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LONDON.  KAPITEL 3



LONDON

       Der Rucksack schlä gt gegen meinen Rü cken, als ich zu dem Wagen gehe, der auf der nassen Fahrbahn wartet. Der Motor tickt leise. Es ist ein gelber VW Kä fer, rostig und verbeult, aber im Moment das mit Abstand schö nste Auto der Welt, wenn man mich fragt. Es wird schon dunkel, und so langsam wurde mir alles taub, weil ich die letzten zwei Stunden in der Kä lte gestanden und die Fahrer verflucht habe, die auf der Fernstraß e an mir vorbeibrausten, ohne mich eines Blicks zu wü rdigen.

       Ich ö ffne die Beifahrertü r und bin ü berrascht. Die Fahrerin ist ein junges Mä dchen.

       «Wohin willst du? », fragt sie.

       «London, aber die nä chste Raststä tte reicht mir auch», sage ich. Keine Minute lä nger kann ich hier drauß en im bitterkalten Wind stehen.

       «Ich fahre nach Earl’s Court, wenn das okay ist? »

       «Danke, das klingt phantastisch. » Von dort kann ich die U-Bahn nehmen. Ich wohne in Kilburn. Dort habe ich das Gä stezimmer von jemandem gemietet, der fü r einen Monat unterwegs ist. Was danach kommt, weiß ich jetzt noch nicht.

       Aber das ist ein Problem, um das ich mich spä ter kü mmern werde. Ich werfe meinen Rucksack neben die groß e Kü nstlermappe auf den Rü cksitz. Dann setze ich mich. Sie hat das Fenster auf ihrer Seite etwas heruntergekurbelt, aber zum Ausgleich lä uft die Heizung.

       «Ich muss das Fenster offen lassen, weil die Auspuffgase hier irgendwo reinströ men», erklä rt sie. «Ich wollte es reparieren lassen, aber …» Ihr Schulterzucken heiß t irgendwas zwischen «was soll man machen» und «was kü mmert’s mich».

       «Ich bin Sean. » Ich muss meine Stimme ü ber das laute Rö hren des Motors und das Geblä se der Heizung erheben.

       Sie lä chelt mich von der Seite an. «Chloe. »

       Sie ist vielleicht ein oder zwei Jahre jü nger als ich. Schlank, mit hellblonden, raspelkurzen Haaren und dunkelblauen Augen. Hü bsch.

       «Ist dir jetzt warm genug? », fragt sie. «Wenn ich die Heizung zu lange voll aufdrehe, ü berhitzt sie. »

       Ich sage, dass ich okay bin. Sie greift zum Armaturenbrett und reguliert die Temperatur. Ihre Hand ist schmal und feingliedrig. Ein dü nnes Silberarmband umschließ t ihr Handgelenk.

       «Es ü berrascht mich, dass du angehalten hast. Man findet nicht oft Frauen, die das Risiko eingehen, einen Anhalter mitzunehmen. Nicht, dass ich mich beschweren mö chte», fü ge ich hinzu.

       «Manchmal muss man eben ein Risiko eingehen. Auß erdem hast du auf mich ziemlich harmlos gewirkt. »

       «Danke. » Ich lache.

       Sie lä chelt. «Was hast du in London zu tun? »

       «Ich suche einen Job. »

       «Dann ziehst du dauerhaft dorthin? »

       «Wenn ich Arbeit finde, ja. » Obwohl mir das Wort dauerhaft unangenehm ist.

       «Nach was fü r einem Job suchst du denn? », will Chloe wissen.

       «Was sich so ergibt. In einer Bar, auf dem Bau. Wo sich Geld verdienen lä sst. »

       Sie blickt zu mir herü ber. «Du hast studiert? »

       «Ja, aber das ist eine Weile her. Ich wollte lieber reisen und hab mir eine Auszeit genommen. » Auszeit – ich verwende absichtlich diesen schwammigen Begriff. Mir ist unangenehm bewusst, wie schnell die Zeit vergeht. Die meisten meiner Studienkollegen haben inzwischen Karriere gemacht, aber ich lasse mich von einem Job zum nä chsten treiben, ohne ein richtiges Ziel vor Augen zu haben.

       «Schö n fü r dich», sagt Chloe. «Ich bin auch schon mal sechs Monate mit dem Rucksack in Thailand gewesen. Gott, das war herrlich! Wo bist du gewesen? »

       «Och … nur in Frankreich. »

       «Oh. »

       «Ich will wieder dahin», verteidige ich mich. «Sobald ich genug Geld beisammenhabe. »

       Das wird wahrscheinlich nicht so schnell passieren. Obwohl ich mir das Rauchen abgewö hnt habe, bringen die Gelegenheitsjobs nicht besonders viel Geld. Sie nickt, aber eigentlich hö rt sie mir gar nicht zu. Ich umklammere meinen Sitz, als sie plö tzlich die Spur wechselt und einen Van ü berholt. Sie zieht vor einen Jaguar, der dafü r voll in die Eisen gehen muss. Der Jaguar macht Lichthupe und fä hrt bis auf unsere Stoß stange auf. Der Motor des Kä fers kreischt auf und schafft gerade so, mit dem Van gleichzuziehen, ohne ihn jedoch ü berholen zu kö nnen.

