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Zweiter Teil. Fünftes KapitelZweiter Teil Die Rache
Fü nftes Kapitel
In der tiefen Nische eines Fensters des Schlosses von Angers stehend, blickte Cathé rine zerstreut hinaus. Sie war nach den Reisetagen so mü de, daß sie kaum mehr fä hig war, sich fü r ihre Umgebung zu interessieren. Als sie vor kurzem mit Sara und Bruder Etienne die Loire erreicht hatte, wä re sie um ein Haar vor Erschö pfung in Ohnmacht gefallen, von den ü berstandenen Schrecken gar nicht zu reden. Zwö lf Tage lang durch das von Elend und Hungersnot verwü stete Limousin, durch die Mark und Poitou, wo die blutigen Zeichen der englischen Unterdrü ckung ü berall frisch und unheilverkü ndend zu sehen waren, hatten die drei Reisenden um ihr Leben gerungen, gegen die Kä lte, gegen die Menschen, selbst gegen die Wö lfe, die bis zu den Toren der Scheunen vordrangen, welche sehr oft die einzige Zuflucht bildeten. Essen war ein Problem geworden, und jede Mahlzeit, von Tag zu Tag seltener, war ein schwieriges Abenteuer. Ohne die Abteien, die sich ihnen dank der Kutte des Franziskaners oder dem Geleitbrief der Kö nigin Yolande ö ffneten, wä ren Cathé rine und ihre Gefä hrten ohne Zweifel elendiglich Hungers gestorben und hä tten den kö niglichen Strom nie erreicht. Naiverweise hatte sich die junge Frau vorgestellt, wenn sie erst einmal das Herzogtum Anjou, Yolandes Lieblingsland, erreiche, werde sich der ganze Alptraum in Rauch auflö sen. Aber es war eher noch schlimmer gekommen! Unter dem sintflutartigen Regen, der sie an den Grenzen des Herzogtums empfangen hatte, waren Cathé rine und ihre Freunde durch die im vergangenen Herbst von den Landsknechten Villa‑ Andrados verwü steten Lä ndereien geritten. Sie hatten derart heimgesuchte Dö rfer gesehen, daß keine Seele mehr in ihnen ü briggeblieben war, um die Leichen zu bestatten; erst der Winter hatte die Geschä fte des Totengrä bers besorgt. Sie hatten herausgerissene Rebstö cke gesehen, Felder, auf denen in diesem Frü hjahr nicht einmal mehr Gras wachsen wü rde, aufgebrochene Kirchen, niedergebrannte Abteien und Burgen, schwarze Einö den, da und dort von krummen Pfä hlen, die einstmals Bä ume gewesen waren, durchsetzt; sie hatten die Reste der verbrannten Wä lder und die Skelette der am Wegrand verendeten Tiere gesehen, so, wie die Wö lfe sie zurü ckgelassen hatten. Sie hatten, in Hö hlen geflü chtet, wohin Angst und bittere Not sie trieben, Mä nner, Frauen, Kinder gesehen, die viel eher wilden Tieren als menschlichen Wesen ä hnelten und vor denen sie hatten fliehen mü ssen. Fü r diese Elenden war jeder Reisende eine mö gliche Beute. Eines Abends waren sie aus den Klauen einer dieser Horden mit knapper Not durch die Polizisten der Herzogin‑ Kö nigin gerettet worden, die ein mit Proviant beladenes Fuhrwerk eskortierten, das der schwer geprü ften Bevö lkerung Hilfe brachte. Als endlich die wie geschlossene Schanzen befestigte Ponts‑ de‑ Ce mit ihren vier Brü cken, die drei Inseln und die Burgfeste verbanden, sich vor ihnen erhoben hatten, konnte sich Bruder Etienne trotz seines Muts und seiner Selbstbeherrschung nicht enthalten zu murmeln: »Endlich am Ziel! « Auf Grund seines Geleitbriefs konnten sie ohne die geringste Schwierigkeit passieren, und bald hatten sich die mä chtigen Mauertore von Angers zu ihrer groß en Erleichterung hinter ihnen geschlossen. Doch wenn die herzogliche Residenz auch die Verheerungen des Kastiliers nicht zu erdulden gehabt hatte, wenn das Elend des Landes in dieser reichen und gut verteidigten Stadt auch nicht so grausam empfunden worden war, waren deren Auswirkungen doch von den ernsten Gesichtern und der miß trauischen Haltung der Bevö lkerung abzulesen. Man sah nur verschlossene Mienen, Trauerkleidung, und die normale Geschä ftigkeit einer blü henden Stadt herrschte nicht in den stillen Straß en, in denen man nur leise wie in einer Kirche sprach. Indessen machte alles den Eindruck von Energie und Ordnung. Keine Bettler, keine betrunkenen Soldaten, keine mannstollen Mä dchen! Diese zur Lebenslust wie geschaffene Stadt mit ihren Gä rten, ihren blauen Dä chern und weiß en Hä usern hatte sich in eine stets wachsame Festung verwandelt. Selbst die Flü chtlinge, die sie wie eine Henne, die ihre junge Brut unter ihrem Gefieder versammelt, aufgenommen hatte, waren so in der Stadt untergebracht worden, daß sie die Ordnung und Verteidigung nicht stö rten. Alles zeigte hier deutlich, daß Yolande von Anjou zu regieren, zu helfen und sich zu schlagen verstand. Das riesige Schloß, das seine schwarzgrauen Tü rme aus Granit und Schiefer, um seinen kolossalen Wehrturm gruppiert, in der Maine spiegelte, verstä rkte diesen Eindruck. Ein Wald von blauen, wie Stahl glä nzenden Spitztü rmchen, eine Unzahl von Glockentü rmen, Wehrgä nge und vergoldete Wetterfahnen krö nten es. Ü berall auf den Zinnen zeigten sich Bewaffnete mit Speeren, Armbrü sten oder Sicheln, und ganz oben auf dem Burgturm knatterte eine riesige Standarte in dem mit Regen geladenen, vom Meer her wehenden Wind. Blau, purpur, weiß und gold, trug diese Fahne die Kreuze Jerusalems, das Wappen von Sizilien, die Lilien Anjous und die Streifen Aragons: die Wappen der Herzogin‑ Kö nigin, die man goldbekrä nzt und in den Hä nden eines Engels ü ber dem Stadttor wiederfand. In Angers konnte Bruder Etienne in der Stadt und im Schloß herumgehen, wie es ihm gefiel, und es fehlte nur noch, daß ihm die Wachen Ehrenbezeigungen erwiesen. Cathé rine konnte den riesigen Hof nur durch einen Regenvorhang sehen, nachdem sie die tiefen Grä ben ü berquert hatte, und auß erdem schwamm ihr unter der von Wasser triefenden Kapuze vor Mü digkeit alles vor den Augen. Im Moment wü nschte sie sich nichts sehnlicher als ein Bett, ein richtiges Bett mit Laken, um ihren Kö rper ausstrecken zu kö nnen, der von den Nä chten auf Felsen und der nackten Erde zerschunden war. Aber zuerst muß te sie sich Madame Yolande prä sentieren. Bruder Etienne ließ seine beiden Gefä hrtinnen in einem groß en Saal des herzoglichen Quartiers zurü ck, dessen hohe Fenster auf die mit schweren Ketten gesperrte Maine und die Unterstadt hinausblickten. Sara ließ sich sofort auf eine Bank vor dem Kamin fallen und schlief im Nu ein. Cathé rine blieb stehen. Alle ihre Muskeln schmerzten so sehr, daß sie fü rchtete, nicht mehr aufstehen zu kö nnen, wenn sie sich setzte … Sie brauchte ü brigens nicht lange zu warten. Nach einigen Minuten erschien der Mö nch wieder. »Kommt, mein Kind, die Kö nigin erwartet Euch! « Einen letzten Blick auf Sara werfend, die sich nicht gerü hrt hatte, folgte Cathé rine Bruder Etienne. Er fü hrte sie durch eine niedrige Pforte, vor der zwei mit Hellebarden bewaffnete Posten unbeweglich wie Statuen auf gespreizten Beinen standen. Dahinter ö ffnete sich ein groß er Raum, dessen Wä nde vö llig mit Tapisserien bespannt waren. Ein riesiger, aus Stein gehauener Kamin, in dem ein ganzer Baumstamm brannte, erhellte ihn zusammen mit einer Anzahl groß er gelber Kerzen, die in einem bronzenen Dreifuß staken. Ein kolossales Bett, die zurü ckgeschlagenen Vorhä nge aus purpurnem Samt mit den Lilien Frankreichs bestickt, nahm ein gutes Viertel des an sich schon respektablen Raumes ein. In der Ecke gegenü ber saß eine Ehrendame und strickte, ohne beim Eintritt Cathé rines den Kopf zu heben. Auch diese hatte keinen Blick fü r sie ü brig. Vom Augenblick ihres Eintritts an sah sie nur die Kö nigin! In einem groß en Ebenholzsessel sitzend, von wä rmenden Kissen umgeben, die schmalen Fü ß e fest auf einen Heizschemel gesetzt, sah Yolande ihr entgegen, und Cathé rines Herz krampfte sich zusammen, als sie die Verwü stungen bemerkte, mit denen die letzten drei Jahre das feine und edle Gesicht der Herzogin‑ Kö nigin gezeichnet hatten. Die schwarzen Haare, die unter der strengen Witwenhaube zum Vorschein kamen, waren grau geworden, ihre Zü ge waren eingefallen, der