|
|||
Kafkas Testamente ⇐ ПредыдущаяСтр 2 из 2 I
Liebster Max, meine letzte Bitte: alles was sich in meinem Nachlaß (also im Bü cherkasten, Wä scheschrank, Schreibtisch zuhause und im Bureau, oder wohin sonst irgendetwas vertragen worden sein sollte und Dir auffä llt) an Tagebü chern, Manuscripten, Briefen, fremden und eigenen, Gezeichnetem u. s. w. findet restlos und ungelesen zu verbrennen, ebenso alles Geschriebene oder Gezeichnete, das Du oder andere, die Du in meinem Namen darum bitten sollst, haben. Briefe, die man Dir nicht ü bergeben will, soll man wenigstens selbst zu verbrennen sich verpflichten. Dein FranzKafka (wahrscheinlichHerbst/Winter 1921)
II
Lieber Max, vielleicht stehe ich diesmal doch nicht mehr auf, das Kommen der Lungenentzü ndung ist nach dem Monat Lungenfieber genug wahrscheinlich und nicht einmal daß ich es niederschreibe wird sie abwehren, trotzdem es eine gewisse Macht hat. Fü r diesen Fall also mein letzter Wille hinsichtlich alles von mir Geschriebenem: Von allem was ich geschrieben habe gelten nur die Bü cher: Urteil, Heizer, Verwandlung, Strafkolonie, Landarzt und die Erzä hlung: Hungerkü nstler. (Die paar Exemplare der » Betrachtung« mö gen bleiben, ich will niemandem die Mü he des Einstampfens machen, aber neu gedruckt darf nichts daraus werden). Wenn ich sage, daß jene 5 Bü cher und die Erzä hlung gelten, so meine ich damit nicht, daß ich den Wunsch habe, sie mö gen neu gedruckt und kü nftigen Zeiten ü berliefert werden, im Gegenteil, sollten sie ganz verloren gehn, entspricht dieses meinem eigentlichen Wunsch. Nur hindere ich, da sie schon einmal da sind, niemanden daran, sie zu erhalten, wenn er dazu Lust hat. Dagegen ist alles, was sonst an Geschriebenem von mir vorliegt (in Zeitschriften Gedrucktes, im Manuskript oder in Briefen) ausnahmslos soweit es erreichbar oder durch Bitten von den Adressaten zu erhalten ist (die meisten Adressaten kennst Du ja, in der Hauptsache handelt es sich um Frau Felice M, Frau Julie geb. Wohryzek und Frau Milena Pollak, vergiß besonders nicht paar Hefte, die Frau Pollak hat) – alles dieses ist ausnahmslos am liebsten ungelesen (doch wehre ich Dir nicht hineinzuschauen, am liebsten wä re es mir allerdings wenn Du es nicht tust, jedenfalls aber darf niemand anderer hineinschauen) – alles dieses ist ausnahmslos zu verbrennen und dies mö glichst bald zu tun bitte ich Dich Franz (29. November 1922)
|
|||
|