       «Komm schon, Arschloch», murmelt Chloe und schaut an mir vorbei auf den Vanfahrer. Ich sehe ä ngstlich zu, wie sie das Gaspedal durchtritt, bis wir knapp vor dem Van sind und zurü ck auf die ursprü ngliche Spur schieß en. Der Van hupt und fä llt zurü ck, um genug Abstand zwischen sich und die verrü ckte junge Frau in dem Kä fer zu bringen. Ich lasse den Sitz los, an den ich mich geklammert habe.

       «Was hast du denn studiert? », fä hrt Chloe unbeeindruckt fort.

       «Film. »

       «Filme machen oder nur die Theorie? »

       «Filmtheorie. » Ich merke, wie defensiv ich klinge.

       Sie grinst. «Ach so, jetzt verstehe ich. Darum bist du nach Frankreich gegangen. Sag’s nicht – dein Held ist bestimmt Truffaut. Oder nein, Godard. »

       «Nein», sage ich verletzt. «Also …»

       «Ich wusste es! »

       Ich kann mir das Grinsen auch nicht verkneifen und bin froh, weil ich jemanden gefunden habe, mit dem ich diskutieren kann. «Du magst das franzö sische Kino nicht? »

       «Es ist nicht so, dass ich es nicht mag. Ich finde bloß, das ganze New-Wave-Ding wurde ü berbewertet. Das ist doch alles einfach ö de. Die Amerikaner dagegen kann ich mir jeden Tag angucken. Scorsese. Taxi Driver. » Sie dreht die Handflä che nach oben und hä lt sie mir hin, als wollte sie sagen: Da hast du’s. «Und er musste nicht in Schwarz-Weiß drehen, um seinen Standpunkt zu veranschaulichen. »

       «Was ist mit Wie ein wilder Stier? »

       «Das bezog sich auf die Fernsehü bertragungen der Boxkä mpfe in den fü nfziger und sechziger Jahren. Das Blut wirkte in den Kampfszenen durch die Schwarz-Weiß -Darstellung intensiver. Was hat Truffaut verglichen damit vorzuweisen? »

       «Ach, komm schon! »

       Die Diskussion nimmt ihren Lauf, und wir beide reden uns in Rage, bis sie an einer Raststä tte haltmacht, um zu tanken. Ich bin ü berrascht, als ich auf einem Straß enschild sehe, dass London nur noch zwanzig Meilen entfernt ist. Die Fahrt ist wie im Flug vergangen. Chloe winkt ab, als ich anbiete, mich an den Spritkosten zu beteiligen, aber sobald wir wieder unterwegs sind, scheint sie mit ihren Gedanken ganz woanders zu sein.

       «Und was ist mit dir? », frage ich nach einer Weile. Ich zeige auf die Mappe auf dem Rü cksitz. «Bist du Kü nstlerin? »

       «Das rede ich mir zumindest ein. » Sie lä chelt, doch es wirkt irgendwie traurig. «Ich verdiene meinen Lebensunterhalt als Kellnerin und versuche, Illustrationen an Werbeagenturen zu verkaufen. Ich bin gerade auf dem Rü ckweg von einer Prä sentation. Ein kleines Kä tzchen mit groß en Augen fü r einen Katzenfutterhersteller. »

       Ich weiß nicht, was ich sagen soll. «Glü ckwunsch. »

       «Sie haben sie nicht genommen. » Schulterzucken. «War sowieso Mist. »

       Danach schweigen wir beide. Kurze Zeit spä ter erreichen wir den Auß enbezirk von London. Sie trommelt frustriert auf das Lenkrad, weil der Verkehr so langsam fließ t. Als wir Earl’s Court erreichen, fä hrt sie bei der U-Bahn-Station links ran und lä sst den Motor laufen. Ich suche nach etwas, um den Moment noch lä nger hinauszuzö gern, aber sie wartet wohl nur, dass ich verschwinde.

       «Also dann … Danke fü rs Mitnehmen. »

       «Gern geschehen. »

       Ich hatte eigentlich vor, sie nach ihrer Telefonnummer zu fragen, aber sie scheint in Gedanken meilenweit weg zu sein. Also steige ich aus und versuche, meinen Rucksack vom Rü cksitz zu zerren.