matte Teint war gelblich wie Pergament. Die Monate des unaufhö rlichen Kampfes gegen den bö sen Geist Frankreichs und gegen die englischen und burgundischen Feinde lasteten schwer auf den Schultern Yolandes. Die Gefangenschaft ihres Sohns, des Herzogs René de Bar, der in der Schlacht von Bugné ville in die Hä nde Philippes von Burgund gefallen war, war fü r die Mutter ein schrecklicher Schlag gewesen. Mit vierundfü nfzig Jahren war die Kö nigin der vier Kö nigreiche eine alte Frau. Nur ihre herrlichen schwarzen Augen, gebieterisch und lebhaft, hü teten die Flamme der Jugend. Der abgezehrte Kö rper verlor sich in den Wogen des schwarzen Kleides und in den Kissen, in die er sich drü ckte. Doch als Cathé rine vor ihr niederkniete, lä chelte Yolande ihr zu und gewann mit einem Schlag ihren Charme wieder. Sie reichte der jungen Frau die weiß e Hand, die noch immer vollkommen war. »Mein Kind«, sagte sie sanft, »da seid Ihr endlich! Ich wü nsche Euch schon so lange wiederzusehen! « Tiefe Ergriffenheit bemä chtigte sich Cathé rines. Sie hatte sich so sehr danach gesehnt, an diesem Ort zu sein, zu Fü ß en der einzigen Frau in der Umgebung des Kö nigs, zu der sie Vertrauen hatte, hatte sich gesehnt, der Kö nigin von Sizilien ihre flehenden Hä nde entgegenzustrecken und Hilfe und Beistand von ihr zu erwarten, daß die endliche Erfü llung sie unfä hig machte zu antworten. Das Gesicht in den zitternden Hä nden vergrabend, brach sie in Schluchzen aus. Einen Augenblick betrachtete Yolande die vor ihr kauernde schmale Gestalt in ihrer abgetragenen Kleidung. Auch sie hatte die Mü digkeit in dem entzü ckenden Gesicht, die Verzweiflung in den groß en veilchenblauen Augen, den ganzen Schmerz, den jeder Zug Cathé rines, jede ihrer Bewegungen verrieten, wohl bemerkt. Dann stand sie mit einem Ausruf des Mitleids auf, nahm die junge Frau in die Arme, und wie es auch die bescheidene Sara getan hä tte, barg sie das sü ß e, in Trä nen gebadete Gesicht mü tterlich an ihrer Schulter. »Weint, meine Kleine«, murmelte sie, »weint nur! Die Trä nen lindern den Schmerz. « Ohne Cathé rine loszulassen, wandte sie leicht den Kopf und hob die Stimme: »Laß t uns einen Augenblick allein, Madame de Chaumont! Kommt etwas spä ter wieder. Laß t inzwischen ein Zimmer fü r Madame de Montsalvy vorbereiten. « Die Ehrendame sank schweigend in einen tiefen Hofknicks und verschwand gerä uschlos. Inzwischen fü hrte die Kö nigin Cathé rine sanft zu einer mit Samt bezogenen Bank und hieß sie sich setzen. Dort wartete sie geduldig, bis die junge Frau aufhö rte zu schluchzen. Als sie sah, daß sie ruhiger geworden war, zog sie aus ihrem Almosenbeutel ein Flä schchen Duftwasser, goß ein paar Tropfen davon auf ein Taschentuch und betupfte Cathé rines Gesicht damit. Der sü ß e, prickelnde Duft belebte sie sofort wieder, und voller Scham lö ste sie sich von Yolande und wollte sich ihr von neuem zu Fü ß en werfen, doch die feste Hand der Kö nigin hielt sie zurü ck. »Unterhalten wir uns unter Frauen, wenn es Euch recht ist, Cathé rine! Wenn ich Bruder Etienne zu Euch geschickt habe, so nicht, um Euch wie irgendeine Ehrendame zu behandeln und mit Euch zu weinen! Es naht die Stunde, in der wir uns von dem Mann befreien werden, dem Ihr Euer Unglü ck verdankt, von diesem traurigen Herrn, der mit dem einzigen gemeinen Ziel, sich zu bereichern, das Kö nigreich dem Meistbietenden verkauft und das elende Werk der Kö nigin Isabeau zu vollenden sucht. Ihr habt zu viel gelitten, um nicht hierzusein. « »Wir sind wie Verbrecher gehetzt, verfolgt, geä chtet, ruiniert und all unserer Gü ter beraubt worden. Wir wä ren zu dieser Stunde tot, wenn Graf Pardiac uns nicht zu Hilfe gekommen wä re. Mein Sohn hat keinen Namen mehr, kein Land … und mein Mann ist leprakrank! « sagte Cathé rine dü ster. »Was kö nnte uns Schlimmeres widerfahren? « »Es kann immer noch Schlimmeres geben«, berichtigte die Kö nigin sanft. »Als Wichtigstes bleibt uns jetzt jedoch, dem Namen Montsalvy seine alte Geltung wiederzugeben und Eurem Sohn die Zukunft vorzubereiten, die ihm zusteht. Seht … ich liebte Euren Gatten sehr. Unter einer rauhen Schale war er ein vollkommener Edelmann und der Tapfersten einer in diesem Land. Die Opfer La Tré moilles sind zu wertvoll, um sie nicht zu rä chen, wie es sich gehö rt. Wollt Ihr uns dabei helfen? « »Ich bin nur dazu hergekommen! « entgegnete Cathé rine leidenschaftlich. »Aber ich erwarte von Eurer Majestä t, daß sie mich gnä digst fü hre und leite. « Yolande wollte antworten, als ein schmetterndes Trompetensignal vor dem Schloß ertö nte und sofort aufgeregtes Hin und Her in dem riesigen Gebä ude auslö ste. Die Herzogin‑ Kö nigin hatte sich erhoben und schritt flink dem Fenster zu, das auf die Kapelle und den groß en Innenhof hinausblickte. Drauß en stü rzten Soldaten aus den Wachstuben und liefen zum Tor, unterwegs noch in aller Hast Helme und Harnische befestigend. Aus dem herzoglichen Quartier quoll eine ganze Flut von Pagen, Knappen und Hofherren. Cathé rine kam es in den Sinn, daß sie im Halbdä mmer des endenden Tages ganz so aussahen, als seien sie eben geradewegs aus den groß en Gobelins an den Wä nden herabgestiegen. Indessen klopfte Yolande von Aragon ungeduldig mit dem Fuß auf den Boden. »Warum soviel Lä rm? Was bedeutet diese Aufregung? Wer mag da kommen? « Wie als Antwort auf ihre Fragen ö ffnete sich die Tü r, und Madame de Chaumont erschien wieder. Lä chelnd verneigte sie sich: »Madame! Es ist der Herr Konnetabel, der von seinem Besitz Parthenay kommt. Euer Majestä t …« Der Freudenausruf der Kö nigin schnitt ihr das Wort ab: »Richemont! Der Himmel schickt ihn uns! Ich werde ihn sofort empfangen! « Sie wandte sich mit einer Bewegung an Cathé rine, wollte sie einladen, ihr zu folgen, besann sich aber eines anderen, als sie die niedergeschlagene Miene der jungen Frau bemerkte. »Ruht Euch erst aus, meine Liebe«, sagte sie gü tig. »Madame de Chaumont wird Euch fü hren. Morgen werde ich Euch zu mir befehlen, und wir werden unsere Plä ne machen. « Schweigend verneigte sich Cathé rine und folgte der Ehrendame, wä hrend Yolande durch eine andere Tü r hinausging. Cathé rine fü hlte eine scheuß liche Leere im Kopf und bewegte sich mechanisch wie durch Wolkenschleier. Folgsam ließ sie sich, ohne ein Wort zu sagen, in ein Zimmer fü hren, das im oberen Stock lag und dessen zwei Fenster auf den groß en Hof hinausgingen. Sie hatte keine Lust zu sprechen, und Madame de Chaumont respektierte ihr Schweigen. Sie war eine reizende blonde junge Frau mit rundem Gesicht und braunen, lebhaften und lustigen Augen, die die grö ß te Mü he zu haben schien, ihre auß erordentliche Vitalitä t zu bä ndigen. Sehr jung, noch nicht einmal zwanzig, war Anne de Bueil trotzdem seit fü nf Jahren mit Pierre d'Amboise, Herrn von Chaumont, verheiratet und hatte zwei Kinder, was man ihr nicht ansah. Ohne Zweifel strengte sie sich unablä ssig an, ihre ü berschwengliche Natur dem einigermaß en zeremoniö s‑ abgezirkelten Leben eines kö niglichen Hofes anzupassen. Auch jetzt hatte sie ganz offensichtlich groß e Lust zu schwatzen, aber nicht weniger offensichtlich brauchte Cathé rine vor allem Schlaf und Ruhe. Die kleine Madame de Chaumont gab sich daher damit zufrieden, ihr ein strahlendes Lä cheln zuzuwerfen. »Hier seid Ihr nun, Madame de Montsalvy. Ich werde Euch zuerst Eure Zofe und dann zwei Kammerfrauen schicken, die Euch behilflich sein werden, Euch einzurichten. Wü rdet Ihr gern ein Bad nehmen? « Cathé rines Augen blitzten bei der Erwä hnung dieser vergessenen Kö stlichkeit auf. Ein Bad! Seit Monaten hatte sie keins genommen! Seit dem Herbst war es in den primitiven Schwitzbä dern von Carlat zu kalt gewesen, und seitdem sie die Auvergne verlassen hatte, hatte ihre Reise ihr einen solchen Komfort nie geboten. »Oh, wie gern! « sagte sie, die junge Frau anlä chelnd. »Mir scheint, daß ich den ganzen Schmutz des Kö nigreichs an mir habe! « »Es