hundertfach bezahlt sein. «

Spontan vergaß Cathé rine den Widerwillen, den sie ursprü nglich empfunden hatte, und streckte ihm beide Hä nde entgegen.

»Dank, Meister Guillaume. Ihr habt mir einen Dienst erwiesen, den ich nicht vergessen werde. «

»Ein kleiner Platz in Eurer Erinnerung wird aus mir den glü cklichsten aller Mä nner machen. Und gedenkt meiner auch in Euren Gebeten … denn die habe ich sehr nö tig! «

Ehe er die junge Frau zum Ankleiden in die Kammer zurü ckkehren ließ, machte er ihr die kleine Silberdose mit der schwarzen Paste, eine andere, sehr ä hnliche, die eine Art dicker Creme von schö nem, leuchtendem Rot enthielt, und einen kleinen Flakon zum Geschenk.

»Das Rot ist zum Auffrischen Eurer Lippen. Die Zigeunerinnen sehen aus, als hä tten sie Feuer unter der Haut, und Eure Lippen sind von einem zu zarten Rosa. Was das Flä schchen betrifft, so enthä lt es ein stark nach Moschus duftendes Parfü m. Verwendet es in bescheidenden Mengen, denn man braucht davon sehr wenig, um das Blut eines Mannes zu entflammen! «

Es war kurz vor Mitternacht, als Cathé rine und ihre beiden Gefä hrten wieder vor dem Ausfalltor des Schlosses anlangten. Sie hatten keine Seele in den Gassen getroffen, nichts als eine groß e schwarze Katze, die sich bei ihrer Annä herung miauend auf und davon machte, was Sara bewog, sich hastig zu bekreuzigen.

»Schlechtes Vorzeichen! « murmelte sie. Aber Cathé rine hatte beschlossen, ihre Ohren jeder pessimistischen Ä uß erung zu verschließ en. Seit sie das Haus des Malers Guillaume verlassen hatte, fü hlte sie sich wie eine andere Frau. Mit diesem neuen Aussehen wü rde sie nicht mehr den Namen Montsalvy tragen, sondern irgendeinen Namen, den sie auf den dunklen Pfaden, die sie einzuschlagen beabsichtigte, weder kompromittieren noch beschmutzen kö nnte. Sie wü rde erst wieder Cathé rine de Montsalvy werden, wenn ihre Rache vollendet wä re. Dann wü rde sie die letzten Spuren ihrer Maske mit Weingeist entfernen, wie Guillaume es sie gelehrt hatte, wü rde ihre schwarzen Haare abschneiden, die ihr jetzt ebenso falsch vorkamen wie die angesteckten, und wü rde sich in stolzer Trauer wieder in die Auvergne aufmachen, um dort ihrem Vielgeliebten so nahe wie mö glich zu leben.

Doch nachdem sie ihr Zimmer erreicht hatte, riß sie sich alle Kleider herunter und stellte sich vor einen groß en, polierten Silberspiegel, in dem sie sich fast ganz sehen konnte. Ihre Haut war so dunkel wie die Saras, aber ein klein wenig goldener. Sie war glatt und schimmerte im Licht der Ö llampe wie gebrä unter Atlas. So getö nt, wirkte ihr Kö rper noch schlanker und nerviger. Die langen schwarzen Locken wanden sich wie Schlangen und glitten ihr bis auf die Hü ften herab. Ihre purpurnen Lippen strotzten wie eine wollü stige Blume, und ihre groß en Augen funkelten, dunkle Sterne, eingebettet unter den stolzen Bogen ihrer Brauen.

»Du siehst aus wie eine Teufelin! « murmelte Sara dumpf.

»Das werde ich auch sein, eine Teufelin. Hauptsache, der Mann, den ich hasse, fä llt! «

»Hast du an die Mä nner gedacht, die du anlocken wirst und die alles wagen werden, jetzt, da dein Name und dein Rang dich nicht mehr schü tzen? Du wirst nichts als eine Zigeunerin sein, die man verletzen oder nach Belieben nehmen kann, wenn man sie nicht als gefä hrliches und verfluchtes Geschö pf fü r den Scheiterhaufen bestimmt. «

»Ich weiß. Und ich werde mich mit den Waffen meiner Rolle wehren. Mir wird jedes Mittel recht sein, das zum Erfolg fü hrt. «

»Wü rdest du dich einem Mann hingeben, wenn es sein mü ß te? « fragte Sara ernst.

»Sogar dem Henker selbst, wenn nö tig, ich bin nicht mehr Cathé rine de Montsalvy, ich bin eine Tochter deiner Rasse. Und ich werde heiß en … ja, wahrhaftig, wie wirst du mich nennen? «

Sara ü berlegte einen Augenblick, kniff die Augen zusammen und knabberte an dem goldenen Kreuz, das sie um den Hals trug. Nach einer kurzen Weile entschied sie:

»Ich nenne dich Tchalaï … das bedeutet Stern in unserer Sprache. Aber solange wir noch nicht da sind, wirst du Cathé rine bleiben wie zuvor! Nein, das muß ich entschieden sagen: Dieses Abenteuer gefä llt mir nicht! «

Cathé rine fuhr herum und rief zornig:

»Und ich? Glaubst du vielleicht, mir gefä llt's? Aber ich weiß genau, wenn ich meine Aufgabe nicht zu einem guten Ende fü hren kö nnte, hä tte ich keine Ruhe mehr, weder in dieser noch in der anderen Welt! Ich muß Arnaud rä chen, das niedergebrannte Montsalvy, meinen beraubten Sohn rä chen! Sonst – was wä re das Leben dann noch wert? «

Am Morgen saß Cathé rine gelassen auf einem Schemel, ließ sich von Sara die falschen schwarzen Haare wieder anknü pfen und zu langen Zö pfen flechten, als an die Tü r geklopft wurde. Sara ging ö ffnen. Auf der Schwelle stand Tristan l'Hermite. Er nä herte sich, trat in den schwachen Sonnenstrahl, der durch das hohe Fenster hereindrang, und plö tzlich fiel den beiden Frauen seine tragische Blä sse auf. Sie starrten ihn an.