       «Ich kenne ein paar Leute an einer privaten Sprachenschule», sagt sie plö tzlich. «Die brauchen noch Englischlehrer. Ich kö nnte ein gutes Wort fü r dich einlegen. »

       Das Angebot ü berrascht mich. «Ich habe aber gar keine Ausbildung als Lehrkraft. »

       Diesen Einwand tut sie mit einem Schulterzucken ab. «Du kannst bestimmt einen Kurs Englisch als Fremdsprache geben. Sprichst du Franzö sisch? »

       «Ja, aber …»

       «Da hast du’s. Sie haben viele franzö sische Schü ler. »

       Ich habe nie im Leben irgendwem etwas beigebracht. Habe es gar nicht als Mö glichkeit in Erwä gung gezogen. Andererseits habe ich auch keine anderen Plä ne.

       «Danke, das wä re toll. » Ich atme tief durch. «Wie wä r’s, also, … ich weiß nicht … Wollen wir mal was trinken gehen? »


[zur Inhaltsü bersicht]


 KAPITEL 3

       Ich bin wieder an dem Bach, wo ich das Auto abgestellt habe. Das Wasser ist klar und fließ t schnell, aber als ich meine Hä nde hineinhalte, kann ich es nicht spü ren. Es hat dieselbe Temperatur wie mein Kö rper. Ich versuche, das festgetrocknete Blut unter meinen Fingernä geln herauszukratzen, aber je mehr ich mich anstrenge, umso mehr Blut scheint dort zu kleben. Das Wasser ist schon ganz trü b davon und hat eine dunkelrote Farbe angenommen und fließ t jetzt so ü ber meine Handgelenke. Ich weiß, von irgendwo rinnt mein eigenes Blut in den Bach, aber das bringt mich nur dazu, noch heftiger zu schrubben. Als ich meine Arme aus dem Wasser hebe, sind sie rot und tropfen von den Ellenbogen abwä rts.

       Ich will sie gerade wieder ins Wasser halten, als ich den Krampf in meinem Fuß spü re.

       Ich wende den Kopf und schaue nach unten. Ich liege auf der Matratze, und Sonnenlicht flutet den Dachboden. Dieses Mal bin ich nicht verwirrt, habe nicht das Gefü hl eines Aussetzers. Ich weiß sofort, wo ich bin. Ich liege da und starre zur Decke und warte, bis die letzten Traumfetzen verblasst sind und mein Herzschlag sich wieder normalisiert hat.

       Der Traum ist zwar vorbei, aber mein Fuß schmerzt immer noch. Und jetzt marschieren noch andere Schmerzen durch meinen Kö rper, als wü rde zum Morgenappell gerufen. Dann kommt die Erinnerung wieder, und ich schaue zu meinem Rucksack.

       Deutlich ist der Stiefelabdruck darauf zu erkennen.

       Der Anblick lä sst die Gefü hle wieder hochkommen. Was sollte das alles ü berhaupt? Ich bin verwirrter als ohnehin schon, aber unter der Wut und der Scham ist auch eine gewisse Erleichterung.

       Wenigstens bin ich kein Gefangener.

       Das schwarze Schaukelpferd beobachtet mich mit einem bö sartigen Auge, als ich meine morgendlichen Schmerztabletten mit lauwarmem Wasser aus einer der Weinflaschen neben dem Bett runterspü le. Laut meiner Uhr ist es acht, aber Frü hstü ck ist noch nicht in Sicht. Ich habe wieder Hunger, was wohl ein gutes Zeichen ist. Bis auf ein paar Kratzer und eine Beule, wo ich mit dem Kopf aufgeschlagen bin, scheint nicht mal der Sturz von der Treppe ernsthaften Schaden angerichtet zu haben. Nur mein Stolz ist angeknackst.

       Ferne Gerä usche unterbrechen die morgendliche Stille: das Peitschen eines Schusses, dem rasch ein zweiter folgt. Offensichtlich ist Mathildes Vater drauß en unterwegs und versucht, seine Aggressionen an der lokalen Tierwelt auszulassen, ü berlege ich. Unwillkü rlich sehe ich ihn vor mir, das Jagdgewehr unter den Arm geklemmt. Ich starre zu der mit Spinnweben behangenen Decke hoch und versuche, die Ereignisse des gestrigen Tages irgendwie in einen sinnvollen Zusammenhang zu bringen. Ich muss auf jeden Fall schleunigst von hier verschwinden, so viel steht fest. Doch sobald ich weiter als ü ber die unmittelbare Zukunft nachdenke, ü berwä ltigt mich eine Welle der Verzweiflung. Ich hatte schon genug Probleme, bevor ich in die Falle getreten bin. Egal, was hier letztlich geschieht, ich sitze ganz schö n in der Tinte. Aber darü ber kann ich mir jetzt nicht lä nger den Kopf zerbrechen, sondern gehe lieber ein Problem nach dem anderen an. Der Schmerz wü tet in meinem verbundenen Fuß, als ich versuche, mein Gewicht darauf zu verlagern. In nä chster Zeit darf ich wohl nicht hoffen, ganz normal laufen zu kö nnen. Ich hieve mich hoch und hü pfe auf einem Bein zum Fenster. Die Scheibe ist dreckig und so dicht mit Spinnweben verhangen, dass es wie verrottender Baumwollstoff aussieht. Eine Spinnwebe, die von einem Dachsparren hä ngt, streift ü ber meine Augen. Ich wische sie beiseite und schaue nach drauß en. Unter mir erstreckt sich ein sonniges Feld, auf dem gerade Reihen Rebstö cke gepflanzt sind. Sie reichen bis zum Waldrand, hinter dem ein kleiner See liegt. Das muss der See sein, den ich entdeckt hatte, bevor ich in die Falle geriet. Aus der Entfernung wirkt die Oberflä che spiegelglatt und reflektiert hellblau den Himmel.