ist nur eine Frage von wenigen Minuten! « Und Anne de Chaumont verschwand in einem raschelnden Wirbel von rotem Samt und grauer Seide. Allein geblieben, hä tte Cathé rine sich am liebsten aufs Bett fallen lassen, aber der Lä rm, der vom Hof heraufdrang, zog sie ans Fenster. So viele Fackeln, so viele Feuertö pfe brannten in ihren Drahtgittern in der Tiefe, daß man wie am hellichten Tage sehen konnte und der tanzende Widerschein all dieser Flammen an der Decke von Cathé rines Zimmer den Sieg ü ber die Kerzen und das Geflacker des kegelfö rmigen Kamins davontrug, die dem Zimmer Licht und Wä rme gaben. Unten umdrä ngte ein wahres Heer von livrierten Dienern, von Pagen und Knappen, von Soldaten, Damen und Edelleuten eine Gruppe eisengepanzerter Reiter, eine eindrucksvolle graue Mauer, die von den weiß en Wappenrö cken der Bretagne kaum aufgehellt wurde. Diese Ritter scharten sich um eine groß e weiß e Fahne, die ein Wildschwein vor einer kleinen grü nen Eiche und, auf ein rotes Spruchband gestickt, die Devise ›Que qui le veuille! ‹ zeigte. Einige Schritte vor dieser Gruppe stieg ein Mann, dessen Helm als Schmuck einen gekrö nten goldenen Lö wen trug, mit Hilfe eines Knappen aus dem Sattel. Das spitze Visier des Helms war hochgeklappt, und Cathé rine erkannte das narbige Gesicht des Konnetabels. Auß erdem schlug das groß e, mit Lilien gezierte Schwert Frankreichs an die linke Seite des furchtbaren Bretonen. Cathé rine sah die Kö nigin Yolande flink die Stufen der Freitreppe hinuntersteigen und, beide Hä nde ausgestreckt und ein strahlendes Lä cheln auf den Lippen, dem Ankö mmling entgegeneilen. Sie sah, wie Richemonts hartes Gesicht sich glä ttete, wä hrend er niederkniete, um die ihm dargebotene schö ne Hand zu kü ssen. Von ihrem Platz aus konnte Cathé rine nicht hö ren, was gesprochen wurde, bemerkte jedoch, daß zwischen der Herzogin‑ Kö nigin und dem Oberkommandierenden des Krieges vö lliges und absolutes Einvernehmen zu herrschen schien, woraus sie einen tiefen Trost zog. Sie erinnerte sich an die Sympathie, die Richemont Arnaud stets bezeigt hatte, und an die Zä higkeit, mit der dieser Mann aus Eisen seine Angelegenheiten verfolgte. Yolande, Richemont – das waren die beiden unzerstö rbaren Pfeiler, auf die sie die Zukunft ihres kleinen Michel bauen wollte. Eine halbe Stunde spä ter hatte sie, in einer Wanne voll heiß en, parfü mierten Wassers liegend, sowohl das Elend der letzten Tage als auch ihre Mü digkeit fast vergessen. Die Augen geschlossen, den Nacken auf den mit Tü chern belegten Rand der Wanne gestü tzt, ließ Cathé rine sich gehen, entspannte Kö rper, Muskeln und Nerven. Das heiß e Wasser drang durch jede Fiber ihres Wesens und bewirkte eine wohltuende Erschlaffung. Sie hatte das trö stliche Gefü hl, auf dem Grunde dieses von balsamischen Krä utern duftenden Bades mit dem Schmutz auch alles andere hinter sich zu lassen, die Angst, ihre Leiden und selbst zehn Jahre ihres Lebens. Ihr Kopf war wieder klar, ihr Blut zirkulierte besser. Von neuem wuß te sie, daß sie jung und stark war und daß ihre weiblichen Waffen intakt geblieben waren. Dies hatte sie in den bewundernden Augen der beiden Dienerinnen gelesen, die ihr beim Einsteigen ins Bad geholfen hatten und jetzt damit beschä ftigt waren, Truhen und Laden zu ö ffnen, Linnen und Tü cher herauszunehmen und ihr Nachtlager zu bereiten, wä hrend sie ausruhte. Jawohl, sie war immer noch schö n, und es war gut, es zu wissen! Sara schlief in dem Verschlag, in den man sie mehr getragen als gefü hrt hatte. Sie hatte auf dem Weg dorthin kaum einmal die Augen geö ffnet, aber dies eine Mal konnte Cathé rine auf sie verzichten. Jetzt war das Bett gemacht, das Badewasser war mit grä ulichen Lachen bedeckt, die deutlich machten, wieviel Schmutz Cathé rine aus der Auvergne mitgebracht hatte, und eine der Kammerfrauen hielt schon ein am Feuer gewä rmtes Badetuch bereit, um die Badende einzuhü llen. Diese erhob sich, blieb einen Augenblick aufrecht in der Wanne stehen und streifte mit beiden Handflä chen die ü ber ihre Schenkel rollenden Trö pfchen ab. Im selben Augenblick hallten die Fliesen des schmalen Ganges drauß en von dem schnellen Schritt von Eisenschuhen wider, die Tü r ö ffnete sich unter dem Druck einer herrischen Hand, und ein Mann trat ins Zimmer. Sein Ausruf der Verblü ffung mischte sich mit dem Schreckensschrei Cathé rines. Von dem so plö tzlich erschienenen Mann konnten ihre aufgerissenen Augen keine Einzelheiten sehen. Sie sahen nur, daß er fast ein Riese und blond war. Mit schroffer Bewegung riß sie der Dienerin das Badetuch aus den Hä nden und wickelte sich darin ein, ohne sich darum zu kü mmern, daß es halb ins Wasser tauchte. »Wie kö nnt Ihr es wagen? Hinaus! Sofort hinaus! « rief sie. Das Bild, das sich ihm geboten hatte, und die wü tende Anrede Cathé rines hatten den Eindringling in vö llige Verblü ffung gestü rzt. Er machte groß e Augen und ö ffnete den Mund, ohne ein Wort herauszubringen, wä hrend Cathé rine aufgebracht schrie: »Nun, worauf wartet Ihr noch? Ich habe Euch gesagt, Ihr sollt gehen! Seid Ihr noch nicht drauß en? « Offenbar hatte er sich in Stein verwandelt, und als er endlich Worte fand, reichte es nur zu einem verdatterten Gestammel: »Wer … wer seid Ihr? « »Das geht Euch nichts an! Und was Euch betrifft, kann ich Euch sagen, was Ihr seid: ein Flegel! Verschwindet! « »Aber …«, begann der Unglü ckliche. »Nichts ›aber‹! Seid Ihr immer noch da? « Wahnsinnig vor Wut, packte Cathé rine in der Wanne einen groß en Schwamm und schleuderte ihn, vollgesogen mit Wasser, nach dem Feind. Sie hatte gut gezielt. Der Schwamm landete mitten im Gesicht des Eindringlings, und das Waffenhemd aus blauer Seide, das er ü ber seinem Panzer trug, wurde klatschnaß. Diesmal ergriff er die Flucht. Vage Entschuldigungen stotternd, entfloh der Chevalier eiligst mit klirrendem Panzer. Cathé rine stieg nun mit der Wü rde einer beleidigten Kö nigin aus dem Bad, aber die beiden sprachlosen Dienerinnen rü hrten keinen Finger, um ihr dabei behilflich zu sein. »Nun? « fragte sie trocken. »Weiß die edle Dame, wen sie soeben derart behandelt hat? « brachte die eine von ihnen schließ lich heraus. »Das war Monseigneur Pierre de Bré zé, ein treuer Anhä nger der Kö nigin, bei der er viel zu sagen hat. Auß erdem …« »Das genü gt! « unterbrach Cathé rine. »Wenn es der Kö nig in Person gewesen wä re, hä tte ich nicht anders gehandelt. Trocknet mich ab, ich friere! « Cathé rine hatte mit einigem Humor jeden Gedanken an den indiskreten Besucher verjagt und wü nschte vor allem, ihm nicht mehr zu begegnen, denn die lä cherliche Lage, in die er sie gebracht hatte, war ihr durchaus bewuß t. Trotzdem war er es, den sie zuerst bemerkte, als sie am anderen Morgen in den groß en Schloß saal trat, in den die Herzogin‑ Kö nigin sie hatte rufen lassen; doch machte es ihr seltsamerweise weit weniger aus, als sie ursprü nglich geglaubt hatte. Eine gute Nacht, ein reichhaltiges Frü hstü ck und gepflegte Kleidung hatten Wunder bei ihr gewirkt. Sie fü hlte sich als eine ganz andere Frau, bereit zu jedem Kampf. Yolande hatte ihr wegen ihrer offensichtlichen Bedü rftigkeit einige Kleider zur Auswahl geschickt. Was Cathé rine schließ lich angezogen hatte, war eine Robe aus schwerem schwarzem Brokat unter einem Umhang aus Silberstoff mit Zobelrand. Die hohe, spitze Haube bestand aus dem gleichen Material. Eine Woge schwarzen, silberdurchwirkten Musselins flutete von ihr herab und vervollstä ndigte den Eindruck einer Art Trauerkleidung, die die Schö nheit Cathé rines gebü hrend unterstrich. Wenn ihr Spiegel ihr im ü brigen Zweifel gelassen hä tte, wä re das bewundernde Murmeln, das sie beim Eintritt in den Saal empfing, geeignet gewesen, ihr auch den letzten zu nehmen. In tiefer Stille schritt sie sodann dem Throne zu, auf dem Kö nigin Yolande Platz genommen hatte. Auß er der Kö nigin und ihr war nur eine kleine Anzahl von Mä nnern