»Ihr seid ja leichenblaß! « stammelte Cathé rine. »Was habt Ihr? «

»Ich habe nichts. Aber der Maler Guillaume ist heute nacht in seinem Haus erwü rgt worden. Seine Dienerin hat die Leiche, nachdem sie aufgestanden war, gefunden, und … er ist, bevor er starb, gefoltert worden! «

Eine entsetzte Stille folgte diesen furchtbaren Worten. Cathé rine spü rte, wie ihr das Blut aus Gesicht und Gliedern wich, um zum Herzen zurü ckzufließ en, fand aber noch die Kraft zu fragen:

»Glaubt Ihr, daß es … wegen uns geschah? «

Tristan hob die Schultern und ließ sich ohne viel Umstä nde auf eine Fuß bank fallen. Der Kummer zeichnete sein sonst so undurchdringliches Gesicht derart, daß er um zehn Jahre gealtert schien. Wortlos holte Sara eine Flasche Malvasierwein, die auf einem Anrichtetisch stand, schenkte einen Becher damit voll und reichte ihn dem Flamen.

»Trinkt das! Ihr habt es dringend nö tig! «

Er nahm den Becher dankend an und stü rzte den Wein in einem Zug hinunter. Cathé rine hatte die Hä nde fest um die Knie geschlungen, damit sie nicht zitterten, und kä mpfte gegen das Entsetzen an, das sie ergriffen hatte.

»Antwortet mir offen und ehrlich«, sagte sie mit einer Stimme, die dank ihrer Willenskraft ruhig klang. »Ist es der Arbeit wegen geschehen, die wir von ihm verlangt haben? «

Tristan l'Hermite breitete die Arme in einer Geste vö lliger Ahnungslosigkeit aus.

»Wer kann das wissen? Sicher hatte Guillaume Feinde, denn seine Tä tigkeiten waren nicht immer ganz sauber. Manch ein schwangeres Mä dchen ist durch die gewandten Hä nde, die Ihr gestern bewundert habt, von den Folgen ihres Leichtsinns befreit worden. Es kann sein, daß es sich nur um ein zufä lliges Zusammentreffen handelt. «

»Aber Ihr glaubt es nicht! «

»Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, was ich glauben soll, ich wollte Euch nur ins Bild setzen und warnen, um zu erfahren, wofü r Ihr Euch entscheidet. Ihr kö nnt Eure Meinung ä ndern, und in diesem Fall wü rde ich den Rat von neuem einberufen. «

Er erhob sich schon, aber Cathé rine hielt ihn mit einer flinken Bewegung zurü ck.

»Nein, bleibt! Ich hatte eben einen Augenblick Angst, das gebe ich zu. Ihr wart so bleich! Jetzt aber geht's schon wieder besser. Ich habe keine Lust, die Sache aufzuschieben. Dafü r ist es zu spä t. Der Plan ist gut, ich werde ihn bis zum Ziel verfolgen. Es steht Euch frei, ihn aufzugeben …«

Das massige Gesicht des Flamen verzog sich zu einer scheuß lichen Grimasse.

»Haltet Ihr mich fü r einen Feigling, Dame Cathé rine? Wenn ich etwas unternehme, dann halte ich durch, gehe bis zum Ende, ganz gleich, welcher Art die Konsequenzen sein mö gen. Und ich halte nicht das geringste davon, auf Befehl Monseigneurs des Konnetabels in ein Burgverlies geworfen zu werden. Wenn Ihr einverstanden seid, brechen wir heute nacht auf. Ein Geleitbrief, den ich bereits habe, wird uns die Stadttore ö ffnen. Es wä re besser, wenn man uns bei unserem Aufbruch nicht sä he. Ebenfalls wä re anzuraten, daß Ihr heute Euer Zimmer nicht verlaß t. Ruht Euch aus, Ihr werdet es nö tig haben. Die Kö nigin wird heute abend nach der Vesper kommen, um Euch hier zu sehen …«

»Einverstanden. Ich hatte ohnehin nicht die Absicht, anders zu handeln. «

»In diesem Fall … kann ich Messire de Bré zé sagen, Ihr seid krä nklich und wolltet niemand sehen? « Der umgedrehte Daumen Tristans wies auf die Tü r. Er fü gte hinzu: »Er ist da, spaziert im Wandelgang auf und ab. «

»Sagt, was Ihr wollt … zum Beispiel, daß ich ihn morgen empfangen werde. «

Das dü nne Lä cheln des Flamen war wie ein Echo dessen, das sie ihm zuwarf, und wie durch ein Wunder entspannte sich die Atmosphä re. Nur Sara behielt ihre dü stere Miene bei.

»Wir werden in ein scheuß liches Wespennest stechen, Cathé rine«, sagte sie. »Ich hoffe, du bist dir darü ber klar. «

Aber die junge Frau zuckte ungeduldig die Schultern und nahm wieder den Spiegel, den sie hingelegt hatte.

»Na und? « entgegnete sie schroff.

 



  

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