       Erneut hö re ich den undeutlichen Knall eines Gewehrschusses. Dieses Mal gefolgt vom aufgeregten Bellen eines Hunds. Ich kann niemanden sehen, aber allein der Gedanke an den Mann, dessen Bekanntschaft ich gestern Nacht gemacht habe, sorgt fü r ein unangenehmes Gefü hl in meiner Magengrube. Behutsam krame ich in meinem Rucksack und vermeide es dabei, das Foto anzurü hren. Schließ lich finde ich das Pä ckchen Camels, das ich aus dem Auto mitgenommen habe. Die Zigarette schmeckt eklig, aber ich brauche irgendwas, um meine Nerven zu beruhigen. Eine ganze Weile sitze ich auf dem Bett und rauche, die Beine lang ausgestreckt und mit dem Rü cken zur Wand. Das Pä ckchen ist inzwischen halb leer; ich werde die letzten wohl besser einteilen mü ssen.

       Ich weiß schließ lich nicht, wie lange die reichen mü ssen.

       Nachdem ich die aufgeraucht habe, krame ich eine Boxershorts hervor. Nur eine kleine psychologische Stü tze, falls Papa mal wieder zu Besuch kommt. Ich habe sie mir gerade angezogen, als ich jemanden auf der Treppe hö re. Bevor ich merke, dass die Schritte nicht schwer genug sind, um seine zu sein, habe ich mich schon vollstä ndig verkrampft.

       Die Falltü r ö ffnet sich, und Mathilde taucht auf. Ich schaue nervö s an ihr vorbei, aber als ich sehe, dass sie allein ist, entspanne ich mich. Ihr Gesicht ist undurchdringlich, als sie zum Bett kommt.

       «Guten Morgen. »

       Sie trä gt ein Tablett, auf dem mein Frü hstü ck und eine Schü ssel mit Wasser stehen. Auß erdem hat sie Verbandsmaterial und eine alte Blechkiste mit Erste-Hilfe-Utensilien dabei. Ü ber ihrem Arm hä ngt ein zusammengefaltetes Handtuch.

       «Ich habe frischen Verband fü r deinen Fuß », sagt sie. «Er muss gewechselt werden. »

       Sie stellt das Tablett auf die Matratze und hockt sich daneben auf die Kante. Dann schiebt sie sich eine Strä hne hinters Ohr und widmet sich meinem Fuß.

       «Wie geht es? », fragt sie und wickelt den alten Verband ab.

       «Es wird nicht besser, wenn man eine Treppe runtergestoß en wird. »

       Ich wollte nicht so feindselig klingen, aber es geht gerade nicht anders. Meine Nerven sind regelrecht zerfetzt. Schweigend entfernt Mathilde den schmutzigen Verband. Darunter ist mein Fuß mit durchnä sster Gaze bedeckt, die mit dem getrockneten Blut an meiner Haut klebt. Ein Streifen davon bleibt hä ngen, als sie versucht, den Verband zu lö sen. Ich ziehe scharf die Luft ein.

       «Entschuldige. »

       Sie nimmt einen Wattebausch aus der Dose, taucht ihn in das Wasser und beginnt, den Verbandsmull zu durchfeuchten. Einer nach dem anderen lö st sich, und sie ist jetzt vorsichtiger. Wä hrend sie arbeitet, versperrt ihre Schulter mir die Sicht.

       «Ich habe vorhin Schü sse gehö rt», sage ich.

       «Mein Vater. Er ist auf die Jagd gegangen. »

       «Dann nehme ich an, er war das gestern Abend? »

       «Ja. » Sie schiebt eine Haarsträ hne hinter ihr Ohr. Sie macht es immer auf derselben Seite, bemerke ich. Auf der linken. «Es tut mir leid. Mein Vater ist in solchen Dingen eigen. Er mag keine Fremden. »

       «Das ist mir auch schon aufgefallen. » Allerdings kann ich ihr das kaum zum Vorwurf machen. Sie ist nicht fü r ihren Vater verantwortlich, und offensichtlich hat sie selbst genug Probleme, weil sie mir geholfen hat. «Warum hast du mich nicht in ein Krankenhaus gebracht? Weil du wusstest, dass er wegen der Fangeisen Probleme kriegen wü rde? »

       Sie schaut zu mir auf. Ihre grauen Augen wirken ernst. «Ich dachte, es sei das Beste, wenn ich dich selbst behandle. Aber wenn es schlimmer geworden wä re, hä tte ich schon dafü r gesorgt, dass du die beste medizinische Versorgung bekommst. »

       Es ist schon komisch, aber ich glaube ihr. Sie blickt mich noch einen Moment lang an, dann fä hrt sie fort, den Verbandsmull zu entfernen.