anwesend, etwa sieben oder acht, deren grö ß ter Pierre de Bré zé und deren imposantester der Konnetabel de Richemont waren, die aufrecht auf den Stufen des Thrones standen. Seitlich des hohen Sessels Yolandes, doch tiefer, saß in einem Kirchenstuhl ein sehr alter Mann im Priestergewand, gerade aufgerichtet trotz seiner sechsundachtzig Jahre, dessen schwache Augen eine Brille zierte: Hardouin de Bueil, Bischof von Angers. Der Saal war riesig, und Cathé rine muß te ein jä h aufwallendes Gefü hl der Furcht niederkä mpfen, um ihn ruhigen Schritts durchmessen zu kö nnen. Vielfarbige Banner bauschten sich sanft gegen die Steingewö lbe, und die Wä nde verschwanden unter kolossalen, prunkvollen Gobelins, deren beherrschende Farbtö ne Blau und Rot waren und die die phantastischen Szenen der Offenbarung des heiligen Johannes schilderten. Die Stille war so tief, daß das seidene Rauschen ihres Kleides Cathé rine wie ein Gewittersturm in den Ohren klang, doch als sie ungefä hr die Hä lfte des Saals hinter sich gebracht hatte, hallte ein schneller Schritt auf den Fliesen wider: Der Konnetabel kam ihr entgegen. Als er sie erreichte, verbeugte sich Arthur de Richemont vor ihr, bot ihrer Hand die geschlossene Faust und sagte liebenswü rdig: »Willkommen unter uns, Madame de Montsalvy! Mehr als jeder andere sind wir glü cklich, Euch zu sehen, Euch, die Ihr soviel fü r eine Sache gelitten habt, die die unsrige ist! Euer Gemahl war noch sehr jung, als er bei Azincourt an meiner Seite kä mpfte, aber sein Heldenmut zeichnete ihn bereits aus. Ich liebte ihn innig, und sein Tod hat mir das Herz zerrissen! « Ohne Helm bot sich das Gesicht des bretonischen Grafen, von alten Narben verwü stet, doch von einem Paar klarer blauer Augen erhellt, nun im vollen Licht dar. Cathé rine fand den Eindruck absoluten Vertrauens bestä tigt, den er bei ihrer ersten Begegnung gelegentlich seiner Verlobung mit der Schwester Philippes von Burgund und Witwe des Dauphins von Frankreich, Louis de Guyenne, auf sie gemacht hatte. Dieser Mann hatte die Festigkeit eines Bollwerks, die Schä rfe einer Degenklinge, den Wert reinen Goldes. Gegen die Trä nen ankä mpfend, die in ihr aufstiegen, lä chelte sie ihm zu und vollfü hrte einen tiefen Knicks, wä hrend sie die Hand auf die ihr dargebotene legte. »Monseigneur, Euer Empfang erregt und bewegt mich, wie ich es gar nicht sagen kann. Und ich bitte Euch, ü ber mich zu verfü gen, wie Ihr ü ber meinen vielgeliebten Gemahl verfü gt hä ttet, wenn es Gott gefallen hä tte, ihn mir zu lassen. Ich habe hier keinen anderen Wunsch, als ihn zu rä chen und meinem Sohn zu geben, was ihm zusteht! « »Es soll nach Eurem Wunsche geschehen. Kommt! « Seite an Seite schritten sie dem Thron zu, wo Yolande sie erwartete. Sie lä chelte der jungen Frau entgegen. »Begrü ß t Seine Ehrwü rden, den Bischof unserer guten Stadt, dann setzt Euch hier hin«, sagte sie und wies auf ein Samtkissen auf den Thronstufen. Nachdem Cathé rine darauf Platz genommen hatte, stellte man ihr die anwesenden Herren vor. Da waren auß er Pierre de Bré zé, der sie unverwandt anstarrte, der Seigneur de Chaumont, Gemahl der schö nen Anne, deren Bruder Jean de Bueil, Gouverneur von Sablé, Ambroise de Loré, Pré gent de Coé tivy, der intime Freund des Konnetabels, und schließ lich, ein wenig abseits, ein Mann von bescheidenem Aussehen und verschlossener Miene, der Stallmeister Richemonts war und Tristan l'Hermite hieß … Alle waren jung, der ä lteste war der Konnetabel, ein guter Vierziger, und alle kü ß ten der jungen Frau respektvoll die Hand. Nur Bré zé konnte sich eines Lä chelns und eines vielsagenden Blicks nicht enthalten, der Cathé rine bis zu den Ohren errö ten ließ. Sie verjagte diese Verlegenheit ungeduldig. Was hatte sie mit diesem Mann in dieser Minute zu schaffen, da doch so viele ernste Dinge besprochen werden sollten? Um Rache ging es hier und nicht darum, sich von dem ersten hergelaufenen Stutzer zum Flirten verleiten zu lassen! Sie warf ihm einen strengen Blick zu und wandte den Kopf ab. Doch schon ergriff die Kö nigin das Wort: »Messeigneurs, wir sind jetzt vollzä hlig versammelt, da wir mit der Anwesenheit der Feldhauptleute La Hire und Xaintrailles, die in der Picardie Krieg fü hren, nicht rechnen kö nnen. Seit Eurer vorigen Versammlung letzten September in Vannes bei der Beerdigung der Herzogin der Bretagne, Madame Jeanne de Valois, habt Ihr einen Pakt zum Verderben Georges de La Tré moilles beschworen. Ich glaube, es ist unnö tig, Euch an seine Missetaten zu erinnern. Nicht zufrieden damit, Jehanne von Orlé ans ausgeliefert zu haben, den Terror im Kö nigreich regieren zu lassen, den Kö nig ins Elend zu stü rzen, wä hrend er sich skandalö s bereichert, die Besten unter uns ins Gefä ngnis zu werfen und zu ruinieren, wie zum Beispiel Louis d'Amboise, der mit Euch allen verwandt ist, sowie Arnaud de Montsalvy, den Englä ndern die Stadt Montargis, die Madame de Richemont gehö rt, auszuliefern, den Krieg auf unsere eigenen Lä ndereien zu tragen und durch seinen Henkersknecht Villa‑ Andrado die Auvergne, das Limousin und Languedoc verwü sten und ausplü ndern zu lassen, wagt es dieser Mann noch, sich den Annä herungsversuchen, die wir seit Monaten geduldig dem Herzog von Burgund gegenü ber unternommen haben, zu widersetzen. Seit fast einem Jahr hä lt der Legat des Papstes, der Kardinal des Heiligen Kreuzes Nicolas Albergati, Konferenz um Konferenz mit den Abgesandten Burgunds, um zu einem Friedensschluß zu kommen. Und was tut La Tré moille inzwischen? Letzten Oktober versucht er, Dijon zu belagern, und organisiert zur selben Zeit einen ungeschickten Versuch zur Ermordung des Herzogs Philippe, und das genau in dem Augenblick, in dem der Tod der Herzogin von Bedford, der Schwester Philippes, ihn von der englischen Allianz abwendet. So kann das nicht weitergehen! Nie werden wir es erreichen, den Englä nder zu verjagen und diesem Kö nigreich Frieden zu geben, solange der Groß kä mmerer den Kö nig in den Klauen hat. Ihr habt geschworen, Messeigneurs, Frankreich von ihm zu sä ubern. Ich erwarte Eure Vorschlä ge. « Stille folgte der Rede der Kö nigin. Cathé rine hielt den Atem an, dachte ü ber die Neuigkeiten nach, die sie soeben gehö rt hatte. Sie entdeckte, wie fern sie diesen Ereignissen gestanden hatte, und auch, nicht ohne Erstaunen, daß ein Mordversuch gegen ihren einstigen Geliebten Philippe von Burgund sie gleichgü ltig ließ. Die Bande, die sie mit ihm verbunden hatten, waren geschwunden, ohne mehr zurü ckzulassen als vage Erinnerungen. Fast schien es ihr, als mü sse es eine andere gewesen sein, die die leidenschaftlichen Stunden in den Armen des schö nen Herzogs durchlebt hatte, als sei es fü r sie nur eine Geschichte, die ihr vor langer Zeit jemand abends vor dem Kaminfeuer erzä hlt habe … Mittlerweile richteten sich alle Blicke, auch der Cathé rines, auf den Konnetabel. Den Kopf gesenkt, die Arme ü ber der Brust gekreuzt, schien er in tiefes Nachdenken versunken. Schließ lich war es der mehr als achtzigjä hrige Bischof, der das Schweigen brach. Seine Stimme zitterte wie ein gesprungenes Glö ckchen. »Zweimal, Sire Konnetabel, habt Ihr den Kö nig trotz seines Widerstrebens von seinen unwü rdigen Favoriten befreit. Werdet Ihr beim drittenmal Furcht haben? Ist der Sire de La Tré moille mehr als Pierre de Giac oder der Camus de Beaulieu? Den ersten habt Ihr in einen Sack stecken und in den Auron werfen, den zweiten habt Ihr erwü rgen lassen. Warum also lebt La Tré moille noch? « »Weil er besser als die anderen auf der Hut ist. Giac glaubte sich vom Teufel beschü tzt, dem er seine rechte Hand verkauft hatte. Beaulieus Kopf war nur eine leere Klapper. Tré moilles Kopf ist voll Verschlagenheit und gefä hrlicher Tü cke. Er weiß, daß er verhaß t ist, und handelt entsprechend. Wir haben seinen Untergang beschworen, aber es scheint, daß es keine leichte Sache ist, es zu verwirklichen. « Der