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Günter Kunert. Mann über Bord



Gü nter Kunert

Mann ü ber Bord

Der Wind wehte nicht so stark. Bei einem Schlingern des Schiffes

verlor der Matrose, angetrunken und leichtfertig tä nzeld, das Gleichgewicht

und stü rzte von Deck. Der Mann am Ruder sah den Sturz und gab

sofort Alarm. Der Kapitä n befahl, ein Boot auf das mä ß ig bewegte

Wasser herabzulassen, den langsam forttreiben -den Matrosen zu retten.

Die Mannschaft legte sich krä ftig in die Riemen, und schon nach

wenigen Schlä gen erreichten sie den um Hilfe Rufenden. Sie warfen

ihm einen Rettungsring zu, an den er sich klammmerte. Im nä her

schaukelnden Boot richtete sich im Bug einer auf, um den im Wasser

Treibenden herauszufischen, doch verlor der Retter selbst den Halt und

fiel in die Fluten, wä hrend eine ungeahnte hohe Woge das Boot seitlich

unterlief und umwarf. Der Kapitä n gab Anweisung, auf die Schwimmenden

und Schreienden mit dem Dampfer zuzufahren. Doch kaum

hatte man damit begonnen, erschü tterte ein Stoß das Schiff, das sich

schon zur Seite legte, sterbensmü de, den stä hlernden Kö rper aufgerissen

von einem zackigen Korallenriff, das sich knapp unter der Oberflä che

verbarg. Der Kapitä n versackte wie ü blich mit dem tö dlich verwundeten

Schiff. Er blieb nicht das einzige Opfer: Haie nä herten sich und verschlangen,

wen sie erwischten. Wenige der Seeleute gelangten in die

Rettungsboote, um ein paar Tage spä ter auf der unü bersehbaren Menge

salziger Flü s -sigkeit zu verdursten. Der Matrose aber, der vom Dampfer

gestü rzt war, geriet unversehrt in eine Drift, die ihn zu einer Insel

trug, auf deren Strand sie den Erschö pften warf; dort wurde er gefunden,

gepflegt, gefeiert als der einzig Ü berlebende der Katastrophe, die

er als die Folge einer Kesselexplosion schilderte, welche ihn weit in die

Lü fte geschleudert habe, so daß er aus der Hö he zusehen konnte, wie

die Trü mmer mit Mann und Maus versanken. Von dieser Geschichte konnte der einzig Ü berlebende auf jener Insel trefflich leben; Mitleid

und das Hochgefü hl, einen seines Schicksals zu kennen, ernä hrten ihn.

Nur schien den Leuten, daß sein Verstand gelitten haben muß te: Wenn

ein Fremder auftauchte, verschwand der Schiffbrü chige, erblassend und

zitternd und erfü llt von einer Furcht, die keiner deuten konnte: ein stetes

Geheimnis und daher ein steter Gesprä chsstoff fü r die langen Stunden

der Siesta.



  

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