       «Es steht mir also frei zu gehen, wann immer ich will? »

       «Natü rlich. »

       «Und wieso war die Falltü r dann verriegelt? »

       «Du warst im Delirium. Ich wollte nicht, dass du die Stufen runterfä llst und dich verletzt. »

       Die Ironie, die in dieser Vorsichtsmaß nahme steckt, lä sst mich fast lachen. «Oder wolltest du nicht riskieren, von deinem Vater erwischt zu werden? »

       Ihr Schweigen bestä tigt meinen Verdacht. Ich weiß nicht, wie lange sie meine Gegenwart geheim halten zu kö nnen hoffte. Aber nachdem ich diesen Mann kennengelernt habe, verstehe ich, warum sie verhindern wollte, dass er von mir erfä hrt. Ich bin nur froh, von seinen Tö chtern im Wald gefunden worden zu sein, nicht von ihm selbst.

       «Wie hast du mich hier oben hinschaffen kö nnen, ohne dass er davon erfä hrt? », frage ich.

       «Mein Vater hat einen schlimmen Rü cken und verschlä ft meist die Nachmittage. Wir haben dich mit einer Decke vom Wald hierhergetragen. Und wir haben oft Pausen gemacht. » Mathilde bearbeitet behutsam das letzte Stü ck Mull, das sich nicht lö sen will. «Ich weiß, wie spartanisch die Scheune ist. Aber hier ist es trocken und bequem. Du kannst bleiben, solange du willst. Zumindest so lange, bis du wieder zu Krä ften gekommen bist. »

       «Machst du dir nicht Sorgen, ich kö nnte der Polizei erzä hlen, was mir passiert ist? »

       «Das ist ganz allein deine Entscheidung. »

       Erneut stelle ich fest, dass ich ihr glauben will. Bis ich mich an das in Folie gewickelte Pä ckchen in meinem Rucksack erinnere. Vielleicht hat sie ja guten Grund zu glauben, dass ich nicht zur Polizei gehe, ü berlege ich und komme ins Schwitzen. Aber dann entfernt Mathilde den letzten Verbandsmull. Als ich sehe, was darunter zum Vorschein kommt, vergesse ich alles andere.

       «Ach du Scheiß e! »

       Mein ganzer Fuß ist geschwollen und verfä rbt. Die Zehennä gel heben sich wie winzige Perlmuttknö pfe von der violett verfä rbten Haut ab, und dazu passende, gewö lbte Wunden gehen vom Knö chel bis hinunter zum Spann. Sie sind geschwollen und entzü ndet. Hä ssliche, kleine Mü nder, die mit getrocknetem Blut und gelbem Eiter verklebt sind. Die schwarzen Borsten des Nahtmaterials stehen wie die Beine toter Spinnen daraus hervor.

       «Ist das in Ordnung? », frage ich besorgt.

       Mathildes Gesicht ist ausdruckslos, wä hrend sie ein Stü ck Watte befeuchtet und beginnt, die Lö cher zu reinigen. «Es verheilt. »

       «Es verheilt? » Ich starre auf meinen Fuß. Das Pochen scheint heftiger zu sein, nachdem ich gesehen habe, wie schlimm es ist. «Glaubst du nicht, das sollte sich ein Arzt ansehen? »

       Sie betupft die Wunden in aller Ruhe. «Ich habe dir schon gesagt, dass es zu einer Infektion gekommen ist. Dagegen bekommst du ein Antibiotikum. Aber wenn dir ein Arzt lieber ist …»

       Der Anblick dieses deformierten Dings am Ende meines Beins lä sst mich fast in Versuchung geraten. Aber ein Arzt wü rde Fragen stellen, sowohl mir als auch Mathilde. Und etwas ist an Mathildes Art, das mir Vertrauen einflö ß t.

       «Solange du denkst, das ist in Ordnung …»

       Sie nickt. Dann wechselt sie den Wattebausch und reinigt weiter vorsichtig die Wunden. Ihre Hä nde sind rau, die Fingernä gel kurz geschnitten und kantig. Sie trä gt keine Ringe. Nachdem der letzte Einschnitt gesä ubert ist, legt sie die Watte zurü ck und holt eine Tube Wundsalbe aus der Blechkiste. «Das wird jetzt weh tun. »

       Und das tut es. Als sie mit meinem Fuß fertig ist, sieht er gar nicht mehr so schlimm aus. Schon eher wie ein Kö rperglied und nicht mehr wie ein Haufen Hackfleisch. Mathilde legt frischen Mull auf und umwickelt den Fuß mit der frischen Mullbinde. Ihre Bewegungen sind geschickt und ö konomisch. Die Spitze eines weiß en Ohrs lugt zwischen ihren dunklen Haaren hervor. Die Schatten unter ihren Augen wirken ausgeprä gter als beim letzten Mal. Sie hat etwas Verletzliches und zugleich Unverbrü chliches. Eine Selbstbeherrschung, die nur schwer zu erschü ttern ist. Zumal sie sich fü r die Geschehnisse des gestrigen Abends nicht wirklich entschuldigt hat, habe ich irgendwie das Gefü hl, derjenige zu sein, der sich unangemessen verhalten hat.