Bischof lachte trocken auf. »Es handelt sich nur darum zuzuschlagen. Ich sehe nicht, was Euch abhä lt. Ihr habt Euch vom Hof ferngehalten. Gut! Aber Ihr habt genü gend zuverlä ssige Mä nner …« »Und was soll so ein zuverlä ssiger Mann tun? « warf Richemont barsch ein. »Wer sein Vertrauen nicht hat, kann sich La Tré moille ü berhaupt nicht nä hern. Aus dem Kö nig, von dessen Seite er nie weicht, hat er seinen ersten Wä chter gemacht. Seit dem Sommer hat er sich mit ihm in die Festung Amboise eingeschlossen und hat sie nur ein einziges Mal, mit dem Kö nig natü rlich, zu einem kurzen Aufenthalt in seinem eigenen Schloß Sully verlassen. Uns fehlt nicht der Wunsch zu tö ten, sondern das Mittel dazu! « Der trü bsinnige Ton des Konnetabels ließ Cathé rines Blut gerinnen. Sie sah, daß sich die Hand Yolandes um die Armlehne des Thronsessels krampfte, spü rte die Gereiztheit der Kö nigin in ihrem eigenen Fleisch. Wozu diese Ausflü chte, diese Fragen, die anscheinend ohne Antwort bleiben muß ten? Wem nü tzte diese Zusammenkunft, wenn man nur die Ohnmacht der Verschworenen feststellen konnte? Doch da die Kö nigin schwieg, wagte auch sie nicht zu sprechen. Zudem erhob sich der Bischof jetzt erregt. »Ein geschickter Bogenschü tze kann jedes Ziel, ganz gleich, wo, treffen. Wenn La Tré moille ausreitet …« »Er reitet eben nie aus! … Er ist so dick und schwer geworden, daß ihn kein Pferd mehr tragen kö nnte. Er reist in einer geschlossenen Sä nfte, von Wachen umgeben, und trä gt ein Panzerhemd unter seinen Seidenkleidern. « »Er trä gt kein Panzerhemd, wenn er schlä ft, mö chte ich annehmen. Benutzt die Nacht …« »Er teilt nicht einmal mehr das Quartier des Kö nigs, das er fü r zu unsicher hä lt. Im Schloß turm, bewacht von fü nfzig Bewaffneten, ü berlä ß t sich La Tré moille nachts dem Schlaf. « »Dann mit Gift, wä hrend der Mahlzeiten …« Richemont lä chelte mü de. Diesmal antwortete sein Freund Pré gent de Coé tivy mit ernster Stimme: »Seine Gerichte und Weine werden von drei Offizieren des Kö nigs vorgekostet. « Monseigneur de Bueil stieß einen Zornesruf aus, riß sich die Brille herunter und warf sie auf den Boden. »Ist das alles, was Ihr uns zu sagen habt, Sire Konnetabel? Ihr beteuert hier Eure Ohnmacht, oder ist La Tré moille vielleicht der verkö rperte Teufel? Bei Gottes Tod, Monseigneur, es handelt sich um einen Menschen aus Fleisch und Blut, von anderen schwachen und habgierigen Menschen umgeben, die man kaufen kö nnen muß und die ihre Treue gewiß gegen eine gewichtige Summe Goldes verkaufen wü rden. « »Ich miß traue einer Treue, die kä uflich ist, Seigneur Bischof. Was wir brauchten, ist ein fä higer Mann, der nicht nur bereit ist, sich ganz der Sache hinzugeben, sondern auch dazu, sein Leben zu opfern, denn der Mö rder mü ß te unter den Augen des Kö nigs selbst zuschlagen und kä me nicht lebend davon. Wer unter Euch, Messires, ist bereit, La Tré moille den Dolch in die Kehle zu stoß en und danach unter den Hieben der Wachen zu fallen? « Eine drü ckende Stille folgte der sarkastischen Frage des Konnetabels. Die Ritter sahen sich verlegen an, und eine Welle von Wut stieg in Cathé rine empor. Diese Mä nner hatten ihren Ruf als Helden nicht mehr zu begrü nden. Unter den Tapfersten waren sie die Besten, und doch wagte keiner vorzutreten, wagte keiner, sein eigenes Leben gegen das ihres Feindes aufs Spiel zu setzen. Sie wollten gern bei hellichtem Tag, unter den funkelnden Strahlen der Sonne des Ruhmes kä mpfen, bei Waffengeklirr und dem seidenweichen Knattern des Lilienbanners, aber im Schatten tö ten, ü berraschend zuschlagen und darauf unter den Hieben der Diener fallen, das wiesen ihr Stolz und ihr Hochmut mit aller Macht zurü ck. Vielleicht hielten sie sich auch fü r zu wichtig fü r das Kö nigreich, zu nö tig fü r den Glanz der Waffen Frankreichs, um sich zum Scharfrichter herabwü rdigen zu lassen? … Oder hatten sie vielleicht noch nicht genug unter den Hä nden La Tré moilles gelitten? Mü ß ten sie sonst nichts sehnlicher wü nschen als seinen Tod, sein Blut … mit allen Mitteln? Sie verfolgten ihn mit einem Haß ohne Glut, und ihr Kampf war ein politischer Kampf, mit dem edlen, aber kalten Ziel, die Macht und die Person des Kö nigs seinen unwü rdigen Hä nden zu entreiß en. Aber dieser Haß glich nicht dem Haß in ihr, der aus dem tiefsten Innern einer verzweifelten Frau geborenen Wut, die um alles, was ihr einziger Lebenssinn gewesen, betrogen worden war. Diese Mä nner waren lediglich bei Hofe unerwü nscht, und einige hatten mit ansehen mü ssen, wie eine ihrer Stä dte durch La Tré moille verwü stet worden war, aber ihre Schlö sser hatten sie nicht in Flammen stehen sehen, ihren Namen beschmutzt, ihr Leben bedroht und das ihnen teuerste Wesen fü r immer aus der Reihe der Lebenden ausgelö scht. Ein bitterer Geschmack fü llte Cathé rines Mund, wä hrend grimmiger Zorn sich ihrer bemä chtigte. Und als die ernste Stimme der Kö nigin in einem Anflug von Miß vergnü gen sagte: »Trotzdem, Messires, mü ssen wir uns fü r einen Plan entscheiden! «, verließ sie ihren Platz und sank vor dem Thron auf die Knie. »Wenn es Eurer Majestä t gefä llt, bin ich bereit, den Schritt zu tun, vor dem sich diese Ritter scheuen! Ich habe nichts mehr zu verlieren auß er dem Leben … und das achte ich gering, wenn ich meinen vielgeliebten Gemahl rä chen kann. Geruht nur, Madame, Euch zu erinnern, daß ich einen Sohn habe, und haltet Eure schü tzende Hand ü ber ihn. « Ein zorniges Grollen begrü ß te diese Worte. Wie ein Mann waren die Herren den Thronstufen zugeeilt, auf denen Cathé rine kniete, und alle hatten die Hand um ihren Degenknauf gelegt. »Gott verzeihe mir! « rief Pierre de Bré zé erregt aus. »Ich glaube gar, Madame de Montsalvy hä lt uns fü r Feiglinge! Wollen wir, Messeigneurs, ihr diese Ü berzeugung lassen? « Von allen Seiten erklangen empö rte Proteste, die jä h durch eine eiskalte Stimme abgeschnitten wurden. »Mit Erlaubnis der Kö nigin und des Herrn Konnetabels mö chte ich zu sagen wagen, daß uns das alles zu nichts fü hrt, daß Ihr Eure Zeit und Eure Worte vergeudet! Es handelt sich hier nicht darum, darü ber zu streiten, wer den grö ß ten Heldenmut zeigen wird, sondern nü chtern ü ber den Tod eines Mannes und die Mittel, ihn herbeizufü hren, zu diskutieren. Nun denn, keins von denen, die bisher vorgeschlagen wurden, scheint mir gut zu sein. « Die ruhige Autoritä t dieser Stimme zwang Cathé rine, sich umzuwenden. Der Kreis der Ritter ö ffnete sich und ließ den Mann durch, den man Tristan l'Hermite genannt hatte und der den ziemlich bescheidenen Posten eines Stallmeisters des Konnetabels bekleidete. Die junge Frau beobachtete ihn aufmerksamer, wä hrend er langsam vortrat. Es war ein Flame von etwa dreiß ig Jahren, blond mit blaß blauen Augen und dem kä ltesten, undurchdringlichsten Gesicht, das Cathé rine je gesehen hatte. Kein Muskel bewegte sich in ihm. Es wirkte schwer und grob geschnitten, aber seine vollkommene Ausdruckslosigkeit verlieh ihm etwas Majestä tisches. Er beugte das Knie vor der Kö nigin und wartete auf die Erlaubnis fortzufahren. Richemont warf Yolande einen fragenden Blick zu, dann: »Die Kö nigin erlaubt dir zu sprechen! Was hast du zu sagen? « »Dies! Der Groß kä mmerer ist drauß en unerreichbar, weil er sich nicht hinauswagt. Also muß man ihn drinnen treffen, und zwar innerhalb einer der kö niglichen Residenzen, da er sie zu den seinen gemacht hat und sich hinter ihren Garnisonen verschanzt. « »Das ist genau das, was wir eben schon sagten«, bemerkte Jean de Bueil mit einer Grimasse. »Anders ausgedrü ckt, es ist unmö glich! « »Es ist unmö glich in Amboise«, erwiderte Tristan l'Hermite, ohne sich aus der Fassung bringen zu lassen, »weil der Gouverneur auf seiner Seite ist, aber es wä re mö glich in einem Schloß, dessen Gouverneur auf unserer Seite steht. In Chinon zum Beispiel, dessen Gouverneur, Messire Raoul de Gaucourt, sich insgeheim dem Herrn Konnetabel