       Ich rä uspere mich, nachdem sie fertig ist. «Danke. »

       Mathilde beginnt, die Sachen zurü ck in die Blechkiste zu rä umen. «Ich bringe dir spä ter heiß es Wasser, damit du dich waschen kannst. Mö chtest du gerne etwas lesen? Ich kann dir ein paar Bü cher mitbringen, wenn du magst. »

       Ich bin zu unruhig, um zu lesen. «Nein danke. Wie lange dauert es noch, bis ich hier rausdarf? »

       «Das kommt ganz darauf an, wie schnell du dich wieder in der Lage fü hlst zu laufen. » Mathilde schaut sich um und zeigt dann auf den Sperrmü ll, der an den Wä nden aufgereiht steht. «Irgendwo sollte hier noch ein Paar Krü cken stehen. Ich kann spä ter versuchen, sie fü r dich zu finden. »

       «Wem gehö rten die? », frage ich. Plö tzlich habe ich Sorge, nicht der Erste zu sein, der hier oben versorgt wurde.

       «Meiner Mutter. »

       Sie nimmt das Tablett und geht zur Falltü r. Ich schaue zu, wie sie durch die Luke verschwindet, und erwarte eigentlich von ihr, dass sie die Falltü r hinter sich schließ t. Aber dieses Mal lä sst sie sie offen.

           

       Das Frü hstü ck ist heute etwas reichhaltiger. Es gibt weichgekochte Eier, dazu Butter und schwarzen Pfeffer. Ein Stü ck Brot, ein Glas Milch. Ich bin ausgehungert, aber ich esse bedä chtig und will diese Mahlzeit auskosten. Als ich fertig bin, schaue ich auf die Uhr. Seit ich das letzte Mal geschaut habe, ist kaum Zeit vergangen. Der Dachboden heizt sich schon wieder auf und riecht harzig nach warmem Holz und Staub. Ich schwitze auch schon wieder. Die Stoppeln an meinem Kinn, die inzwischen mehrere Tage alt sind, haben begonnen zu kratzen, und ich bin mir bewusst, dass ich rieche – leicht ranzig nach Krankheit und Hitze. Ich fahre mit der Zunge ü ber meine Zä hne und bin mir auch bewusst, wie ü bel mein Mund schmeckt. Ich brauchte gestern Abend gar keine Weinflasche als Waffe; mein Atem hä tte Papa einfacher auß er Gefecht setzen kö nnen.

       Ich nehme meine Zahnbü rste und die Zahnpasta aus meinem Rucksack und schrubbe meine Zä hne, bis das Zahnfleisch weh tut. Nachdem das erledigt ist, lege ich mich wieder aufs Bett. Aber ich bin zu ü berreizt, um Schlaf zu finden. Und weil es sonst nichts gibt, das meinen Verstand beansprucht, beginnen meine Gedanken umherzustreifen. Schließ lich stü tze ich mich mit einer Hand an der Wand ab und hü pfe zu dem Durcheinander aus alten Mö beln hinü ber, um die Krü cken zu suchen. Mathilde sagte, sie kö nne sie fü r mich suchen, aber ich sehe keinen Grund, darauf zu warten. Die Sachen hier oben sind entweder beschä digt oder unvollstä ndig, und alles ist mit einer grauen Staubschicht ü berzogen. Es gibt dreibeinige Stü hle und schimmelige Koffer, Kommoden mit fehlenden Schubladen, die Lö cher sehen wie Zahnlü cken aus. Hinter einen Sekretä r ohne Aufsatz wurde ein Dutzend alter verschnö rkelter Bilderrahmen gestopft, die weder eine Leinwand noch Glas haben. Ohne darü ber nachzudenken, beginne ich, die Bilderrahmen genauer anzuschauen. Erst dann fä llt mir ein, dass ja niemand mehr da ist, der dafü r Verwendung haben kö nnte. Diese Erkenntnis lä sst die Schuldgefü hle dumpf aufbranden.

       Ich schiebe die Bilderrahmen zurü ck und mache mich wieder auf die Suche nach den Krü cken.

       Unter einem Gewirr kaputter Stü hle begraben finde ich eine. Doch vom Zwilling keine Spur. Eine ist aber besser als keine. Die Krü cke ist aus verschrammtem und verbeultem Aluminium. Nachdem ich sie von den Spinnweben befreit und die Grö ß e angepasst habe, ü be ich, auf dem Dachboden auf und ab zu stampfen. Die Anstrengung ermü det mich schon bald, aber es fü hlt sich gut an, endlich wieder mobil zu sein.

       Verschwitzt und auß er Atem bringe ich meine Beute zurü ck zur Matratze. Aber sobald ich wieder liege, kreisen meine Gedanken erneut. Ich brauche Ablenkung. Der Groß teil meiner Musiksammlung war auf meinem Handy, aber ich habe im Rucksack noch meinen alten MP3-Player mit einer feinen Auswahl ä lterer Musiktitel, die Batterien sind zum Glü ck noch nicht leer. Ich schiebe die Ohrhö rer in die Ohren, drü cke auf Shuffle und schließ e die Augen, wä hrend die Musik meinen Kopf umhü llt.

       Ich weiß nicht, ob es eine Ä nderung der Luft ist, die meine nackte Haut berü hrt, oder eine Bewegung im Gegenlicht vor dem Fenster. Ich merke jedenfalls, dass auß er mir noch jemand im Raum ist. Im selben Moment stö ß t jemand gegen die Matratze, und ich fahre hoch. Jemand steht direkt ü ber mir.

       «Himmel! »

       Gretchen zuckt zusammen und lä sst fast den Eimer fallen, den sie trä gt. Sie stellt ihn hastig ab, und ich schalte die Musik aus und nehme die Ohrhö rer heraus. Die plö tzliche Stille ist so grell wie die Lichter, die im Kino in der Filmpause angehen.

       «Entschuldigen Sie. Ich dachte, Sie schlafen», murmelt sie und weicht meinem Blick aus.

       «Wie lange stehst du schon da? », frage ich. Sie sieht mich ausdruckslos an, und jetzt merke ich erst, dass ich sie auf Englisch angesprochen habe. Ich wiederhole die Frage auf Franzö sisch.

       «Nicht so lange. » Sie spricht sehr leise, weshalb ich nicht weiß, ob sie das wirklich gesagt hat. «Mathilde schickt Wasser, damit Sie sich waschen kö nnen. »

       Gretchen hä lt den Kopf weiter gesenkt, als wä re es ihr peinlich, mich anzusehen. Sie ist vom Schleppen des Eimers erhitzt und verschwitzt genug, dass ihr Baumwollkleid an ihr klebt. Ihr Blick wandert zu den Ohrhö rern, die um meinen Hals baumeln.

       «Was hö ren Sie da? »

       Es handelt sich um eine englische Band, die in Europa sehr bekannt ist, aber als ich ihr den Namen nenne, hat sie noch nie davon gehö rt. Ich halte ihr die Ohrhö rer hin. «Hier. Schau mal, ob dir das gefä llt. »

       Ihre Miene hellt sich auf, doch dann schü ttelt sie den Kopf. «Das mach ich lieber nicht. Ich soll gar nicht mit Ihnen reden. »

       «Hat das dein Vater gesagt? » Ihr Gesichtsausdruck reicht mir als Antwort. «Aber du redest gerade mit mir. »

       «Das ist was anderes. Mathilde hat mit Michel zu tun. Und Papa ist mit Georges unterwegs. »

       Was so viel heiß t wie, er weiß nicht, dass sie hier ist. Ich lasse die Ohrhö rer sinken. Ich will nicht noch mehr Schwierigkeiten machen, weder ihr noch mir. «Wer ist Georges? Mathildes Mann? »

       Gretchen hatte ihn schon mal erwä hnt, aber meine Vermutung bringt sie zum Lachen. «Nein, Georges ist uralt! Er hilft Papa. » Immer noch lä chelnd, geht ihr Blick wieder zu den Ohrhö rern. «Vielleicht, wenn ich nur ganz kurz hö re …»

       Sie hockt sich auf den Rand der Matratze und steckt sich die Stö psel in die Ohren. Als ich die Musik anstelle, reiß t sie die Augen auf.

       «Das ist laut! »

       Ich drehe die Lautstä rke runter, aber sie schü ttelt den Kopf.

       «Nein, ist schon in Ordnung! Ich mag das! »

       Ich verziehe das Gesicht und lege mahnend einen Finger auf die Lippen.

       «Tschul…! Tschuldigung. »

       Sie lauscht mit einer kindlichen Begeisterung und nickt mit dem Kopf zu den Beats. Ihr Gesicht ist bis auf den kleinen Hö cker auf der Nase makellos, aber ohne ihn wä re ihre Schö nheit nichtssagend. Ich lasse die Musik laufen und spiele ihr auch den nä chsten Track vor. Als der zu Ende ist, kann sie ihre Enttä uschung kaum verhehlen. Sie ist wieder verlegen, als sie die Ohrhö rer herausnimmt.