angeschlossen hat und ihm sehr ergeben ist. « Ein eisiges Frö steln glitt Cathé rine den Rü cken hinunter. Raoul de Gaucourt! Der ehemalige Gouverneur von Orlé ans, der Mann, der sie einst der Folter unterworfen und zum Galgen verurteilt hatte! Er haß te die Jungfrau von Orlé ans und hatte sie unerbittlich bekä mpft. Was mochte La Tré moille ihm angetan haben, daß er so radikal ins andere Lager ü bergeschwenkt war? Aber Richemont antwortete seinem Stallmeister unwirsch: »Wir hä tten tatsä chlich eine Mö glichkeit, wenn man La Tré moille – und den Kö nig selbstverstä ndlich – nach Chinon locken kö nnte. Aber der Groß kä mmerer mag Chinon nicht. Der Schatten der Jungfrau ist dort noch zu gegenwä rtig, und die kleinen Leute der Stadt haben ihr ihre Liebe bewahrt. Der Kö nig ist zu leicht beeinfluß bar. La Tré moille fü rchtet, daß er im Groß en Saal noch das Echo der Stimme Johannes hö ren kö nnte. Er weiß nicht, daß Gaucourt sich zu uns geschlagen hat, aber er wä re nie einverstanden, den Kö nig nach Chinon zu bringen! « »Trotzdem«, rief Cathé rine, »muß er ihn hinbringen! Gibt es denn niemand, der Einfluß auf ihn hat? Es handelt sich doch nur um eine gefü hlsmä ß ige Abneigung, die man ü berwinden kö nnte. Jeder Mensch, mich inbegriffen, hat seinen schwachen Punkt, den man nur geschickt auszunutzen braucht. Welches ist der schwache Punkt des Groß kä mmerers? « Diesmal kam die Antwort von Ambroise de Lore, einem rothaarigen Mann aus Anjou, der niemals lä chelte. »Er hat zwei: das Gold und die Frauen! « stieß er hervor. »Seinem Durst nach Gold kommt nur noch sein unersä ttliches Verlangen nach den letzteren gleich. Wenn sich ein schö nes Mä dchen fä nde, das sein Blut in Wallung brä chte, wü rde er vielleicht eine Dummheit begehen! « Wä hrend Lore sprach, musterte er Cathé rine mit brü sker Unverschä mtheit von oben bis unten, so daß ihr das Blut in die Wangen stieg. Sein Vorhaben war so klar, daß plö tzliche Empö rung der jungen Frau den Atem benahm. Fü r wen hielt er sie eigentlich, dieser zynische Grandseigneur? Dachte er daran, die Frau Arnaud de Montsalvys La Tré moille ins Bett zu legen? Doch sie enthielt sich der Erwiderung, die ihr schon auf der Zunge lag … Vielleicht war da nach allem doch eine brauchbare Idee? Es war noch immer ein Unterschied, ob man einen Mann betö rte oder ob man sich ihm hingab, und wer konnte wissen, ob … Mit einem wü tenden Ausruf schnitt Pierre de Bré zé ihr plö tzlich den Gedankenfaden ab. Auch er, wie ü brigens alle anderen, hatte den Sinn von Lores Worten wohl begriffen und fuhr ihn nun, weiß vor Zorn, an. »Bist du wahnsinnig? Woran denkst du? Das Unglü ck einer edlen Dame, so schö n sie auch sei, mü ß te sie gegen gewisse Gedanken in Schutz nehmen. Du verdientest es, daß ich dir deine Unverschä mtheit heimzahlte, obgleich du mein Freund bist, denn ich werde nie zulassen …« »Ruhe, Messire de Bré zé! « unterbrach die Kö nigin. »Schließ lich hat unser Freund Lore nichts gesagt, worü ber Madame de Montsalvy sich gekrä nkt fü hlen kö nnte. Nur sein Blick war wenig taktvoll. Vergessen wir ihn! « »Auf jeden Fall«, brummte Richemont, »miß traut La Tré moille den groß en Damen. Sie haben zu flinke Augen, eine zu scharfe Zunge, und auß erdem bietet ihr gesellschaftlicher Rang ihnen Vergleichsmö glichkeiten, die nicht zu seinem Vorteil ausfallen. Was er liebt, sind die unzü chtigen Frauen, die mannstollen Mä dchen, die vielerlei Liebesspiele gewohnt sind, oder auch schö ne Bä uerinnen, die er ganz nach Belieben erniedrigen und quä len kann! « »Ihr vergeß t die jungen Pagen, Monseigneur«, warf Tristan l'Hermite spö ttisch ein, »und noch einiges andere, woran unser Kä mmerer sich delektiert. Seit etwa einem Monat hat sich ein Trupp Ä gypter oder Zigeuner in den Grä ben von Amboise eingerichtet, vom Winter und von der Verwü stung des Landes genö tigt, die Nä he der Stä dte zu suchen. Die Bü rger haben Angst vor ihnen, weil sie stehlen, die Zukunft weissagen und die Leute behexen kö nnen, aber aus diesem Grunde zeigen sie sich auch groß zü gig. Die Mä nner sind Schmiede oder Musiker. Die Mä dchen tanzen. Einige sind schö n, und La Tré moille hat Geschmack an ihrer dunkelbraunen Haut gefunden. Es kommt nicht selten vor, daß er sie aufs Schloß holt, um sich mit ihnen zu vergnü gen, und ich glaube, es ist eher sein Wille als die Hungersnot, die den Stamm in Amboise zurü ckhä lt. « Cathé rine folgte der kleinen Rede des Flamen mit tiefem Interesse, um so mehr, als er sich besonders an sie zu wenden schien. Sie spü rte eine gewisse Absicht dabei, war sich aber noch nicht ganz klar, welche. Er schien sie einzuladen, ihm zu folgen. Jedenfalls verbarg sich hinter seiner Erwä hnung der Zigeuner ein ernsthafter Grund. »Wollt Ihr etwa vorschlagen«, warf Jean de Bueil hochmü tig ein, »daß wir uns an eins dieser wilden Weiber hä ngen sollen? Das wä re ein schö ner Reinfall! Wir wü rden fü r ein paar Huren an La Tré moille verkauft werden! « »Keineswegs, Monseigneur«, erwiderte Tristan, die Augen auf Cathé rine gerichtet. »Vielmehr dachte ich an eine intelligente Frau, schlau und couragiert und geschickt verkleidet …« »Worauf genau wollt Ihr hinaus? « fragte Bré zé mit argwö hnischem Unterton. Tristan schien mit der Antwort zu zö gern, aber Cathé rine hatte verstanden. Dieser Gedanke, den der Stallmeister nicht nä her ausfü hren wollte, zweifellos, weil er die heftigen Reaktionen gewisser Ritter fü rchtete, hatte sie in Wahrheit, ohne daß es ihr sofort bewuß t wurde, im gleichen Augenblick gepackt, in dem er von den Zigeunern gesprochen hatte. Und nun wollte sie ihn sich zu eigen machen. Sie lä chelte den Flamen an, um ihn zu ermutigen, und legte die Hand beschwichtigend auf Bré zé s Arm. »Ich glaube, ich verstehe den Gedanken Messire l'Hermites«, sagte sie ruhig. »Er mö chte sagen, wenn ich zu allem bereit wä re, um an La Tré moille Rache zu nehmen, wä re ich voll und ganz geeignet, diese Rolle zu spielen. « Es gab einen Heidenlä rm. Alle Edelleute brü llten gleichzeitig aufeinander ein, aber die Fistelstimme des Bischofs ü bertö nte alle. Nur Ambroise de Lore sagte nichts, doch einer seiner Mundwinkel verzog sich auf eine Art, die man, strenggenommen, fü r den Anflug eines Lä chelns halten konnte. Die Herzogin‑ Kö nigin muß te die Stimme erheben, um die Ruhe wiederherzustellen. »Beruhigt Euch, Messeigneurs! « sagte sie kalt. »Ich verstehe Eure Aufregung angesichts eines so kü hnen Vorschlags, aber es nü tzt nichts, deswegen zu schreien. Auß erdem sehen wir uns einer so schwierigen Lage gegenü ber, daß die geringsten Erfolgschancen – wie auch die verrü cktesten – kaltblü tig geprü ft werden mü ssen! Was Euch betrifft, Cathé rine, habt Ihr die Tragweite Eurer Worte und die Gefahren gut erwogen, denen ein solches Abenteuer Euch aussetzen wü rde? « »Ich habe sie erwogen, Madame, und ich habe sie durchaus nicht fü r unü berwindlich gefunden. Wenn ich Euch und dem Kö nig dienen kö nnte, indem ich die Meinen rä che, wü rde ich mich glü cklich schä tzen! « Die blauen Augen des Konnetabels suchten die der jungen Frau und hielten sie fest. »Ihr werdet Euer Leben in jedem Augenblick aufs Spiel setzen. Wenn La Tré moille Euch wiedererkennt, werdet Ihr den nä chsten Tag nicht mehr erleben. Wiß t Ihr das? « »Ich weiß es, Monseigneur«, entgegnete sie mit einer kurzen Reverenz, »und ich nehme das Risiko auf mich. Auß erdem – macht dieses Risiko nicht grö ß er, als es ist. Der Groß kä mmerer kennt mich nur flü chtig. Ich war eine der Hofdamen der Kö nigin Marie, alle fromm und ernst, die sehr selten in der Umgebung des Kö nigs erschienen. La Tré moille hat mich zwei‑ oder dreimal gesehen, immer mit anderen Damen zusammen, zu selten, um mich wiederzuerkennen, besonders nicht in einer Verkleidung. « »Fü r diesen Fall trifft sich das ausgezeichnet! Ihr habt auf alles eine Antwort, und ich bewundere Euren Mut. « Er wandte sich ab, um mit Tristan l'Hermite