       «Danke schö n. »

       «Du kannst dir das Album ü berspielen, wenn du magst. »

       Sie schaut in ihren Schoß. «Das kann ich nicht. Wir haben keinen Computer. Wir haben nicht mal mehr einen CD-Spieler, seit der alte kaputtgegangen ist. »

       Es ist, als wü rden sie in einer anderen Epoche leben. Fü r sie scheint das kaum die richtige Art Leben zu sein. Oder fü r ihre Schwester. Trotzdem ist ein Teil von mir gar nicht so unglü cklich ü ber diesen Bauernhof, der von der Auß enwelt abgeschnitten ist. «Und was macht ihr in eurer Freizeit? »

       Sie hebt ratlos eine Schulter. «Fernsehen haben wir. Oder ich gehe mit Michel spazieren. »

       «Wie alt bist du? »

       «Achtzehn. »

       Ich bin ü berrascht. Nicht weil sie nicht wie achtzehn aussieht, sondern weil etwas Unreifes an ihr ist, das vermuten lä sst, sie wä re um einiges jü nger. «Was ist mit Freunden? »

       «Es gibt hier ein paar Jungs …» Ein Lä cheln umspielt ihren Mund, und sie wickelt die Kabel von den Ohrhö rern um einen Finger. Doch dann weicht das Lä cheln einem Schmollen. «Aber Papa mag es nicht, wenn ich jemanden aus der Stadt treffe. Er sagt, das sind alles Idioten, und ich soll meine Zeit nicht mit ihnen verschwenden. »

       Irgendwie ü berrascht mich das nicht. «Langweilst du dich nicht? »

       «Manchmal schon. Aber der Hof gehö rt Papa. Wer hier lebt, muss sich seinen Regeln unterordnen. Zumindest die meiste Zeit. »

       Das sagt sie mit einem gerissenen Seitenblick in meine Richtung. Ich weiß, jetzt soll ich eigentlich fragen, was sie damit meint, aber den Gefallen tue ich ihr nicht. «War er deshalb gestern Abend so wü tend? Weil ihr seine Regeln gebrochen habt? »

       Die hü bschen Gesichtszü ge verziehen sich. «Das war Mathildes Schuld. Sie hä tte ihm eher von Ihnen erzä hlen sollen. Sie hat kein Recht, es geheim zu halten. »

       «Also hast du beschlossen, es ihm zu erzä hlen? »

       «Warum auch nicht? » Sie reckt trotzig das Kinn und sieht fü r einen Moment ihrem Vater beunruhigend ä hnlich. «Mathilde kommandiert mich stä ndig herum und sagt mir, was ich tun darf und was nicht. Aber nachdem Sie wieder bei Bewusstsein waren, war es Papa gegenü ber nur fair, wenn er Bescheid weiß. Der Hof gehö rt ihm und nicht ihr. »

       Dagegen kann ich kaum etwas einwenden. Ich habe schon genug Probleme und muss mich nicht auch noch in einen familiä ren Zwist hineinziehen zu lassen. Und plö tzlich bemerke ich, dass Gretchen sehr viel nä her neben mir sitzt als noch vor wenigen Minuten. So nah, dass ich die Hitze spü re, die von ihren nackten Armen abstrahlt.

       «Du gehst lieber zurü ck, bevor dich jemand vermisst. » Ich nehme ihr die Ohrhö rer ab und lege sie beiseite und versuche gleichzeitig, etwas mehr Raum zwischen uns zu bringen. Sie wirkt ü berrascht, steht aber gehorsam auf.

       «Darf ich irgendwann noch mal Musik hö ren? »

       «Was ist mit deinem Vater? »

       Sie zuckt mit den Schultern. «Er erfä hrt’s ja nicht. »

       Das zu dem Thema, Papas Regeln gehorchen. Aber ich bekomme allmä hlich den Eindruck, Gretchen befolgt ohnehin nur die Regeln, die sie befolgen will. Als sie aufsteht und zur Falltü r geht, wiegt sie ein wenig die Hü ften. Ich schaue weg und tue so, als wä re ich mit den Ohrhö rern beschä ftigt. Nachdem sich ihre Schritte auf den Stufen entfernt haben, lege ich den MP3-Player mit einem Seufzen beiseite. Es tut mir wirklich leid um Gretchen, aber ich will sie auf keinen Fall ermutigen. Das Letzte, was ich jetzt brauchen kann, ist ein gelangweilter Teenager, der Unruhe stiftet. Besonders dann nicht, wenn dieser Teenager einen irren Vater hat. Ich will nur schleunigst von hier verschwinden.

       Und was dann?

       Der Dachboden wirkt heiß er und stickiger als noch vorhin. Ich zü nde mir eine Zigarette an, lehne mich gegen die Steinwand und blase den Rauch zur Decke. Wä hrend ich dem blauen Nebel zusehe, der sich langsam auflö st, denke ich ü ber das nach, was Mathilde und Gretchen mir mitgeteilt haben. Bei all dem, was ü ber den Bauernhof gesagt wird, gibt es eine Person, ü ber die niemand ein Wort verliert.

       Der Vater von Mathildes Baby.


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