zu sprechen, doch Jean de Bueil mischte sich ein. »Angenommen, wir akzeptieren den Vorschlag Madame de Montsalvys und ließ en sie diese gefä hrliche und zum allermindesten unangenehme Rolle spielen, dann ist noch lange nicht gesagt, daß sie sie auf ü berzeugende Weise spielen kö nnte. Diese Ä gypter haben ein fremdlä ndisches Benehmen und vor allem fremde Kleidung …« »Eine Kleidung, die ich kenne«, unterbrach Cathé rine freundlich. »Messire, meine treue Amme Sara ist Ä gypterin. Sie wurde einst als Sklavin nach Venedig verkauft. « Der nä chste Einwand kam von Pierre de Chaumont. »Werden diese Leute einverstanden sein, unsere Komplicen zu werden? Es sind Wilde, sie sind unabhä ngig, unbegreifbar. « Ein kaltes Lä cheln kerbte die schmalen Lippen des Flamen, ein Lä cheln, das eine Drohung enthielt. »Auch sie lieben das Gold … und fü rchten den Henker! Die Drohung mit dem Strick in Verbindung mit dem Versprechen einer schö nen Summe wird sie sehr einsichtig machen. Auß erdem wird diese Sara, da sie eine der Ihren ist, zweifellos sehr gut aufgenommen werden … und wenn es Monseigneur dem Konnetabel genehm ist, werde ich Dame Cathé rine persö nlich zu den Zigeunern geleiten. Ich werde die Verbindung mit Euch, Messeigneurs, sicherstellen! « »Es ist mir recht so«, sagte Richemont billigend, »und ich halte diesen Plan fü r gut. Hat jemand noch einen Einwand vorzubringen? « »Keinen«, sagte der Bischof, »auß er der Furcht angesichts der Tatsache, daß wir eine anstä ndige und edle Dame ihre Seele … und ihren Kö rper in einem gefä hrlichen Abenteuer aufs Spiel setzen lassen. Die Tugend Madame de Montsalvys …« »Hat nichts zu befü rchten, Euer Ehrwü rden«, entgegnete Cathé rine ruhig. »Ich werde auf mich achtzugeben wissen. « »Aber da ist noch ein Punkt, den ich gern klä ren mö chte«, sagte der Prä lat beharrlich. »Wenn Ihr bei La Tré moille vorgelassen werdet, wie wollt Ihr ihm dann einreden, Amboise zu verlassen und nach Chinon zu reiten? Er liebt die Zigeunerinnen, gut, aber ich glaube nicht, daß er sie nach Belieben handeln oder sich von ihnen Ratschlä ge geben lä ß t. Denn Ihr werdet in seinen Augen nichts anderes als eine der Ihren sein …« Diesmal lä chelte Cathé rine, und dieses leise, sü ß e Lä cheln hellte wie durch Zauberei die harten Gesichter der Ritter auf. »Ich habe da so meine Idee, Monseigneur, aber ich bitte um Eure Erlaubnis, sie fü r mich behalten zu dü rfen. Zunä chst nur soviel: Ich werde mich der stä rksten Leidenschaft des Kä mmerers bedienen, nä mlich der fü r das Gold! « »Dann segne und behü te Euch Gott, meine Tochter! Wir werden fü r Euch beten! « Er reichte den Lippen der jungen Frau, die vor ihm niederkniete, seine mit einem riesigen Saphir geschmü ckte Linke, wä hrend seine rechte Hand ü ber die schö ne, dem priesterlichen Segen dargebotene Stirn strich. Cathé rines Herz klopfte wie ein Tambour, der zum Angriff trommelt. Nun wü rde sie sich also schlagen, sich persö nlich schlagen, dem Feind die Stirn bieten, ihm in seiner Hö hle gegenü bertreten. In ihrem Leben hatte sie schon viele Abenteuer durchgemacht, aber diese Abenteuer waren ihr vom Schicksal auferlegt worden. Auß er damals, als sie Burgund verlassen hatte, um Arnaud im belagerten Orlé ans zu treffen, hatte sie sich mit dem, was das Schicksal ihr brachte, abfinden mü ssen, indem sie das Beste daraus machte. Heute jedoch, aus wohlerwogenem, eigenem Entschluß, obwohl nichts sie dazu zwang, einfach zur Beruhigung ihres Gewissens und aus Liebe zu dem auf immer verlorenen Mann, stü rzte sie sich in einen wahnwitzigen, verrü ckten Streich, bei dem nichts, nicht einmal ihr Name, ihr von Nutzen sein wü rde. Wenn man sie ergriffe, wü rde man sie hä ngen wie irgendeins der ä gyptischen Mä dchen, dessen Aussehen sie annehmen wü rde, und ihr Kö rper wü rde weit von dem Lande verfaulen, in dem Arnaud langsam dahinsiechte. Doch dieser Gedanke konnte sie in ihrem Entschluß nicht wankend machen. In ihre Trä umerei versunken, fuhr sie auf, als die Stimme der Kö nigin plö tzlich verkü ndete: »Ehe wir uns trennen, schwö rt von neuem, Messeigneurs, wie Ihr es in Vannes getan habt, unser Geheimnis getreulich zu bewahren und nicht zu ruhen und zu rasten, bis der Mann, dessen Untergang wir uns geschworen haben, zu Boden geworfen ist. Schwö rt bei der Heiligen Jungfrau und dem Herrn Jesus Christus! « In einer einzigen Bewegung streckten die Ritter die rechte Hand aus und legten sie auf das Kreuz aus Saphiren, das sich der Bischof vom Hals genommen hatte und ihnen nun hinhielt. »Wir schwö ren es! « riefen sie einstimmig. »La Tré moille muß fallen, oder wir werden untergehen! « Dann kamen sie, einer nach dem anderen, und beugten das Knie vor Yolande, die allen die Hand zum Kusse bot, und verließ en darauf den Saal der Gobelins. Als einzige blieben Richemont und Tristan l'Hermite zurü ck, um die Einzelheiten des Vorhabens zu besprechen. Wä hrend die Kö nigin und der Konnetabel sich unterhielten, ging Cathé rine auf den Flamen zu. »Ich mö chte Euch danken«, sagte sie. »Eure Idee hat uns alle gerettet, und ich kann nicht umhin, in ihr ein Zeichen des Schicksals zu sehen. Ihr konntet nicht wissen, daß meine Amme …« »Dennoch wuß te ich es, Madame«, erwiderte Tristan mit einem dü nnen Lä cheln. »Dankt mir nicht mehr, als recht und billig ist. Denn nicht ich habe Euch eine Idee eingegeben, Dame Cathé rine, sondern Ihr mir! « »Ihr wuß tet es? Wieso? « »Ich weiß stets alles, was ich wissen will! Aber seid ohne Sorge, ich werde Euch ebenso treu dienen, wie ich dem Konnetabel diene. « »Warum? Ihr kennt mich doch nicht. « »Nein. Aber ich brauche einen Menschen, Mann oder Frau, nicht zweimal anzusehen, um seinen Wert zu kennen. Ich werde Euch aus dem besten und einfachsten Grunde dienen: weil ich's gern tue! « Der rä tselhafte Flame grü ß te und trat wieder zu seinem Herrn, Cathé rine nachdenklich zurü cklassend. Wer war dieser merkwü rdige Mann, der als einfacher Stallmeister wie ein Herr sprach und anscheinend durch Mittel, die nur ihm bekannt waren, alles wuß te, was die Leute, mit denen er zusammenkam, betreffen konnte? Daß er etwas Beunruhigendes an sich hatte, leugnete Cathé rine nicht, und trotzdem empfand sie keine Furcht bei dem Gedanken, daß er bei dem bevorstehenden Abenteuer ihr Partner sein wü rde. Vielleicht der Soliditä t wegen, die von ihm ausstrahlte, einer anderen zwar als der, wie sie Gauthier gegeben war, doch auf ihre Art ebenso beruhigend! Sie hatte Eile, zu Sara zurü ckzukehren, um sie ins Bild zu setzen, und bat, sich zurü ckziehen zu dü rfen, was ihr sogleich gestattet wurde. Die Kö nigin und der Konnetabel hatten noch ernste Dinge zu besprechen, die nicht fü r uneingeweihte, wenn auch treue Ohren bestimmt waren. Doch als sie den Saal verließ, stieß Cathé rine auf Pierre de Bré zé. Der junge Mann wanderte in der Galerie am Wasserrand auf und ab und kam, als er sie auftauchen sah, auf sie zu. Er schien sehr erregt und bewegt. »Holde Dame«, sagte er mit besorgter Stimme, »haltet mich nicht fü r einen Narren, doch gewä hrt mir gnä digst einige Augenblicke des Gesprä chs. Ich habe Euch vieles zu sagen. « »So viel? « entgegnete Cathé rine schnippisch, halb ernst, halb scherzhaft. »Ich dachte, wir hä tten uns gestern abend alles gesagt, was zu sagen war. « Die Erwä hnung ihres vorangegangenen Renkontres trieb Bré zé die Schamrö te ins Gesicht, und Cathé rine konnte trotz des Grolls, den sie noch gegen ihn empfand, nicht umhin, an diesem Koloß, der wie ein junges Mä dchen errö tete, einen gewissen Charme zu finden. Zudem sah er gut aus, hatte regelmä ß ige und reine Zü ge, die an die der Montsalvys erinnerten, besonders an die Michels, des hellen Haars und der blauen Augen wegen, und als Cathé rine dies feststellte, spü rte sie, wie das instinktive Ressentiment, das er ihr anfangs eingeflö ß t hatte, schwand. Sie blickte ihn etwas weniger streng an und ließ sich sogar von ihm zu einer der Fensternischen fü hren. Dort setzte sie sich auf die Steinbank und hob die Augen zu ihm auf. »Nun, ich hö re! Was habt Ihr mir zu sagen? « »Zuerst, Vergebung fü r gestern. Ich kam geradewegs von einem Auftrag aus dem Haut‑ Maine zurü ck und ging direkt in dieses Zimmer, das in normalen Zeiten das meine ist. Ich wuß te nicht, daß es besetzt war. « »Wenn es so ist, so sei Euch verziehen. Seid Ihr nun zufrieden? « Er antwortete nicht sofort. Seine nervö sen Finger zerrten an den langen, mit grauer Seide unterfü tterten Einschnitten seines Wamses aus blauem Tuch, dessen einziger Schmuck aus dem gestickten Kreuz von Jerusalem auf seiner Brust bestand. »Ich habe noch etwas zu sagen! « meinte er schließ lich gedä mpft, ohne zu wagen, das zarte, so rü hrende Gesicht in der Einrahmung seiner schwarzen Schleier anzusehen. Pierre de Bré zé war noch nie einer so schö nen Frau begegnet, und die Vollkommenheit, die er, ohne zu wollen, entdeckt hatte, das Licht, das aus diesen wunderbaren blauen Augen strahlte, dies alles erregte ihn derart, daß er bebte. Er, der Ritter der Kö nigin, der Mann, vor dem Lord Scales und Thomas Hampton geflohen waren, er, kraftlos und entwaffnet, wü nschte jetzt nichts sehnlicher, als das Knie zu beugen und anzubeten. Cathé rine war viel zu sehr Frau, zu feinfü hlig, um die Verwirrung dieses groß en Jungen nicht wahrzunehmen, aber sie war entschlossen, der Versuchung nicht nachzugeben, so charmant sie auch sein mochte. »Sprecht! « sagte sie ruhig. Er ballte die Fä uste, holte tief Atem wie ein Schwimmer, der ins Wasser springt, und sagte dann: »Gebt diesen wahnsinnigen Plan auf, geht nicht da hinunter! Wollt Ihr, daß La Tré moille stirbt? Nun, ich schwö re, daß ich ihn vor dem gesamten Hof, ja vor dem Kö nig persö nlich in Eurem Namen niederstrecken werde …« »Ihr wü rdet nur in Euer Verderben rennen. Der Kö nig wü rde Euch verhaften, ins Gefä ngnis werfen und ohne Zweifel hinrichten lassen. « »Was spielt das fü r eine Rolle?! Lieber renne ich in mein Verderben, als Euch ins Verderben rennen zu sehen! Allein der Gedanke an das, was Ihr tun wollt, macht mich wahnsinnig! Seid barmherzig … gebt es auf! « »Barmherzig zu wem? « fragte Cathé rine leise. »Zum einen zu Euch selbst … und auch zu mir! Was nü tzen die Ausflü chte, die groß en Worte und das Gerede? Fü r solche Sachen eigne ich mich nicht, bin vor allem Soldat. Aber ihr wiß t bereits, daß ich Euch liebe, ich brauche es Euch nicht noch zu sagen! « »Und … da Ihr mich liebt, wollt Ihr fü r mich sterben? « Er fiel auf die Knie, hob der jungen Frau sein von Leidenschaft gezeichnetes Gesicht entgegen, das sie erschreckte. Dieser Junge war aus schö nem und reinem Metall gemacht, er verdiente, geliebt zu werden, und sie wollte nicht, daß er sich in die Sackgasse ihres Schicksals verrannte. Indessen murmelte er: »Ich wü nsche nichts anderes. « »Und ich will, daß Ihr lebt. Ihr liebt mich, sagt Ihr? Und diese Liebe treibt Euch, fü r mich sterben zu wollen? Dann mü ß t Ihr verstehen, was mich bewegt, mü ß t den Wunsch verstehen, der mich treibt, fü r das Andenken des Mannes, dessen Namen ich trage, alles zu riskieren … des einzigen Mannes, den ich je geliebt habe und immer lieben werde! « Er senkte den Kopf, dachte ü ber das Endgü ltige ihrer Worte nach. »Ich gebe mich nicht der Illusion hin, eines Tages von Euch geliebt zu werden«, murmelte er. »Ich habe Arnaud de Montsalvy oft gesehen, der damals schon Feldhauptmann war, wä hrend ich nur Page oder Knappe war, und niemals, glaube ich, habe ich einen Mann mehr bewundert als ihn. Ich habe ihn auch beneidet. Er war alles, was ich sein wollte: tapfer, stark, selbstsicher! Welche Frau, die die Liebe eines solchen Mannes besitzt, kö nnte einen anderen lieben? Ihr seht … ich mache mir keine Illusionen. « »Dennoch«, entgegnete Cathé rine, bewegter, als sie sich zeigen wollte, »gehö rt Ihr zu denen, die eine Frau sehr wohl lieben kann. « »Aber neben ihm, nicht wahr, werde ich niemals bestehen kö nnen? Das wolltet Ihr mir doch zu verstehen geben, Dame Cathé rine? So sehr habt Ihr ihn geliebt? « Ein scharfer Schmerz durchbohrte Cathé rines Herz bei der Erinnerung an das, was sie verloren hatte. Ein Schluchzen entrang sich ihrer Kehle, Trä nen traten ihr in die Augen, und sie ließ sie ohne Scham fließ en. »Ich liebe ihn immer noch mehr als alles in der Welt! Ich wü rde mein Leben hingeben, Messire, und meine ewige Seligkeit, um ihn wiederzufinden … und sei es auch nur fü r eine Stunde! Ihr seht, ich verschweige Euch nichts. Soeben spracht Ihr mir von den Gefahren, in die ich mich begeben wü rde. Aber hä tte ich keinen Sohn, hä tte ich den Tod schon lange gesucht, um wenigstens das Recht zu haben, mich mit ihm zu vereinen. « »Also Ihr seht, Ihr mü ß t leben! Oh, laß t mich Euch helfen, laß t mich Euer Freund sein, Euer Verteidiger! Ihr seid zu zart, um in dieser gnadenlosen Zeit ohne Hilfe zu existieren! Ich schwö re, ich werde Euch mit meiner Liebe nicht behelligen, werde nichts anderes verlangen als das Recht, Euer Ritter zu sein. Heiratet mich! Ich habe einen guten Namen, ein Vermö gen … und groß en Ehrgeiz. « Verdutzt trocknete Cathé rine sich die Trä nen und wuß te nicht sofort, was sie darauf antworten sollte. Sie erhob sich, wä hrend er seine kniende Stellung nicht aufgab. »Ihr habt's aber eilig! « sagte sie artig. »Wie alt seid Ihr eigentlich? « »Dreiundzwanzig Jahre. « »Ich bin fast zehn Jahre ä lter! « »Was macht das schon! Ihr seht wie ein junges Mä dchen aus und seid die schö nste Dame, die je den Fuß auf die Erde setzte! Ob Ihr wollt oder nicht, Ihr werdet meine Dame sein, und ich werde nur Eure Farben tragen! « »Meine Farben, Messire, sind die der Trauer, Schwarz und Silber. Hattet Ihr denn keine Dame, ehe Ihr mich kennenlerntet? « Zum groß en Erstaunen Cathé rines schnitt Pierre de Bré zé eine fü rchterliche Grimasse und gestand hö chst ungern: »Eine Dame, nein! Ich habe eine Verlobte, Jeanne du Bec‑ Crespin … aber sie ist von einer Hä ß lichkeit, an die ich mich nie gewö hnen werde! « Plö tzlich brach Cathé rine in Gelä chter aus, und die Atmosphä re entspannte sich merklich. Ihr Lachen klang so hell, so jung, daß Pierre, gegen seinen Willen davon fortgerissen, einstimmen muß te. Mit einer spontanen Bewegung streckte sie ihm beide Hä nde entgegen, und er vergrub sein Gesicht darin. »Behaltet Eure Verlobte, Messire Pierre! « sagte sie wieder in ernstem Ton. »Und was mich betrifft, so schenkt mir nur Eure Freundschaft. Ihrer bedarf ich nä mlich am allermeisten. « Er warf ihr einen hoffnungsvollen Blick zu. »Ich dü rfte ü ber Euch wachen, Eure Farben tragen, Euch verteidigen? « »Aber ja! Doch immer unter der Bedingung, daß Ihr nichts tut, was der Ausfü hrung meiner Plä ne hinderlich wä re. Versprecht Ihr das? « »Ich verspreche es«, erwiderte er ohne Begeisterung. »Aber ich werde wä hrend der ganzen Zeit, die Ihr in Amboise seid, auch dort sein, Dame Cathé rine, und wenn Euch etwas zustoß en sollte …« Das Gesicht Cathé rines wurde plö tzlich ernst. Sie zog ihre Hä nde zurü ck, die der junge Mann festgehalten hatte, und schob sie in ihre weiten Ä rmel. Ein Schatten verdü sterte ihre Augen, und ihre Lippen wurden entschlossen und hart. »Wenn ich bei dieser Aufgabe ums Leben kommen sollte, Messire, und Ihr mich wirklich liebt, gut, dann wü rde ich akzeptieren, was Ihr mir eben tö richterweise angeboten habt. Wenn ich sterbe, tö tet zu meinem Gedä chtnis den Groß kä mmerer! Werdet Ihr das tun? « Pierre de Bré zé zog seinen Degen, pflanzte ihn vor ihr auf und legte die Hand auf den Knauf. »Bei den heiligen Reliquien, die dieser Degen umschließ t, schwö re ich's. « Cathé rine lä chelte und entfernte sich im seidenen Rauschen ihrer langen schwarzen Schleppe mit einer letzten Handbewegung des Abschieds. Immer noch auf den Knien, sah Pierre de Bré zé ihr nach, bis sie verschwunden war.
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